Vieles trennt heute das bayerische Landeskriminalamt (LKA) von Mario W., seinem ehemaligen Spitzel. Aber in einem Punkt ist man sich auf Anfrage einig: Der V-Mann wurde 2011 nicht speziell auf Sascha Roßmüller angesetzt. Dabei machte der NPD-Funktionär da gerade bei den „Bandidos“ Karriere – und bayerische Behörden hätten (nach Pannen bei den Ermittlungen zu den rechtsextremen Terroristen der NSU) jede noch so kleine Information aus dem rechten Spektrum gut gebrauchen können.
Aber V-Mann Mario W. will das LKA von einem heiklen Deal informiert haben: Ronni B., ein Gefolgsmann Roßmüllers, wolle ihm für 800 Euro zwei gebrauchte Pistolen verkaufen. Im Gespräch mit dieser Zeitung erinnerte sich Mario W. sogar, wo das Treffen stattgefunden haben soll: in der Raststätte Mitterteich. Er informierte angeblich seinen Führungsoffizier beim LKA: „Ich sag dem K.: ,Der hat die Kanonen dabei, verhaftet ihn doch'“, sagte er dieser Redaktion. „Doch der sagte: Nö, lass mal.
“ Dies und widersprüchliche Angaben von Gerhard Eck im Landtag einerseits und des V-Mann-Führers vor Gericht andererseits hätten den Innen-Staatssekretär in Würzburg um ein Haar in den Zeugenstand gebracht. Stattdessen lieferte das LKA dem Würzburger Gericht einen Bericht zu den Schusswaffen, in dem stand: „Hätte dem LKA eine solche hochwertige Information vorgelegen, wäre dies Anlass für die sofortige Einleitung erforderlicher Folgeermittlungen gewesen.“
Allerdings bestritt das LKA in dem Bericht ans Gericht auch, vom V-Mann über den Diebstahl dänischer Bagger informiert worden zu sein – was dank der internen Ermittlungen nun bezweifelt werden muss. In einem Zwischenbericht der internen Ermittler heißt es, dass die V-Mann-Akte „nachträglich mehrfach verändert wurde, um tatsächliche Erkenntnisse und Abläufe zu verschleiern“. Mario W. habe „detaillierte und zeitnahe Informationen“ zum Diebstahl geliefert, „sodass eine Unterbindung der Straftat bzw. eine Festnahme der Mittäter in Dänemark möglich gewesen wäre“.
LKA-Beamte hätten ihre Erkenntnisse zu der Straftat „offenkundig nachträglich durch Abänderung eines VP-Berichtes“ verschleiert, in Zeugenvernehmungen nachweisbar gelogen oder zumindest ihr Wissen absichtlich verschwiegen.
Noch 2010 wies Bayerns Innenminister im Landtag jeden Gedanken von sich, im Freistaat könnte es zu Bruderkriegen zwischen Rockergruppen kommen wie zwischen „Hells Angels“ und „Bandidos“ im Norden Deutschlands. Inzwischen werden blutige Konkurrenzkämpfe auch im Freistaat registriert, in Straubing wie in München – und führend dabei: Sascha Roßmüller, der aktuell wegen einer blutigen Klopperei unter Rockern vor Gericht steht. Roßmüller ist kein Einzelfall, wie Ermittlungen gegen die rechtsextremen Mörder der Terrorzelle NSU zeigten. Beate Zschäpe, die Freundin der mutmaßlichen Mörder Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos, soll noch 2011 unter falschem Namen einen Prozess gegen „Bandidos“ in Erfurt besucht haben, behauptet ein Zeuge aus dem rechtsextremen Milieu in Thüringen. Ralf Wohlleben, früher NPD-Funktionär und mutmaßlicher Unterstützer des Terrortrios, verkehrte noch im Dezember 2011 im ehemaligen Clubhaus der „Red Devils“ in Saalfeld. Wohlleben war wie Zschäpe Beschuldigter im NSU-Prozess.
Von den Rockern der inzwischen verbotenen Ortsgruppe der „Bandidos“ Neumünster (Schleswig-Holstein) kamen nach Presseberichten über ein Drittel aus der militanten rechten Szene. „Bandido“ wurde Peter Borchert, einst Landesvorsitzender der NPD. Rocker berichten auch von logistischer Unterstützung – indem sie Clubhäuser für Konzerte rechtsextremer Bands bereitstellen. Ein Zeuge aus dem rechtsextremen Milieu des „Thüringer Heimatschutzes“ – aus dem das Mordtrio NSU stammt – berichtete: 2006 hätten Bandidos nach Nachwuchs-Personal in der rechten Szene gesucht. Er ging selbst zu den „Bandidos“.