In der Ostallgäuer Gemeinde Günzach sind Pflegearbeiten an einem Bach aus dem Ruder gelaufen. Die Günz ist auf einer Länge von rund 200 Metern ausgebaggert und geschädigt worden. Genehmigt waren die Arbeiten der Gemeinde nicht. Das Landratsamt Ostallgäu bestätigte auf Anfrage, dass sowohl die Bachsohle der Günz durchschnitten, als auch Pflanzen und Kleintiere beim Ausbaggern der Sohle vollständig mit ausgegraben wurden. Die Behörde wertet den Eingriff als einen "ungenehmigten Gewässerausbau". Die Gemeinde ist nun verpflichtet, das Gewässer "rechtskonform" wiederherzustellen. Bürgermeisterin Wilma Hofer sprach von einem "extrem ärgerlichen" Vorgang. Im Dorf macht derweil der Ausspruch vom "kleinen Rappenalptal" die Runde. In Anspielung auf die umstrittene Kanalisierung eines Wildbachs im Oberallgäuer Rappenalptal im Herbst 2022.
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Neben der Günz türmen sich große Mengen Aushub
Der geschädigte Gewässerbereich liegt etwas außerhalb des Ortes in unmittelbarer Nähe zur Günzquelle. Vor den Baggerarbeiten plätscherte die Günz hier als kleines Bächlein leicht schlängelnd in Richtung Günzach. Wo der Bachlauf zuvor kaum einen halben Meter breit war, zieht sich jetzt ein eineinhalb bis zwei Meter breiter, kanalartiger Graben durch die Wiese. Auf der Wiese neben Günz türmten sich nach den Baggerarbeiten große Mengen Aushub. Unbeschädigt blieb hingegen der direkte Quellbereich, der 2011 im Zuge der Dorferneuerung umgestaltet wurde.
Bei der Günz handelt es um sogenanntes Gewässer dritter Ordnung. Das heißt: Die Gemeinde ist verpflichtet, sich um den Bach zu kümmern. Maßnahmen, die etwa der Pflege des Gewässers oder dem Ufersstreifen dienen, brauchen keine wasserrechtliche Genehmigung.
Laut Bürgermeisterin Hofer wächst der Wasserlauf der Günz immer wieder zu. Daher sollten der Uferbereich gemäht und Anlandungen im Bachbett entfernt werden. "So war es geplant und abgesprochen", sagt Hofer. Derartige Arbeiten seien in der Vergangenheit bereits mehrfach von Ehrenamtlichen durchgeführt worden. "Das hat immer gut funktioniert." Warum es diesmal schief lief, könne sie sich nicht erklären. "Die Pflegemaßnahmen sind eindeutig übers Ziel hinaus geschossen. Das lässt sich nicht beschönigen. Solch umfangreiche Baggerarbeiten waren weder abgesprochen noch gewollt."
Am Steuer des Baggers saß der Dritte Bürgermeister der Gemeinde, Rudolf Rauscher. Er fühlt sich zu unrecht an den Pranger gestellt. Am Steuer des Baggers saß der Dritte Bürgermeister der Gemeinde, Rudolf Rauscher. Er fühlt sich zu unrecht an den Pranger gestellt. Er sei der Meinung gewesen, dass die Pflege der Günz bei der Dorfgemeinschaft liege und diese Arbeiten damit möglich seien. Er habe mit dem Bagger gearbeitet, damit das Wasser in der zuvor verschlammten Günz wieder richtig fließen könne. Diese Entscheidung habe er selbst getroffen. Er räumt ein, mit den unabgesprochenen Arbeiten einen Fehler gemacht zu haben. "Es tut mir leid, wie es gelaufen ist."
Hofer sagt, sie wolle Rauscher ausdrücklich in Schutz nehmen. "Er setzt sich immer sehr für die Gemeinde ein." Die Arbeiten an der Günz habe er ehrenamtlich durchgeführt. Allerdings sagt Hofer auch: "Er hat sicherlich etwas Gutes tun wollen. Aber da sind ihm wohl die Gäule durchgegangen."
Bürger aus Günzach erstattet Anzeige
Die Arbeiten liefen am Freitag, 13. Oktober, Hofer erfuhr am Wochenende von dem Schadensausmaß. Am Montagmorgen habe sie das Landratsamt Ostallgäu darüber informiert, sagt die Bürgermeisterin. Zu diesem Zeitpunkt hatte ein Günzacher Bürger den Vorfall bereits angezeigt. Um den "Fehler wieder gut zu machen", steht die Gemeinde Hofer zufolge nun in engem Austausch mit den Fachbehörden, mit denen es unmittelbar nach dem Vorfall einen Ortstermin gegeben hat. Klar ist laut Hofer, dass Günzach durch die Baggerarbeiten ein finanzieller Schaden entstanden ist, da die Gemeinde den beschädigten Bachlauf wiederherstellen muss. Wieviel Günzach dafür investieren müsse, sei derzeit noch nicht abzusehen.
Ist auch ein Biotop geschädigt worden?
Wie stark hat der Bagger den Bachlauf der Günz beschädigt? Bei dieser Frage verweist das Wasserwirtschaftsamt Kempten auf das Landratsamt Ostallgäu als Rechtsaufsicht der Gemeinde. Vom Landratsamt heißt es, dass der Bagger mit seiner Schaufel die Bachsohle durchstoßen habe. Ein Versickern des Bachwassers über die aufgebaggerte Sohle sei allerdings "nicht zu befürchten", da es sich in diesem Bereich nicht um kiesigen Untergrund handele. Auch Planzen und Tiere wie etwa die als gefährdet geltende Quellschnecke seien vollständig mitausgegraben worden. Ob ein direkt an den Bauchlauf grenzendes Feuchtbiotop ebenfalls Schaden nahm, wird laut Landratsamt derzeit geprüft. Da es sich bei dem Eingriff um einen ungenehmigten Gewässerausbau handele, müsse die Gemeinde nun gemeinsam mit einem Fachbüro einen Plan für Wiederherstellung des Gewässers erarbeiten.
Der bei den Baggerarbeiten entstandene Aushub ist mittlerweile untersucht und von der Wiese entfernt worden. Am 14. November will Bürgermeisterin Hofer die aus dem Ruder gelaufenen Pflegearbeiten an der Günz in der Gemeinderatssitzung öffentlich thematisieren.