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BAMBERG
Stationen eines Priesterlebens
Bamberger Priester Stefan Hartmann       -  Stefan Hartmann, hier auf einem Archivbild von Januar 2014 in der Kirche in Oberhaid bei Bamberg.
Foto: David Ebener, dpa | Stefan Hartmann, hier auf einem Archivbild von Januar 2014 in der Kirche in Oberhaid bei Bamberg.
Von unserem Mitarbeiter Rudolf Görtler
 |  aktualisiert: 12.09.2016 03:45 Uhr

Weitgehend hält sich Stefan Hartmann an die selbst gegebene Inhaltsangabe seiner Autobiografie „33 Jahre Kleriker“: „Es sind öffentliche Bekenntnisse (Confessiones), aber keine öffentliche Beichte.“ Und das ist, mit Bezug auf die berühmten „Confessiones“ des Kirchenlehrers Augustinus, gut so. Denn wesentlich mehr als der – seit Januar dieses Jahres ehemalige – Priester bereits öffentlich bekannt hat, steht in dem selbst verlegten Band nicht.

Vielen schien Hartmanns Drang zur Öffentlichkeit zu indezent, zu aufdringlich. In „33 Jahre Kleriker“ gibt der Autor, der gleich zu Beginn eine Schwäche seines Buchs nennt („Überschneidungen und Wiederholungen“), noch einmal einen Abriss seines öffentlichen Wirkens, das naturgemäß von nicht immer seriösen Medien skandalisiert wurde. Also nennt er die Stationen seines Wegs vom Bekenntnis zu seiner Tochter im Dezember 2008 über eine Talkshow im Südwestrundfunk 2014 bis hin zum weitgehend öffentlich ausgetragenen Zwist mit dem Erzbistum Bamberg wegen des Zölibats und seines Kampfs dagegen.

Keine Doppelmoral

Denn dieses „Selbstmordattentat gegen die eigene Natur“, wie es im Buch mehrfach heißt, ist das zentrale Thema seiner Aufzeichnungen. Wie man weiß, hat der Autor diese Attentate überlebt und ist eine Partnerschaft mit einer Frau eingegangen. Man wird ihm zugutehalten müssen, dass er dazu stand und nicht wie so viele andere heimlichtuerischer Doppelmoral huldigte. Konsequenterweise suspendierte ihn die Kirche von seinen Ämtern. Seine vielleicht etwas blauäugige Hoffnung auf kirchliche Weiterbeschäftigung im nichtpriesterlichen Dienst erfüllte sich nicht.

In dem autobiografischen Abriss gibt es neben den skizzierten Passagen auch viele zur theologisch-spirituellen Entwicklung des Verfassers, der 1954 in Oberhausen geboren wurde. Das ist für den mit den ideologischen Verästelungen im Riesenapparat katholische Kirche nicht so Vertrauten eine oft mühselige und ermüdende Lektüre.

Am meisten überrascht der Wandel von einem einigermaßen „normalen“ jungen Menschen der Post-68er-Generation um 1970 mit Freundinnen, mit Faible für Rock und Jazz, zu einem stockkonservativen Verehrer des polnischen Papstes Karol Wojtyla mit einem „romantisch-apokalyptischen Zug“, mit einer „intensiven Marienverehrung“, die zu einem konservativ-marianischen Katholizismus führten.

Hartmann schlug durchaus den Weg eines „Karrierepriesters“ ein, wie es im Text einmal heißt. Dieser Weg brachte ihn in Kontakt mit bedeutenden Theologen wie Hans Urs von Balthasar, mit Glaubensgemeinschaften wie der Schönstatt-Bewegung, der Piusbruderschaft oder der Johannesgemeinschaft. Ein auch intellektuell durchaus erfülltes Leben mit vielen eigenen Publikationen, das wohl in der Zeit als Studierendenpfarrer in Wien kulminierte. Der „Fall Groër“, der Missbrauchsskandal um einen österreichischen Kardinal, sowie „Undurchsichtigkeiten und Irritationen“ führten zum Abgang aus der Großstadt und zum Wirken als Dorfpfarrer im Frankenwald und im oberfränkischen Oberhaid, Kreis Bamberg, seiner letzten Station als Priester.

Ausführlich schildert Hartmann Jahre des Zweifels, der Auseinandersetzung insbesondere mit dem Zölibat. Wobei sich der Leser natürlich fragt, warum diese Zweifel erst im gesetzteren Alter auftraten.

Stefan Hartmanns Aufzeichnungen sind gewiss von großem Interesse für Menschen in ähnlicher Lage, für Insider der katholischen Welt auch. Alle anderen werden sich in der Einschätzung bestätigt fühlen, dass Religion Probleme schafft, die man ohne Religion nicht hätte.

Stefan Hartmann: 33 Jahre Kleriker. Entwicklungen, Brüche und Bilanzen. 166 Seiten, Bamberg 2016.

 
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Kommentare
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  • chopin26
    Etwas dümmlicher Beitrag. Durfte da der Praktikant ran????
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  • Lebenhan1965
    Und die alten Männer an deren Spitze werden die Folgen des Zwangszoelibat erst kapieren, wenn es zu spät ist.Leider!
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