Er tut wirklich alles, um Bayerns Facebook-King zu werden: Markus Söder, Bayerns Heimat- und Finanzminister, schneuzt laut vernehmbar in in einem seiner vielen Facebook-Videos vor blühenden Birken im Nürnberger Land in sein Taschentuch. „Der Frühling ist so wundervoll“, schnieft der CSU-Politiker den geneigten Usern zu, um alsgleich fortzufahren: „Aber da hakt's dann ein. Ich bin nämlich ein bisserl allergisch...“
Was die Botschaft dieses Videos ist? Eine geschnuffelte „Solidaritätsadresse“ an alle Allergiker Bayerns. „Nicht aufgeben“, rät Söder. Immerhin 11 964 Aufrufe und 432 Likes bekam der umtriebige CSU-Politiker für diesen 40-Sekunden-Auftritt.
Gar nicht schlecht – mager allenfalls im Vergleich zu Söder Hundebaby-Video vor ein paar Wochen. Da hatte es Söder für angebracht gehalten, sich mit seinem Hundewelpen Bella in Szene zu setzen. „Ein Mini-Dobermann, mir fast zu klein“, plauderte Söder, das braune Hündchen an den Ohren kraulend. Er habe ja schon einen Hund, die Fanny, Aber die Kinder, die wollten halt ein zweites Hündchen... 50 000 Aufrufe und 2299 Likes waren der Lohn für Söders Welpen-Video.
Bayern-Politiker lieben es, Wähler über Social Media anzusprechen
Söder ist nur einer von vielen Bayern-Politikern, die erkannt haben, dass man über Social-Media-Posts potentielle Wähler emotional erreichen und treue Wähler fester an sich binden kann. Von allen Bayern-Politikern ist er aber derjenige, der auf Facebook den Nutzern die tiefsten Einblicke in sein Privatleben gewährt – er ist da offenbar schmerzfrei. Als Bayerns Abiturienten vor einigen Tagen zu den Abiklausuren antreten mussten, postete Söder ein Bild von sich als Abiturient mit Löckchen und im Blumenhemd. Jetzt grade am Vatertag hat Söder ein Uralt-Foto seines eigenen Vaters mit den Usern geteilt. „Mein Vater war ein guter Mensch und hat für seine Familie stets gesorgt“, steht drunter. „Aber wir haben in meiner Jugend nie viel geredet“.
Die Boulevard-Masche von Söder zieht
Verglichen mit anderen bayerischen Politikern ist Markus Söder mit seiner Boulevard-Masche (Hundebabies und Bier; strenger Vater und schlimme Allergien) auf Facebook sehr erfolgreich. Rund 28 000 Gefällt-Mir-Angaben hat seine Fanseite; damit übertrifft der CSU-Politiker locker etwa den SPD-Landesvorsitzenden Florian Pronold (7691 Likes) oder den FDP-Landesvorsitzenden Albert Duin (magere 2173 Likes).
Auch Konkurrenten aus der eigenen Partei lässt Söder deutlich hinter sich; etwa CSU-Innenminister Joachim Hermann (2617 Likes) oder CSU-Wirtschaftsministerin Ilse Aigner, die sich gerade öffentlich über 10 000 Likes gefreut hat.
Seehofer hat auf Facebook noch größeren Erfolg als Söder
Doch an Horst Seehofer kommt Markus Söder nicht ran: Über drei Mal so viele Likes wie Söder – nämlich rund 100 000 – hat Bayerns Ministerpräsident auf Facebook. Im Gegensatz zu Söder, der sich gern hemdsärmelig gibt, präsentiert sich Seehofer im Netz immer als Staatsmann, meist im schwarzen Anzug. Hunderte von Fotos und Videos zeigen ihn oft mit Mikro, öfter mit Maßkrug, immer möglichst dynamisch, fast immer vor blauweißer Bayern-Flagge. Erstaunliche Erfolge sind ihm damit beschieden – ein kleines Video von seinem Treffen mit dem hierzulande vollkommen unbekannten österreichischen Außenminister Sebastian Kurz zum Beispiel bekommt 20 000 Aufrufe.
CSU-Werbestrategie steckt hinter den Postings
Wer hinter Seehofers Postings eine moderne CSU-Werbestrategie vermutet, hat Recht: Bayerns Minsterpräsident postet nicht selbst, er lässt die CSU-Landesleitung Mitteilungen, Videos und Fotos posten. „Horst Seehofer steht als Ministerpräsident und Parteivorsitzender im Licht der Öffentlichkeit. Er selbst spricht gern davon, dass er eine Koalition mit dem Bürger geschlossen hat. Das heißt auch, dass er sehr offen und modern kommuniziert und die Sorgen und Anliegen der Menschen im Land aufnimmt und sich darum kümmert“, teilt Jürgen Fischer, der die CSU–Presse- und Medienarbeit leitet. Seehofer soll also als „Kümmerer“ rüberkommen – und das gelingt aufs Beste.
„Ich bitte sie endlich diese Koalition zu beenden und die Verfassungsbeschwerde gegen Merkel beim Bundesverfassungsgericht einzureichen! Und ganz wichtig: Verhindern Sie den Türkei–Deal mit der Visa–Freiheit. Wir sind so sehr erpressbar. Das gibt es in keinen anderen Land Europas“, schreibt etwa „ein besorgter Bürger Bayerns“ auf Seehofers Facebook-Seite. Er ist nicht der Einzige.
Die Flüchtlingskrise ist oft Thema der Postings
Rund 300 bis 400 Kommentare ähnlichen Inhalts finden sich unter fast jedem Seehofer–Post; zu jenen einige Monate zurückliegenden Zeiten, wo täglich tausende Flüchtlinge über Bayerns Grenze kamen, standen unter Seehofer-Posts auch schon mal Tausende Kommentare.
Auf die Frage an Seehofers Medienchef Fischer, ob er gezielt Postings zur Flüchtlingsfrage befördere und gezielt Seehofer als „Retter der Nation“ gegen eine „durchgedrehte Kanzlerin“ (Zitate stammen aus Posts auf Seehofers Seite) ausspiele, heißt es: „In den Postings spiegelt sich immer auch die aktuelle politische Lage wieder. Wir merken, dass das Megathema Flüchtlingskrise die Menschen stark beschäftigt – auch in den Sozialen Netzwerken.“
Ist Seehofer jetzt Bayerns Facebook-King? Unter den Bayern-Politikern auf jeden Fall. Verglichen mit Bayern-Spielern hat aber sogar der Ministerpräsident auf Facebook nichts zu melden: Dort siegen immer noch Franz Beckenbauer (386479 Likes) und Thomas Müller mit fast einer Million Gefällt-Mir-Angaben.