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MÜNCHEN
Verwandtenaffäre: Keine Transparenzpflicht
Der Bayerische Landtag       -  Für die Medien ist es künftig schwieriger, Auskunft zu erlangen über die öffentlichen Gelder, die den Landtagsabgeordneten für ihre Mitarbeiter zur Verfügung gestellt werden.
Foto: Frank Leonhardt, dpa | Für die Medien ist es künftig schwieriger, Auskunft zu erlangen über die öffentlichen Gelder, die den Landtagsabgeordneten für ihre Mitarbeiter zur Verfügung gestellt werden.
Bearbeitet von Henry Stern
 |  aktualisiert: 11.12.2019 18:49 Uhr

Landtagspräsidentin Barbara Stamm (CSU) war 2013 im Zuge der „Verwandtenaffäre“ rechtlich nicht verpflichtet, von der Presse eingeforderte Auskünfte über die Höhe der Vergütung der von Abgeordneten als persönliche Mitarbeiter beschäftigten Familienangehörigen zu erteilen.

Mit diesem Urteilsspruch hob der Bayerische Verwaltungsgerichtshof an diesem Donnerstag ein entgegengesetztes Urteil des Verwaltungsgerichts München vom April 2015 auf: Damals hatten die Richter geurteilt, Stamm habe der Presse die erwünschten Informationen zu Unrecht vorenthalten.

Der frühere Chefredakteur des „Nordbayerischen Kurier“ in Bayreuth, Joachim Braun, hatte den Freistaat Bayern – in diesem Fall vertreten durch die Landtagspräsidentin – verklagt, weil Stamm auf dem Höhepunkt der Affäre um die auf Staatskosten beschäftigten Familienangehörigen der Zeitung die konkrete Höhe des Jahresbruttogehaltes der als Sekretärin beschäftigten Ehefrau des damaligen Bayreuther CSU-MdL Walter Nadler verweigert hatte.

Nadler hatte – wie Dutzende andere Abgeordnete – mit Hilfe einer Altfallregelung seine Gattin jahrelang über seine MdL-Mitarbeiterpauschale beschäftigt. Auskunft über die konkrete Höhe des gezahlten Gehalts verweigerte er und sprach nur von einer „angemessenen Entlohnung“. Auch Stamm verweigerte die Auskunft mit Verweis auf das Persönlichkeitsrecht und das „freie Mandat“ des Abgeordneten.

Eine Argumentation, der der Vorsitzende Richter Walter Häring nun im Kern folgte: Das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung gelte auch für einen Landtagsabgeordneten und seine Ehefrau. Der Abgeordnete könne deshalb grundsätzlich selbst entscheiden, wann und in welchem Umfang er persönliche Lebenssachverhalte wie etwa die gezahlte Arbeitsvergütung offenbare: „Der Gesetzgeber lässt den Schutz persönlicher Daten nicht hinter das Gebot nach erhöhter Transparenz bei der Verwendung öffentlicher Mittel zurücktreten“, so der Richter.

In der Abwägung überwiege dieses Recht des MdL im konkreten Fall den Auskunftsanspruch der Presse, „weil es keine Anhaltspunkte gibt, dass der Abgeordnete gesetzliche Grenzen überschritten“ habe. Auch der im gleichen Zusammenhang gegenüber anderen MdL erhobene Vorwurf möglicher Rechtsverletzungen genüge nicht, um „die Schutzwürdigkeit personenbezogener Daten herabzumindern“, findet Richter Häring.

Das Verwaltungsgericht München hatte hingegen vor eineinhalb Jahren argumentiert, es bestehe auch jenseits strafbarer Handlungen „ein berechtigtes publizistisches Interesse, wie Aufwandsentschädigungen verwendet werden“. Personen in öffentlicher Stellung müssten zudem eine öffentliche Kontrolle ihrer Vergütung hinnehmen.

Dass nach der Logik von Richter Häring die Presse nur nachfragen dürfe, wenn es bereits konkrete Belege für einen Missbrauch gebe, heble die Wächterfunktion der Medien komplett aus, hatte Kläger-Anwalt Johannes Weberling bereits in der mündlichen Verhandlung argumentiert.

Die Frage, ob der MdL seine Gattin begünstigt habe, nur weil sie seine Ehefrau ist, sei absolut gerechtfertigt, findet Weberling: Zumal es „in der Verwandtenaffäre dutzende Fälle nicht sachgerechter Nutzung öffentlicher Mittel gegeben“ habe.

„Das Urteil ist sehr schade, weil es das Misstrauen gegenüber Politikern fördert, anstatt Transparenz zu schaffen“, sagte Kläger Joachim Braun dieser Redaktion. Landtagspräsidentin Stamm sieht in dem Urteil dagegen eine Stärkung der Freiheit des Abgeordnetenmandats. Aber auch der nun bestätigte Schutz der Mitarbeiter der MdL sei „ein hohes und schützenswertes Gut.“

 
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  • c. a.
    was, Walter alter Kumpel, wir haben uns noch nie in die Suppe spucken - oder besser in die Karten schauen - lassen. Habe zu meinen, nein unseren Parteifreunden gesagt "der Walter wird das richten".
    Kommen die jetzt mit dem alten gedöns von wegen Strauss Mafia, Amigo Affäre, Old Schwurhand, Hadertauer, Stamm, Kumpelwirtschaft, usw., alles nur Neider. Aber nicht mit unserem Walter. Bist halt ein Pfund auf das man bauen kann.
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