Markus Söder und Ludwig Hartmann scheinen bester Laune, als sie am Einheitsfeiertag bei strömendem Regen im Nürnberger Studio des Bayerischen Rundfunks eintreffen. CSU-Parteichef Markus Söder wird von einer kleinen Schar jubelnder Parteifreunde begrüßt, als seine Limousine auf das Gelände rollt. Hartmann kommt - standesgemäß für einen Grünen - mit Bahn und Taxi.
60 Minuten "Konfrontation" stehen an, wie der Titel der Wahlsendung des Bayerischen Rundfunks verspricht, das zweite Rededuell zwischen Söder und Hartmann nach dem Debüt 2018. Und das vierte insgesamt, nachdem sich 2008 bereits Günther Beckstein (CSU) und Franz Maget (SPD) sowie 2013 Horst Seehofer (CSU) und Christian Ude (SPD) duelliert hatten.
Ludwig Hartmann (Grüne) und Markus Söder (CSU) im TV-Duell zur Landtagswahl in Bayern
Hartmann versucht von Beginn an, Söder bei Anstand und Ehre zu packen - nutzt aber auch viele Gelegenheiten, um inhaltliche Gemeinsamkeiten zwischen CSU und Grünen aufzuzeigen. "Regieren, da kommt es aufs Machen an, nicht aufs Niedermachen", sagte der Grünen-Fraktionschef. Söders CSU trage mit Aussagen jenseits der Fakten dazu bei, dass die politische Stimmung auch im Freistaat verrohe, so Hartmann. "Ich frage mich, ob Sie das selbst noch glauben, was Sie sagen."
Die Bundespolitik steht zunächst (etwas zu sehr) im Fokus: Gemeinsam Erfolge zu feiern statt auf die Ampel-Politik einzuhacken hätte nach Hartmanns Auffassung auch gegen die Rechtspopulisten im Land geholfen. Auch damit will Hartmann, dessen Grüne noch immer eine Koalition mit Söders CSU anstreben, die Gemeinsamkeiten betonen, die eine schwarz-grüne Regierung tragen könnten.
Doch Söder lässt sich darauf nicht ein. Die Kritik am politischen Stil reicht er postwendend an die AfD weiter. Und von Gemeinsamkeiten will der Ministerpräsident, der unbedingt mit Hubert Aiwangers Freien Wählern weiterregieren will und eine Koalition mit den Grünen auch am Dienstag noch einmal kategorisch ausschließt, bloß nichts wissen. Mehr noch: Mit Verweis auf die Ampel-Regierung im Bund spricht Söder den Grünen gar jede Regierungsfähigkeit ab.
CSU-Spitzenkandidat Söder pocht auf Themen wie Wohnungs- oder Steuerpolitik
Mit betont selbstbewusster Mine weist Söder Hartmann im Verlauf der Sendung immer wieder zurecht. Bei Themen wie Wohnungspolitik oder in der Steuerpolitik gab Söder den informierten Regierungschef und versuchte, seinen Herausforderer mit Sachkenntnis zu kontern.
Hartmann hat seinerseits aber auch Fakten parat, um Söders Arbeit als Regierungschef zu kritisieren: Bei der Erdwärme seien im Haushalt nur zehn Millionen Euro eingestellt. "Das reicht ja nicht einmal für eine Bohrung", wetterte der Grüne. "Wir wollen aber auch nicht das ganze Land aufbohren", kontert Söder.
Hartmann forderte eine bessere Registrierung von Migranten bereits an den EU-Außengrenzen. Ein Anteil von derzeit 70 Prozent an nicht registrierten Flüchtlingen in Deutschland seien zu viel. Außerdem will er eine schnellere Integration in den deutschen Arbeitsmarkt, wo massiv Personal fehlt. "Da wird aus dem Geflüchteten ein Arbeitskollege und ein Steuerzahler", sagte Hartmann. Es müsse ganz klar sein: "Wer hier ist, der muss auch eine Leistung erbringen."
Söder wiederholte beim Reizthema Migration seine Forderung nach einer Integrationsgrenze für Flüchtlinge sowie einer Stärkung des Grenzschutzes, um gegen Schleuserkriminalität vorgehen zu können. Die Bundesregierung habe zu wenig getan, etwa bei der Frage von Verträgen mit Transit- und Herkunftsländern. Söder tritt auch für einen Stopp von Sonderaufnahmeprogrammen auf, etwa für Menschen aus Afghanistan.
TV-Duell zwischen Söder und Hartmann bleibt 70 Minuten lang weitgehend sachlich
Die beiden Kontrahenten hatten in der 70-minütigen Sendung die gleiche Redezeit - und blieben trotz der inhaltlichen Angriffe weitgehend sachlich. Die Fragen der Moderatoren Christian Nitsche und Julia Büchler hatte der BR nicht kommuniziert. Söder und Hartmann wussten lediglich, dass es um Themen gehen soll, die auch im vergangenen BayernTrend, der Wahlumfrage der ARD, eine Rolle gespielt hatten. Als die Moderatoren baten, einen Schwung Fragen mit Ja oder Nein zu beantworten, brachen beide aus dem Konzept aus. Teils machten die Fragen dies aber auch notwendig - etwa weil Hartmann die Zukunft der Rente ab 70 vorhersagen sollte.
Es war die achte von neun großen Wahlsendungen des Bayerischen Rundfunks zur Landtagswahl. Am Mittwoch stand noch eine "Konfrontation" mit Vertretern weiterer Parteien an - eine durchaus heikle Frage auch für die Rundfunkanstalt. Die Grünen wurden als Kontrahent für Söder ausgesucht, weil sie im Durchschnitt der vier BayernTrend-Umfragen die Nase vor den anderen Oppositionsparteien vorn hatten und außerdem in der abgelaufenen Legislatur die größte Oppositionsfraktion stellten, wie es vom BR hieß.
Aus Sicht der Anhänger von Söder und Hartmann war das Ergebnis des TV-Duells übrigens sehr vorhersehbar: Jeder wertete den eigenen Spitzenkandidaten als klaren Sieger.
(Von Michael Donhauser, Christoph Trost und Marco Hadem, dpa)