Ein Gespräch mit Monika Hohlmeier über ihren Vater ist launig, sie lacht viel. Wenn es aber um die Vorwürfe gegen Franz Josef Strauß geht, versteht sie keinen Spaß.
Monika Hohlmeier: Geburtstage meines Vaters waren besondere Tage, weil es Familientage waren. Zwar kamen Freunde aus allen Himmelsrichtungen. Aber egal, wie groß oder klein die Feier war, die ganze Familie war beisammen. Entweder in unserem Haus in Frankreich oder bei uns zu Hause in Rottach-Egern.
Hohlmeier: Ja, das war zwei Stunden vor seinem Tod. Ein Telefongespräch. Er war auf dem Weg zum Flughafen, er wollte zum Fürsten Johannes von Thurn und Taxis, mit dem er zur Jagd verabredet war. Er erzählte, dass er entsetzlich müde sei und eigentlich gar nicht fliegen wolle. Ich habe gesagt, er soll es bleiben lassen, aber er meinte, er habe es dem Fürsten versprochen. Wir haben in den Wochen vorher schon gemerkt, dass er müde war und in sich versunken, was untypisch war. Vielleicht hat der dramatische Sturzflug über Bulgarien, der durch einen Druckabfall in der Maschine notwendig geworden war, seine Herzgefäße zu sehr angegriffen.
Hohlmeier: Ich habe den Eindruck, dass die Seriösen ihm mit Respekt begegnen. Es gibt auch Einzelne, die ihn glorifizieren, aber damit hatte er es selber nicht. Die Verunglimpfungen kommen daher, dass einige nicht verwinden können, dass er in vielem sehr Recht behalten hat, angefangen bei der sozialen Marktwirtschaft über die Wiederindustrialisierung Deutschlands bis hin zur deutschen Einheit. Da sind nach dem Tod meines Vaters einige seiner Feinde sehr mutig geworden, was ich als sehr unseriös und unfair ansehe. Und ich finde es problematisch, wenn man Menschen, noch dazu posthum, mit Unwahrheiten und Verleumdungen verunglimpft . . .
Hohlmeier: Ich glaube, nachdem die Linke Franz Josef Strauß politisch mit normaler Opposition nicht Herr wurde, hat man es anders versucht. Vieles war aufgebauscht, vieles politisch inszeniert und einiges sogar frei erfunden. Es ist ja hochinteressant, dass etwa „Der Spiegel“ inzwischen zugibt, dass es nicht mein Vater war, der das Verfahren gegen den „Spiegel“ in Gang gesetzt hat.
Das war der Generalbundesanwalt. Das Verteidigungsministerium kam erst viel später dazu, mein Vater war damals sogar in Ferien.
Hohlmeier: Er wusste um die Komplikationen, wenn die kleinere Partei den Kanzler stellt. Deshalb hat er auch gesagt, lieber Ananas züchten in Alaska, als Bundeskanzler in Deutschland. Aber ihn hätte dieses Amt sehr gereizt. Er hat 44,5 Prozent geholt, aber die FDP sprang damals nicht. Dennoch hat er auch ohne dieses Amt vieles durchgesetzt. Etwa den Aufbau einer europäischen Flugzeugindustrie. Viele hielten das für unmöglich, heute gibt es Airbus.
Hohlmeier: Er hatte ein barockes Temperament. Das hat neben seiner Intelligenz, Rhetorik und breiten Bildung dazu beigetragen, dass er Zutrauen zu sich selbst hatte. Aber er hatte auch viele um sich herum, die er um Rat fragte. Wilfried Scharnagl, Edmund Stoiber, Theo Waigel, Otto Wiesheu, Peter Gauweiler und andere. Er war eher ein Teamplayer.
Hohlmeier: Was ihn wirklich beunruhigen würde, wäre das Auseinanderdriften Europas und die Unfähigkeit der EU, mit den großen Themen umzugehen. Das sieht man an der aktuellen Flüchtlingsdebatte. Mein Vater war ein großer Anhänger der europäischen Integration. Sorge würden ihm auch die politischen Extreme bereiten. Und zwar von links und von rechts. Dagegen würde Franz Josef Strauß erbittert vorgehen. Das habe ich von ihm geerbt.
Hohlmeier: Mich beunruhigt es auch, dass wir mittlerweile im Europaparlament 30 Prozent radikale Parteien haben. Und was die europäische Integration angeht, habe ich auch Sorge. Wir müssen wieder dahin kommen, dass sich die 28 Mitgliedsstaaten nicht als 28 aneinandergereihte Profiteure betrachten, sondern als 28 Nationen, die in allen wichtigen Fragen auf der Welt nichts zu sagen haben, wenn sie nicht zusammenhalten. Dieser Gedanke steckt in mir. Die Koordinaten meines Vaters spielen sicher eine Rolle.
Hohlmeier: Ich bin von meinem Vater und meiner Mutter geprägt. Aber so etwas entdeckt man nicht an sich selbst. Das passiert mir eher bei meinen Brüdern oder bei deren Kindern. Unsere Eltern haben uns aber mitgegeben, nie eine andere Persönlichkeit nachzuahmen, sondern wir selbst zu sein.
Hohlmeier: Sein Vater war Mittelfranke und mein Vater sehr gerne in Franken. Er hat aus Franken immer Bratwürste mitgebracht und Frankenwein hat er für sein Leben gern getrunken. Für ihn bestand Bayern aus allen seinen Teilen.
Hohlmeier: Nein. Natürlich gab es mal einen Spruch. Aber unsere Erziehung hat im Schwerpunkt unsere Mutter übernommen. Unser Vater hat sich allerdings immer hinter uns gestellt, hat fast nie an uns herumgekrittelt. Einmal habe ich für einen Aufsatz über Atomkraft eine Vier minus bekommen – mein Lehrer war anderer Meinung als ich.
Mein Vater hat mich gelobt, dass ich trotzdem meine Meinung geschrieben habe. Ein anderes Mal hatte ich mir eine schauerliche Dauerwelle machen lassen. Meine Mutter fand das ganz furchtbar, mein Vater hat das mit stoisch-bayerischer Gelassenheit zur Kenntnis genommen.
Hohlmeier: Ich habe den Tod meiner Eltern gut verarbeitet. Heute bin ich dankbar dafür, dass ich eine gute Kindheit hatte – obwohl wir unter Bedrohung von RAF-Terrorismus standen und mein Vater politischen Angriffen ausgesetzt war. Meine Mutter hat da sehr ausgleichend gewirkt. Mein Vater hat den großen politischen Druck, der auf ihm lag nie an uns ausgelassen: Er konnte sich fürchterlich mit Helmut Kohl gestritten haben und kam danach zum Mittagessen und war völlig aufgeräumt.
Hohlmeier: Wir hatten ein gutes Verhältnis zu unseren Eltern. Sie haben uns immer Kinder sein lassen. Familie war meinem Vater wichtig, zum Beispiel waren die Ferien immer für die Kinder reserviert. Einmal war er in den Weihnachtsferien beim König von Marokko eingeladen. Was hat er gemacht? Er hat uns einfach alle mitgenommen.
Hohlmeier: Es ist eine andere Zeit und er würde sich heute wohl anders verhalten als in den 50er oder 60er Jahren. Wenn Sie Bundestagsprotokolle von damals lesen – da würden aus heutiger Sicht viele Aussagen, egal welcher Partei, den Tatbestand der Beleidigung erfüllen. Er würde sich an der „political correctness“ etwas stoßen und wäre ein Anhänger der klaren Aussprache. Vielleicht fehlt das heute wirklich manchmal.
Hohlmeier: Über Favoriten rede ich bei dem Thema nicht. Über Kandidaten reden wir, wenn der Ministerpräsident sein Amt zurückgegeben hat. Ich halte die ganzen Debatten und das Schaulaufen angesichts der aktuellen politischen Probleme für inadäquat.
Hohlmeier: Ich habe ihm nichts Materielles geschenkt. Wir haben vereinbart, dass er an Weihnachten eine richtige Pause einlegt und wir miteinander wegfahren. Irgendwohin, wo ihn möglichst wenige Leute kennen. Das hat leider nicht mehr stattgefunden: Nach seinen letzten Weihnachten 1987 war er bei Gorbatschow. Ich hätte ihm gewünscht, dass er die deutsche Wiedervereinigung noch miterlebt hätte.
Monika Hohlmeier
Die 53-Jährige Europaabgeordnete Monika Hohlmeier ist das dritte und jüngste Kind des einstigen bayerischen Ministerpräsidenten Franz Josef Strauß. Nach dem Tod ihrer Mutter begleitete sie Strauß auf viele Termine, später ging sie selbst in die Politik: Von 1993 bis 2003 war sie stellvertretende CSU-Vorsitzende, zwischen 1998 und 2005 bayerische Kultusministerin.
Danach verschlug es sie von München ins oberfränkische Bad Staffelstein. Seit 2009 sitzt sie für Oberfranken im Europaparlament. Text: ben/foto: Röder
Lesen Sie mal. Und überlegen Sie (mal bitte) ob ihre Kommentare zu FJS
wirklich angebracht sind. Danke. Mit freundlichen GRüßen
Aber so fühle ich mich auf die Wahrheit verpflichtet.