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München, Augsburg, Gundremmingen, Meitingen, Trennfeld
Kommt die Stromautobahn nach Schwaben?
Früher kämpfte Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger gegen große Stromtrassen. Jetzt fordert er selbst eine weitere für den Freistaat. Es gibt schon Planspiele, wo sie verlaufen könnte.
Windpark an der Nordsee.jpeg       -  Eine dritte 'Stromautobahn' für Windenergie aus dem Norden fordert nun Bayerns Wirtschaftsminister Aiwanger.
Foto: Ingo Wagner, dpa | Eine dritte "Stromautobahn" für Windenergie aus dem Norden fordert nun Bayerns Wirtschaftsminister Aiwanger.
Christoph Frey
 |  aktualisiert: 11.03.2024 09:21 Uhr

Mehr Strom für Schwaben fordert die Staatsregierung. Sie ist bereit, dem Bau neuer Stromleitungen zuzustimmen. So steht es in einem Schreiben von Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler). Offen ist, ob das den Bau einer "Stromautobahn" nach Bayerisch-Schwaben nötig macht, wie er vor zehn Jahren nach heftigem Widerstand in der Bevölkerung schon einmal verworfen worden war. An der Spitze des Widerstands standen damals die Freien Wähler mit Aiwanger.

In diesem Jahr sollen die Trassenvorschläge für die neuen Leitungen, die Strom aus den Windkraftwerken im Norden der Republik in den Süden transportieren sollen, bekannt gemacht werden. 2028 soll Baubeginn sein, 2037 sollen die Hunderte Kilometer langen Stromautobahnen in Betrieb gehen, zwei davon sollen nach Bayern führen. Doch Mitte November und damit eigentlich zu spät im Verfahren hat Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) Nachbesserungen gefordert. 

Endet die neue Stromautobahn in Gundremmingen?

In einem Schreiben an die Bundesnetzagentur kritisiert er deren Netzentwicklungsplan als mangelhaft. Zwei Leitungen des Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragungsnetzes (HGÜ) nach Bayern seien zu wenig. Das, so Aiwanger wörtlich, "Ungleichgewicht zulasten Bayerns" müsse "durch zusätzliche HGÜ-Übertragungsleistung, insbesondere in den Raum Bayerisch-Schwaben, beseitigt werden". In dem Brief wird deshalb eine Neuberechnung des Ausbauplans gefordert. Weiter schreibt Aiwanger: "Sollte sich aus der Neuberechnung ein zusätzlicher Netzausbaubedarf für Bayern ergeben, kann dem nach Prüfung der Staatsregierung zugestimmt werden." 

Doch bedeutet das auch zwingend eine Stromautobahn nach Schwaben? Der Energiepolitiker Martin Stümpfig (Grüne) schließt aus dieser Passage, dass es diese Überlegungen im Münchner Wirtschaftsministerium gibt. Danach könnte eine 200 Kilometer lange Trasse über Unter- und Mittelfranken nach Gundremmingen im Kreis Günzburg führen. "Eine Irrsinnsidee", schimpft Stümpfig.

Auf Anfrage unserer Redaktion betonte das Wirtschaftsministerium, es sei noch offen, wo eine mögliche dritte HGÜ-Leitung endet. Gesucht werde der "technoökonomisch günstigste Verknüpfungspunkt". Angebunden werden sollten industrielle Zentren mit hohem Verbrauch. Schwaben sei nicht die erste Wahl der Bundesnetzagentur. Lieber wolle man eine für Baden-Württemberg gedachte HGÜ-Leitung in Unterfranken enden lassen. 

Der sogenannte Südwestlink wird zwischen Aschaffenburg und Würzburg über bayerisches Gebiet führen. Nun könnte ein Strang der Leitung auch in Bayern enden. Dieser Vorschlag des Übertragungsnetzbetreibers Tennet sieht laut Stümpfig eine Abzweigung nach Trennfeld in Unterfranken vor. Dort könnte die Gleichstromleitung an eine 380 kV-Wechselstromleitung andocken. Ob das machbar ist, müsse geprüft werden. Gleichzeitig rechnet er mit der Energiepolitik der CSU/FW-Koalition ab: "Wirtschaftsminister Aiwanger war noch letztes Jahr massiv gegen jeden Neubau einer großen Stromleitung in Bayern und die CSU hat jahrelang blockiert bei dem Thema." Jetzt müsse der Freistaat um Energie betteln.

Hubert Aiwanger verteidigt sich gegen die Kritik

Aiwangers Wirtschaftsministerium sagt dagegen, der Minister habe sich bei der Stromversorgung im Süden immer für mehr Gaskraftwerke, auch auf Wasserstoffbasis, eingesetzt, die mit aus Windstrom erzeugtem Gas betrieben werden könnten. Dieses könnte durch bestehende Gaspipelines nach Bayern fließen. Auch diese Pläne werden laut Ministerium mittlerweile verfolgt.

Diese Argumentation überzeugt den CSU-Wirtschaftspolitiker Hansjörg Durz nicht. "Man hätte schon früher erkennen können, dass wir mehr Strom benötigen", sagt der Bundestagsabgeordnete aus dem Kreis Augsburg. Durz hatte vor zehn Jahren die Debatten um die Stromautobahnen hautnah miterlebt, eines der damals gescheiterten Projekte sollte in Meitingen bei Augsburg enden. Aiwangers Vorstoß vom November kommentiert Durz süffisant: "Gut finde ich, dass sich der bayerische Wirtschaftsminister gelegentlich auch um Wirtschaftsthemen kümmert."

CSU-Politiker kritisiert bayerischen Wirtschaftsminister

Bei der Vereinigung der bayerischen Wirtschaft (vbw) begrüßt man die Möglichkeit einer dritten Stromtrasse. Bayern werde auch in Zukunft auf Stromimporte angewiesen sein. Vor allem aber fordert Hauptgeschäftsführer Bertram Brossardt Tempo: "Wichtig ist, dass die bereits vorliegenden Pläne zum Ausbau des Stromnetzes nun ohne weitere Verzögerung umgesetzt werden." Wenn es um die Genehmigung und den Bau von Stromleitungen gehe, müssten Einzelinteressen manchmal zurückstehen.

An Tempo fehlt es allerdings auch am anderen Ende der Stromautobahnen. Wie der Bundesverband Windenergie mitteilte, wurden im vergangenen Jahr in Deutschland knapp 750 Windenergieanlagen an Land errichtet. Trotzdem bleibe der Ausbau hinter den politischen Zielen zurück.

 
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