Einfach für einen Abend gleich in mehreren Restaurants einen Tisch reservieren, um dann spontan zu entscheiden, worauf man Lust hat – ohne den anderen Lokalen abzusagen? Das kommt immer öfter vor. "Es scheint in der Tat für eine Gruppe von Gästen üblich zu werden, eine Tischreservierung als unverbindlich zu betrachten", klagt Frank-Ulrich John vom Gaststättenverband Dehoga. Jedenfalls nehme die Anzahl geplatzter Reservierungen zu, die Klagen der Gastronomie darüber würden lauter, berichtet John.
In Würzburg schlug kürzlich der emotionale Hinweis einer Tapas-Bar in den sozialen Medien große Wellen: Die "zunehmende Unverbindlichkeit in der Gesellschaft" werde für die Gastronomie "zum ernsten Problem", schrieben die Betreiber. Am Schluss des Beitrags stand der inständige Appell: "Bitte nehmt eure Tischreservierungen ernst!"
No-Show-Gebühren in mehreren Hundert Restaurants
Viele Gäste handelten gar nicht böswillig, glaubt Dehoga-Mann John: Ihnen sei schlicht nicht bewusst, welche finanziellen Folgen regelmäßig platzende Reservierungen für die Restaurants haben. Denn in vielen Lokalen geht die Rechnung nur auf, wenn die Tische besetzt sind.
Manche führen deshalb eine Gebühr fürs Nicht-Auftauchen ein, die sogenannte No-Show-Gebühr. Beim Gaststättenverband hat man dafür Verständnis. Allerdings gebe es diese No-Show-Gebühren erst in ein paar Hundert der rund 33.000 bayerischen Gastronomie-betrieben, erklärt John. Vor allem in der Spitzengastronomie aber sei eine Zunahme der Ausfallgebühren festzustellen. Denn dort sei der finanzielle Schaden besonders groß und die Wahrscheinlichkeit eines spontanen Besuchs anderer Gäste gering.
Das bestätigt Holger Baier, Sommelier im Ulmer Sternerestaurant Bibraud. Gerade bei Mehr-Gänge-Menüs sind geplatzte Reservierungen fatal: "Wenn die Leute ein Menü vorbestellt haben, ist es irgendwann nicht mehr wirtschaftlich", erklärt er. Schließlich seien es einige Teller und hochwertige Lebensmittel, die in der gehobenen Gastronomie auf den Tisch kommen. Wenn ein Café einen reservierten Tisch mit Laufkundschaft gleich wieder belegen könne, sei das eine andere Sache. Seit zwei Jahren gibt es die No-Show-Gebühr von 80 Euro pro Person in dem Ulmer Restaurant, doch tatsächlich erhoben wurde sie laut Baier nur zweimal. "Wir haben zum Glück zuverlässige Gäste", sagt er. Und Kulanz spiele auch immer eine Rolle, zum Beispiel: "Wenn jemand krank wird, wird er krank."
Auch der Italiener Aposto setzt auf Gebühren für geplatzte Reservierung
In Augsburg setzt unter anderem das mit einem Michelin-Stern ausgezeichnete Restaurant Sartory auf die Stornogebühr. Wer dort einen Tisch reserviert, bekommt den schriftlichen Hinweis: "Eine kostenfreie Stornierung der Plätze ist bis 48 Stunden vor Reservierung möglich. Im Falle einer späteren Stornierung des Tisches müssten wir Ihnen den Umsatzausfall mit 100,00 € pro Person berechnen."
Doch auch Restaurants fernab der Sternegastronomie setzen darauf, dass die Aussicht auf eine Lücke im Geldbeutel bei Nicht-Erscheinen die Gäste diszipliniert. Die Restaurantkette Aposto etwa, die auch eine Filiale in Augsburg betreibt. Dort haben die Gäste bis 1,5 Stunden vor der Reservierung Zeit, ihren Besuch abzusagen. Die Strafgebühr wird zudem erst fällig, wenn der Tisch nicht an andere Gäste vergeben werden kann. Sonst, so steht es in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen: 23 Euro Stornogebühr pro reservierter Person.
Was in größeren Städten begonnen habe, erreiche inzwischen aber auch die ländliche Gastronomie, beobachtet Dehoga-Experte John: "Allerdings ist die Anonymität der Gäste auf dem Land geringer, deshalb gibt es dort auch weniger No-Show." Er glaubt, eine höhere Verbindlichkeit der Reservierung könnte zudem durch eine Erinnerung per Telefon, Mail oder SMS erreicht werden.
Reservierung im Restaurant: Knigge-Fachmann gibt Tipps
Beim für die Gastronomie in Bayern zuständigen Landwirtschaftsministerium hat man grundsätzlich Verständnis für Stornogebühren. Schließlich stünden viele Gaststätten unter enormem wirtschaftlichen Druck: "Derartige No-Show-Gebühren sollten jedoch nur die Ultima Ratio sein", heißt es aus dem Ministerium. Besser für alle Beteiligten wäre, "wenn freundlich und höflich miteinander umgegangen und rechtzeitig kommuniziert wird".
Einer, der sich mit guten Manieren auskennt, ist Christian Heller vom Deutschen Knigge-Rat. "Es gilt grundsätzlich die Empfehlung, eine Reservierung zu einer bestimmten Uhrzeit nicht länger als 15 bis 20 Minuten zu überziehen", sagt Heller. "Es wird auch empfohlen, sich bei Verspätungen telefonisch zu melden." Und wenn dann doch einmal wirklich etwas dazwischenkommt, sollte "auf jeden Fall abgesagt werden, das gehört zum guten Anstand". So lassen sich Entwicklungen vermeiden wie in den USA. "Dort", weiß der Knigge-Experte, "ist es in manchen Städten bereits üblich, dass die Gäste bei der Buchung ein Ticket für das Essen kaufen müssen". (mit dpa)