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DÜSSELDORF/KÖLN
Wem gehört die von den Nazis geraubte Kunst?
dpa
 |  aktualisiert: 26.04.2023 20:48 Uhr

Wenn die Herkunft der 1500 Bilder aus dem Münchner Schatzfund geklärt ist, dürfte ein Streit ausbrechen, wem sie gehören. Die Suche nach Raubkunst landet mit dem Finden fast immer in einem Dilemma. „So moralisch unhaltbar die Verfolgung 'entarteter Kunst' auch gewesen ist, aus juristischer Sicht kann keine Restitution verlangt werden“, schreibt der Rechtsexperte Carl-Heinz Heuer. Beschlagnahmungen aus Museen und der Verkauf der Werke waren demnach trotz aller Verwerflichkeit „Rechtsakte“. Denn das „Dritte Reich“ war Eigentümer der Kunstschätze deutscher Museen und konnte laut Heuer frei darüber entscheiden, was damit geschehen sollte.

Juristisch legitimiert wurde die Beschlagnahme auch aus privaten Sammlungen zudem durch das Einziehungsgesetz von 1938. Nach Kriegsende hatten sich die Alliierten gegen die Aufhebung dieses Gesetze entschieden, um Erwerbern auf dem Kunstmarkt Rechtssicherheit zu geben.

Schwieriger ist die Lage beim einstigen Besitz verfolgter jüdischer Sammler und Galeristen. Um Werke aus den Sammlungen etwa von Alfred Flechtheim oder Max Stern werden heute erbitterte Rechtsstreitereien geführt. Immer öfter wird die NS-Raubkunstkommission der Bundesregierung zur Schlichtung angerufen. Denn sind die Restitutionsfragen rechtlich nicht mehr eindeutig zu klären, rückt die moralische Dimension in den Vordergrund. Zu „fairen und gerechten“ Lösungen beim Umgang mit NS-Raubkunst hatten sich viele Staaten, auch die Bundesrepublik, 1998 verpflichtet.

Zu einigen beschlagnahmten Gemälden aus dem Schwabinger Gurlitt-Fund gibt es Herkunftshinweise. So soll laut „Focus“ ein Frauenbildnis von Matisse dem jüdischen Sammler Paul Rosenberg gehört haben, Großvater der französischen Journalistin Anne Sinclair. Eine Spitzweg-Zeichnung habe dem in Auschwitz ermordeten Leipziger Verleger Henri Hinrichsen gehört. Und weit über 300 Werke seien als verschollen geglaubte Werke der Aktion „Entartete Kunst“ identifiziert.

Während die Bundesregierung bereits seit längerem über den von „Focus“ publik gemachten Sensationsfund informiert ist, war man in Kreisen der Provenienzforscher weitgehend ahnungslos. Offenbar aber wusste der Kunsthandel mehr. Der Fall zeige, dass „mehr als ein Händler“ gewusst habe, dass Cornelius Gurlitt Bilder habe, heißt es in Wissenschaftler-Kreisen. Denn Gurlitt hatte in Auktionshäuser in der Schweiz und Deutschland bereits seit Jahren Avantgarde-Bilder eingeliefert. Noch nach der Beschlagnahmung der 1500 Bilder habe er die Gouache-Arbeit „Löwenbändiger“ von Max Beckmann in das Auktionshaus Lempertz gegeben. Die Experten waren aufmerksam und fanden heraus, dass es aus dem Nachlass des jüdischen Kunstsammlers Alfred Flechtheim stammte. Nach einer Einigung mit den Erben Flechtheims wurde der „Löwenbändiger“ versteigert.

 
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