In der Debatte um die befristete Laufzeitverlängerung der letzten drei aktiven Kernkraftwerke konnten sich die Atomkraftgegner in Deutschland nicht durchsetzen. Nun will der Bund Naturschutz in Bayern (BN) alle Kräfte mobilisieren, um eine längerfristige Rückkehr zur Kernenergie zu verhindern.„Wir werden den Kampf gegen diese hochgefährliche und überteuerte Technik auch im kommenden Jahr fortsetzen und keine Ruhe geben, bis auch das letzte Atomkraftwerk für immer abgeschaltet ist“, sagte der BN-Vorsitzende Richard Mergner bei der Jahrespressekonferenz des Verbandes am Freitag in München.
Geht es nur nach den Köpfen, dann steckt der Bund Naturschutz in Bayern die drei größten Parteien im Freistaat längst in die Tasche. Die Zahl der Mitglieder und Förderer des Verbandes ist im Jahr 2022 um 2500 auf rund 265.000 gestiegen. Das sind mehr als CSU (rund 130.000), SPD (rund 54.000) und Grüne (knapp 20.000) in Summe haben.
Die Naturschützer wollen das Jahr der Landtagswahl in Bayern politisch nutzen
Politisch aber kann der BN nach den Worten seines Vorsitzenden trotz einzelner Erfolge noch lange nicht zufrieden sein: Das bereits beschlossene Ende der Kernkraft wird wieder infrage gestellt, der Ausbau erneuerbarer Energien blieb ebenso wie das Klimaschutzgesetz hinter den Erwartungen zurück, der Flächenverbrauch konnte nicht verringert werden.
Ganz oben auf der Agenda des BN im Jahr der Landtagswahl steht, wie Mergner und der BN-Landesbeauftragte Martin Geilhufe ankündigten, der Kampf gegen die Kernenergie. Für den 15. April rufen sie in München zu einer Großdemonstration auf. Bleibt es bei der befristeten Laufzeitverlängerung, soll dort das endgültige Aus für die Atomkraftwerke in Deutschland gefeiert werden. Sollte es aber Bemühungen für den Weiterbetrieb oder gar den Neubau von Atomkraftwerken geben, dann solle diese Kundgebung der Auftakt einer neuen Anti-Atom-Bewegung in Deutschland sein.
Vorwürfe an die Politik: Wahlkampf mit "Unwahrheiten"
„Es muss Schluss sein mit der Atomkraft“, sagte Mergner und kritisierte namentlich CSU-Chef Markus Söder, CDU-Chef Friedrich Merz sowie die bayerischen Minister Hubert Aiwanger und Thorsten Glauber (beide Freie Wähler). Alle vier hätten bei einem Besuch des Kernkraftwerks Isar 2 bei Landshut behauptet, die Atomenergie wäre billig, klimaschonend und ungefährlich. „Das Gegenteil ist wahr“, sagte Mergner und fügte mit Blick auf die Landtagswahl im Oktober hinzu: „Wir haben es satt, dass mit Unwahrheiten Wahlkampf gemacht wird.“
Der BN wird sich „als basisdemokratischer und überparteilicher Mitgliederverband“ nach Aussage seines Vorsitzenden 2023 kräftig in den Wahlkampf einschalten und alle umweltpolitischen Themen auf den Prüfstand stellen. Neben der Energie- und Klimapolitik nannte er den Flächenschutz und den Schutz der bäuerlichen Landwirtschaft als vorrangige Ziele.
Das kürzlich verabschiedete Klimaschutzgesetz ist nach Überzeugung Mergners „leider nicht ausreichend, um Bayern vor den dramatischen Auswirkungen der Klimakrise zu schützen“. Wie ernst die Lage schon jetzt sei, habe sich im abgelaufenen Jahr gezeigt. Es sei „ein Jahr der Extreme“ gewesen – das wärmste Jahr seit Beginn der Wetteraufzeichnungen, extreme Trockenheit in Franken, extrem starke Niederschläge im Allgäu. Und nach dem Beginn des Krieges in der Ukraine habe sich „mit brutalster Deutlichkeit“ gezeigt, wie abhängig Deutschland und Bayern von fossilen Energien aus diktatorisch regierten Staaten seien. Nichts vorangegangen sei auch beim Flächenschutz. Zwar hätten CSU und Freie Wähler in ihrem Koalitionsvertrag das Ziel formuliert, den Flächenfraß auf fünf Hektar pro Tag zu begrenzen. „Tatsächlich ist nichts passiert“, sagte Geilhufe.
Die Hoffnungen des BN ruhen auf einem Umdenken der Bürgerinnen und Bürger. So hätten durch Bürgerentscheide Straßenbauprojekte verhindert und Windkraftanlagen realisiert werden können. Gleichzeitig habe man bei der Vorstellung der Studie „Zukunftsfähiges Bayern“ Einigkeit mit IG Metall und der Vereinigung der bayerischen Wirtschaft demonstriert, dass der sozial-ökologische Umbau der Wirtschaft dringend notwendig sei.