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MÜNCHEN
Spaenle kündigt „politischen Kassensturz“ an
Deutsche Depeschenagentur
 |  aktualisiert: 23.10.2013 18:53 Uhr

Die bayerischen Universitäten warnen vor einem Absturz ins wissenschaftliche Mittelmaß und fordern Milliardeninvestitionen. Nun reagiert Wissenschaftsminister Spaenle.

Schul- und Wissenschaftsminister Ludwig Spaenle kündigt einen „politischen Kassensturz“ in seinem Haus an. Damit will der CSU-Politiker klären, wo es im Bildungsbereich Nachbesserungsbedarf gibt. Spaenle will zudem das Gespräch mit den bayerischen Uni-Präsidenten suchen, die vor einem wachsenden Rückstand der bayerischen Hochschulen zur internationalen Spitze warnen und Milliardeninvestitionen fordern.

„Ich habe für alle Bereiche des großen Hauses, nämlich für die Bildung von der Grundschule bis zur Universität, eine Status quo-Analyse angeordnet – wir machen einen politischen Kassensturz“, sagte Spaenle der Nachrichtenagentur dpa. „Anschließend werden wir die Bereiche benennen, in denen wir uns noch stärker anstrengen müssen.“

Ministerpräsident Horst Seehofer hatte Schul- und Wissenschaftsministerium bei der Regierungsbildung zusammengelegt und Spaenle die Verantwortung für das neue Großministerium übertragen. Die Forderungen der Unipräsidenten seien für ihn eine Gesprächsgrundlage, sagte Spaenle. „Was mich wundert, ist eine gewisse Verzagtheit im Gesamtduktus des Papiers.“ Die Hochschulpräsidenten hatten vergangene Woche beklagt, Bayern sei bereits hinter Baden-Württemberg zurückgefallen, und der Abstand zu den führenden Forschungsregionen der Welt in den USA, China, Japan und Großbritannien werde größer.

„Was die Universitäten betrifft, so trägt der Vergleich des deutschen mit dem US-Hochschulsystem nur sehr bedingt“, sagte Spaenle dazu. „Bei uns stehen erhebliche Mittel für die außeruniversitäre Forschung zur Verfügung, die in den USA in die Universitäten integriert ist.“

Im europäischen Vergleich liege die Münchner Ludwig-Maximilians-Universität unter den ersten zehn, und in Deutschland seien die bayerischen Universitäten vorn bei der Vergabe von Sonderforschungsbereichen der Deutschen Forschungsgemeinschaft DFG. „Wir haben auch ein sehr gutes Betreuungsverhältnis an den Universitäten, es ist auch besser als das in Baden-Württemberg: Bei uns kommt ein Dozent auf gut 15 Studierende.“

Nachholbedarf räumt Spaenle beim Etat für die Hochschulbauten ein. Die Unipräsidenten hatten eine Verdreifachung des jährlichen Budgets für den Bauunterhalt gefordert. „Bei den Hochschulgebäuden in Bayern geht es um insgesamt drei Millionen Quadratmeter Fläche“, sagte Spaenle dazu. „Dazu haben wir ein Programm von vier Milliarden Euro aus der Amtszeit von Thomas Goppel, in dessen Rahmen wir 400 Millionen Euro pro Jahr für Baumaßnahmen und Erhalt ausgeben können. Da müssen wir sehen, ob wir etwas bewegen können“, sagte der Minister. „Ob das schon im Nachtragshaushalt für 2014 oder im nächsten Doppelhaushalt 2015/2016 sein wird, kann ich jetzt noch nicht sagen.“

Kampf gegen das Mittelmaß – Bayerns Universitäten in Sorge

Bayerns Universitäten haben einen donnernden Weckruf an die Staatsregierung verschickt – in Form eines bescheidenen „Positionspapiers“, das sie Mitte Oktober an die Medien verschickten. Der Inhalt hat es in sich: Die Präsidenten machen darauf aufmerksam, dass die Lage an den Unis keineswegs so exzellent ist, wie die Staatsregierung behauptet. Die Professoren warnen davor, dass der Rückstand zu den führenden Forschungsregionen der Welt noch größer werden könnte als er bereits ist. „Die Universitäten erwarten jetzt einen großen Wurf“, heißt es in dem Papier. Der Rückstand ist insbesondere ein finanzieller, auch wenn die Professoren auf einen für Bayern peinlichen Vergleich mit ausländischen Spitzenuniversitäten verzichtet haben. Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache. Bayerns größte und international bekannteste Hochschule ist die Ludwig-Maximilians-Universität in München. Der Etat: eine knappe halbe Milliarde Euro im Jahr für knapp 50 000 Studenten. Die US-Hochschule Harvard hat 21 000 Studenten, aber einen fünfmal so hohen Etat: umgerechnet 2,7 Milliarden Euro für eine einzige Uni. Die bayerische Mangelfinanzierung wird aber keineswegs nur beim Blick auf die USA deutlich: Allein der Vergleich der heutigen bayerischen Bildungsausgaben mit den 1970er-Jahren zeigt, wie sehr sich die Lage verschlechtert hat: 1973 gab die Staatsregierung 35 Prozent ihres Etats von damals 18 Milliarden D-Mark für Schulen und Hochschulen aus – geringfügig mehr als heute. „Nachdem Bayern in der jüngsten Vergangenheit bereits hinter Baden-Württemberg zurückgefallen ist, vergrößert sich der Abstand zu den maßgeblichen Forschungsregionen der Welt“, schreiben die Unipräsidenten. Sogar junge Hochschulen wie die 1991 gegründete Technische Universität in Hongkong stünden heute in der Leistungskraft vor den besten deutschen Universitäten. Text: dpa

 
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