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Waffen
Die Bayern rüsten auf: Immer mehr Schreckschusspistolen im Umlauf
Im Freistaat beantragen immer mehr Menschen einen kleinen Waffenschein. Die Polizei sieht das mit Sorge. Was kann eine Verschärfung des Waffenrechts da bringen?
Schreckschusswaffen       -  Als Reaktion auf die Gewalt gegen Polizisten, Feuerwehrleute und Sanitäter in der Silvesternacht will Innenministerin Faeser (SPD) Schreckschusspistolen an den kleinen Waffenschein binden.
Foto: Uli Deck, dpa (Archivbild) | Als Reaktion auf die Gewalt gegen Polizisten, Feuerwehrleute und Sanitäter in der Silvesternacht will Innenministerin Faeser (SPD) Schreckschusspistolen an den kleinen Waffenschein binden.
Sonja Dürr
 |  aktualisiert: 11.03.2024 13:18 Uhr

Sie sehen echten Waffen täuschend ähnlich und sind dennoch frei verkäuflich: Die Rede ist von Schreckschusspistolen. Wie es scheint, haben immer mehr Menschen im Freistaat ein Bedürfnis, sich damit auszustatten. Denn die Zahl der Bürger und Bürgerinnen, die zuletzt den kleinen Waffenschein beantragt haben, ist deutlich gestiegen. Im vergangenen Jahr wurden in Bayern 122.342 dieser Genehmigungen ausgestellt – neun Prozent mehr als im Jahr davor. Auf die letzten fünf Jahre gerechnet, waren es sogar 22 Prozent mehr Bayern, die sich einen kleinen Waffenschein ausstellen ließen. 

Tatsächlich dürften noch deutlich mehr Menschen aufgerüstet haben. Denn der kleine Waffenschein ist bislang nur nötig, wenn man sogenannte SRS-Waffen, also Schreckschuss-, Reizstoff- und Signalwaffen, mit sich führen will – nicht aber, um solche zu kaufen. 

Ingo Meinhard, Geschäftsführer beim Verband Deutscher Büchsenmacher und Waffenfachhändler, betont, dass die Nachfrage nach Schreckschusswaffen weit größer sei, als es der Anstieg der kleinen Waffenscheinen vermuten ließe. 

Wie viele Schreckschusspistolen im Jahr über die Ladentheke gehen oder übers Internet verkauft werden, darüber schweigt man sich in der Branche traditionell aus. Die Frage ist nur: Warum legen sich immer mehr Bürger und Bürgerinnen SRS-Waffen zu? 

„Es gibt eine Tendenz der Unsicherheit in der Bevölkerung“, erklärt Meinhard. Und dass die Menschen jedes Mal, wenn eine große Krise auftaucht, das Gefühl haben, dass sie sich schützen müssten. Das war 2015 und 2016 so, nach Terroranschlägen und den Übergriffen in der Kölner Silvesternacht. „Da wurde alles gekauft, was ein Normalbürger kaufen kann. Und das war nach Kriegsbeginn in der Ukraine wieder so“, betont Meinhard. Im Laden griffen Frauen dann in erster Linie zu freien Abwehrmitteln wie Reizgassprays, Taschenlampen mit Blitzfunktion oder Schlüsselanhängern, die einen Schrillalarm von sich geben. Männer dagegen wählten eher Schreckschusspistolen, die es inzwischen schon zwischen 99 und 199 Euro gebe. 

Die Polizei kann Schreckschusspistolen kaum von echten Waffen unterscheiden

Für die Polizei wird das zunehmend zum Problem – und damit letztlich auch zur Gefahr für die Person, die so eine Waffe mit sich führt. Denn die Polizisten können im Ernstfall kaum unterscheiden können, ob es sich um eine SRS-Pistole oder eine echte Waffe handelt, so ähnlich sehen sich die Modelle. Peter Pytlik, Landesvorsitzender der Polizeigewerkschaft GdP, sagt: „Grundsätzlich wird und muss die Einsatzkraft dann von einer scharfen Waffe ausgehen und entsprechend handeln.“ 

Wenn es nach Bundesinnenministerin Nancy Faeser geht, ist die Sache klar: Das Waffenrecht in Deutschland muss verschärft werden. Die SPD-Politikerin will den Kauf von SRS-Waffen erschweren, auch dafür soll bereits der kleine Waffenschein nötig sein. Ihr Vorstoß ist eine Reaktion auf die massiven Ausschreitungen in der Silvesternacht in Berlin. In einer Vielzahl der Übergriffe, die sich gegen Polizei und Rettungskräfte, aber auch gegen Passanten richteten, spielten SRS-Waffen eine Rolle. 

Bei der Polizei begrüßt man den Vorstoß prinzipiell – auch, weil man sich dadurch erhofft, dass weniger Bürger Schreckschusspistolen kaufen. „Je weniger Waffen in der Bevölkerung im Umlauf sind, umso sicherer ist es für uns alle“, sagt Polizeigewerkschafter Pytlik. Zugleich räumt er ein, dass diejenigen, die einen Antrag auf einen Waffenschein stellen, nicht das Problem seien. „Problematisch sind doch vielmehr diejenigen, die sich unerlaubt über welche Wege auch immer und an den Behörden vorbei Waffen zulegen.“ 

Die Frage ist nur: Wie sollen all die Schreckschusspistolen kontrolliert werden, die bereits im Umlauf sind? Immerhin 43 Millionen SRS-Waffen dürften bundesweit in Schubladen oder auf Dachböden lagern, schätzt der Verband Deutscher Büchsenmacher und Waffenfachhändler und geht von 16 Millionen Besitzern aus. Die zu kontrollieren, sei schier unmöglich. „Die Waffenbehörden sind jetzt schon überlastet“, sagt Meinhard. Und er betont, dass Straftaten durch den kleinen Waffenschein allein nicht verhindert würden, ebenso wenig wie die Ausschreitungen in der Silvesternacht. „Die Menschen, die dort auf offener Straße in die Luft geschossen haben, interessieren sich nicht für das Waffengesetz. Alles, was sie getan haben, ist verboten.“ 

Für Joachim Herrmann ist Faesers Vorstoß vor allem "Symbolpolitik"

Auch im bayerischen Innenministerium teilt man die Sorge, dass die Kontrolle der SRS-Waffen zu viele Ressourcen verschlingen könnte. „Andere Aufgabe der Waffenbehörden, wie die konsequente Entwaffnung von Reichsbürgern und anderen Extremisten oder die Kontrolle der ordnungsgemäßen Aufbewahrung der weitaus gefährlicheren ’echten’ Schusswaffen, tragen weitaus mehr zur inneren Sicherheit bei als eine akribische Registrierung der SRS-Waffen“, sagt Innenminister Joachim Herrmann. 

Der CSU-Politiker kritisiert Faesers Vorstoß vor allem als „Symbolpolitik“. Gerade mit der geplanten Regelabfrage bei den Gesundheitsbehörden und dem Verbot von halbautomatischen Waffen, wie sie etwa auch im Schießsport zum Einsatz kommen, schieße sie „weit über ein sinnvolles Ziel hinaus“. Sportschützen würden ebenso wie Jäger durch die Pläne unverhältnismäßig belastet „Auf der anderen Seite ist kaum ein Gewinn für die öffentliche Sicherheit und Ordnung erkennbar“, sagt Herrmann.

 
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