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MÜNCHEN
Söders Schuldenplan mit vielen Unbekannten
Von unserem Korrespondenten Henry Stern
 |  aktualisiert: 06.03.2012 19:57 Uhr

Ein wenig angespannt wirkt Markus Söder schon, als er Dienstag früh vor die Presse tritt. Er hat sich ja auch eine Menge aufgeladen in den letzten Tagen: Erst wollte er ein Rauchverbot auch auf den Sonnendecks der staatlichen Ausflugsdampfer. Dann mit einer „Lex München“ der Landeshauptstadt die staatlichen Zuschüsse streichen – was selbst in der eigenen Partei auf massiven Widerspruch stößt. Und nun also ein durchgerechneter Finanzplan, der Horst Seehofers Schuldentilgungsvision bis 2030 Realität werden lassen soll.

„Wir haben keine Luftbuchungen gemacht“, beteuert der Finanzminister. Alles sei„sehr konservativ gerechnet“ und „ohne jedes Risiko, ohne jede Einschnitte“ zu bewältigen.

Die Rechnung selbst geht so: Rund 22,6 Milliarden Euro der Altschulden will der Freistaat bis 2030 aus eigener Kraft begleichen. Eine Milliarde Euro bereits in diesem Jahr. Und noch eine Milliarde 2013 oder 2014 – also vor oder nach der Landtagswahl.

Von 2015 bis 2020 soll dann jährlich ein Prozent der Steuereinnahmen in die Tilgung fließen, was inklusive Zinsersparnis 3,9 Milliarden Euro bringen soll. Ab 2020 muss dann ein reformierter Länderfinanzausgleich jährlich eine Milliarde in die Tilgung spülen, was bis 2030 noch einmal elf Milliarden Euro ergäbe. Die noch fehlenden 5,7 Milliarden Euro sollen aus eingesparten Zinsen kommen – derzeit zahlt der Freistaat jährlich rund 1,1 Milliarden Euro für seine Verbindlichkeiten.

Die zehn Milliarden Euro Altschulden aus der BayernLB-Rettung soll die Landesbank selbst aufbringen – und zwar laut Söder „aus Rückführungen, Gewinnen und dem Verkauf“ der Bank. Wie das gelingen kann bei einem Institut, das selbst in seinen besten Zeiten nicht viel mehr als sieben Milliarden Euro wert war, lässt der Minister wortreich offen: „Das ist eine generelle Frage des Banken-Marktes, keine Landesbank-Frage“, sagt er nur vage.

Bleibt noch die umstrittene Vorsorge für die stark steigenden Beamtenpensionen. Die dafür bereits angesparten 1,4 Milliarden Euro bleiben unangetastet, was sich die FDP als Erfolg auf die Fahnen schreibt: „Ohne uns wären Fonds und Rücklage dem Erdboden gleichgemacht worden“, sagt der FDP-Haushaltsexperte Karsten Klein, der für seine Partei auch gleich die Urheberschaft für die ganze Schuldentilgung reklamiert: „Wesentliche Kernelemente des Konzepts stammen von der FDP.“

Hundert Millionen Euro jährlich sollen künftig zusätzlich in die Altersvorsorge fließen. Ab 2023 kann dieses Geld laut Söder die Kostenexplosion bei den Pensionen bremsen. Und ab 2030 sollen die dann eingesparten Zinsen als „Pensionsmilliarde“ weitere Lücken schließen.

Was aber bis 2023 passieren soll, ließ Söder offen. Dabei steigt die Zahl der Versorgungsempfänger schon in den nächsten zehn Jahren um gut dreißig Prozent – was den Freistaat nach Berechnungen des Finanzministeriums jährlich gut 700 Millionen Euro extra kosten könnte. Eine Summe, die sich wohl kaum durch die nun massiv abgesenkte Fondszuführung decken lässt.

Zusammen mit den rund 400 Millionen Euro des abgezweigten Steuerprozents für die Tilgung könnte so schon bald eine Milliardenlücke im Haushalt entstehen. Von notwendigen Einsparungen will Söder dennoch nichts wissen. Und selbst wenn, sei dies nicht seine Sache: Darüber müsse der Landtag befinden.

Aussagen, die der Opposition die Zornesröte ins Gesicht treiben: Söder setze auf „absurde Tricks“, schimpft etwa der SPD-Haushaltsexperte Volkmar Halbleib: „In seiner Rechnung gibt es viele Unbekannte.“ Auch tilge der Minister nicht wirklich, sondern verschiebe die Schulden nur – auf die Kommunen oder in die Zukunft.

 
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