Wetter
Das Winter-Comeback im Allgäu ist bald schon wieder Geschichte
Nachdem es kurzzeitig in den Bergen schneite, soll es erneut milder werden. 2023 startet rekordverdächtig warm. Das sagen Touristiker und Naturschutzschützer.
Alles andere als winterlich waren die vergangenen Weihnachtsferien und der Start ins neue Jahr. Vertreter der Tourismusbranche im Allgäu ziehen eine Zwischenbilanz. Und viele Menschen fragen sich: Wie geht es mit dem Winter weiter? Kommt er doch noch irgendwann? Meteorologe Joachim Schug sagt: Eine längere Kältephase ist nicht in Sicht. Hier ein Faktencheck zum Thema.
Neues Jahr hat ungewöhnlich warm begonnen
- Rückblick: „Das neue Jahr hat außergewöhnlich warm begonnen“, sagt Meteomedia-Chefmeteorologe Joachim Schug. Es sei sieben bis acht Grad wärmer als im langjährigen Durchschnitt gewesen. Das war noch deutlich mehr als im Januar 2007, aus dem der bisherige Rekord datiert.
- Aussichten: Der wenige, bis in die Täler gefallene Schnee taut bald wieder ab. „Bis zum Wochenende geht es unbeständig, windig und nass weiter“, sagt Schug. Die Schneefallgrenze fährt Achterbahn und liegt nach seiner Vorhersage zwischen 1600 Metern am Mittwochmittag und zeitweilig etwa 800 Metern an den Folgetagen. In den Hochlagen sei mit deutlichem Neuschnee-Zuwachs zu rechnen, teils mit mehr als einem halben Meter. Die Lawinengefahr steigt voraussichtlich an. „In tieferen Lagen bleibt es weiterhin grün“, sagt Schug. Anfang nächster Woche könne es mit Abkühlung „sehr wahrscheinlich“ mal Schnee bis ins Flachland geben.
- Weihnachtssaison-Bilanz:„Die Situation ist nicht dramatisch“, versichert Bernhard Joachim im Gespräch mit unserer Redaktion. Er ist Chef der für die touristische Entwicklung in der Region zuständigen Allgäu GmbH. Von Stornierungen in der Tourismusbranche wegen Schneemangels sei nichts bekannt. Hochpreisige Hotels und Übernachtungsbetriebe seien mit der Buchungslage und dem Verlauf der Ferien„sehr zufrieden“ gewesen, berichtet Allgäu GmbH-Sprecherin Simone Zehnpfennig. Bei einigen Privatvermietern sei es „nicht so gut gelaufen“. Joachim plädiert aber dafür, „schneeunabhängige Freizeitangebote weiter auszubauen“. Die vergangenen Tage hätten gezeigt, dass Gäste bei schönem Wetter auch gerne wandern und die Gastronomie am Berg nutzen. Außerdem seien die Pisten in höheren Lagen ja befahrbar gewesen, teilweise sogar sehr gut.
- Skigebiete:Skifahren und Snowboarden war nur in Skigebieten möglich, die über Beschneiungsanlagen verfügen und die Kälteperiode in der ersten Dezemberhälfte zum Beschneien genutzt hatten. „Immerhin konnten wir bis Mitte vergangener Woche schon ganz gut was reinfahren“, schildert beispielsweise Rupert Schön von den Schwärzenliften in Eschach bei Kempten. Anfänger- und Kinderskikurse fanden statt. Seit Donnerstag vergangener Woche haben die meisten weniger hoch gelegenen Gebiete wegen des Schneemangels eine Zwangspause eingelegt. Anders sieht es in den Hochlagen aus: „Wir sind wirklich zufrieden“, sagt Jörn Homburg von den Bergbahnen OberstdorfKleinwalsertal (OK). Sogar die meisten Talabfahrten waren und sind möglich. Wenn es wieder kalt genug ist, werde erneut mit dem maschinellen Beschneien begonnen, sagen die Liftbetreiber. Schließlich dauere die Ski-Saison noch lange. Genügend Wasser in den Speicherteichen sei vorhanden. Erst gegen Ende Februar sei wegen der fortgeschrittenen Jahreszeit ein Beschneien nicht mehr sinnvoll, selbst wenn die Temperaturen tief genug sind.
Bund Naturschutz fordert Verbot von Beschneiung
- Die Kritiker: Der Bund Naturschutz (BN), der auch wegen der Energiekrise für diese Saison ein generelles Verbot der Beschneiung gefordert hatte, sieht sich in seiner Kritik bestätigt: „Die weißen Kunstschneebänder in der grünen Landschaft sind absurd“, sagt BN-Regionalreferent Thomas Frey. In tiefen und mittleren Lagen habe es einen Großteil des künstlich erzeugten Schnees wieder weggeregnet. „Das ist Energieverschwendung“, schüttelt Frey den Kopf. Mit anderen Naturschutzverbänden fordert der BN, Beschneiungsanlagen nicht mehr im Zuge der Seilbahnförderung im Freistaat zu bezuschussen. Eine finanzielle Hilfe solle es nur noch dann geben, wenn beispielsweise mit der Modernisierung einer Bergbahn keine Kapazitätserweiterung verbunden und ein guter Anschluss an den Nahverkehr gegeben ist.
- Droht dem Winter der Totalausfall? Für Winterfreunde klingt es schlecht, für die Bewältigung der Energiekrise gut: „Hoffnung auf eine längere Kälteperiode kann ich nicht machen“, sagt Meteorologe Schug. Laut Langfrist-Berechnungen werde der gesamte Januar und auch der Februar deutlich milder als im langjährigen klimatologischen Mittel ausfallen. Gleichwohl wird ab den mittleren Berglagen des Allgäus in den nächsten Tagen reichlich Schnee fallen.
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