Als Horst Seehofer 2008 Ministerpräsident wurde, kündigte er an, die Regierungsbezirke als dritte Kommunale Ebene komplett abschaffen zu wollen: Überflüssig seien die Bezirke, nur ein zusätzlicher Bremsklotz im bayerischen Verwaltungsgetriebe. Doch aus den Plänen wurde nichts: Die deutschlandweit außergewöhnliche Verwaltungsstruktur mit der unter König Ludwig I. in den 1830er Jahren geschaffenen Bezirksebene erwies sich als äußerst widerstandsfähig gegen Reformen.
Seehofers Nachfolger Markus Söder will nun sogar in die entgegengesetzte Richtung marschieren – und aus den derzeit sieben bayerischen Regierungsbezirken gleich acht machen: Die Landeshauptstadt München soll aus Oberbayern ausgegliedert und ein eigenständiger Bezirk werden, kündigte der Regierungschef auf einer Klausurtagung der Landtags-CSU im Kloster Seeon an – welches sinnigerweise der Bezirk Oberbayern als Tagungszentrum betreibt.
Söder: München bindet zu viele Verwaltungs-Ressourcen des Bezirks Oberbayern
Söder begründete seinen "historischen Plan" mit dem ungebremsten Wachstum der Landeshauptstadt, die enorme Verwaltungs-Ressourcen des Bezirks Oberbayern binde. Man müsse deshalb überlegen, ob die aktuelle Verwaltungsstruktur noch zeitgemäß sei. Zuletzt war die Regierung von Oberbayern unter anderem mit Planungs-Ärger um die neue Münchner S-Bahn-Röhre, als verantwortliches Gremium für Luftreinhaltepläne und mögliche Fahrverbote in der Landeshauptstadt oder als Aufsichtsbehörde für den ÖPNV und die Sicherheit am Münchner Flughafen in die Schlagzeilen gekommen.
Söder verwies zudem darauf, dass München die drittgrößte Stadt in Deutschland ist und die beiden größeren, Berlin und Hamburg, sogar als Stadtstaaten regiert werden. Dies sei zwar kein Ziel für München. Auch gehe es nicht darum, den Einfluss der konservativen Staatsregierung auf das traditionell eher linke München auszuweiten. Ein eigener Regierungsbezirk München könne aber helfen, den speziellen Herausforderungen und dem "Metropolcharakter" der Landeshauptstadt besser gerecht zu werden, hofft der Ministerpräsident.
Zu unterscheiden ist dabei allerdings die Bezirksregierung, die direkt von der Staatsregierung eingesetzt wird und Teil der staatlichen Verwaltung ist, und der Bezirk als dritte kommunale Ebene neben den Kommunen und den Landkreisen. Während etwa der Regierungspräsident als Chef der Bezirksregierung von der Staatsregierung benannt wird, wählen die Bürger des jeweiligen Bezirks ihren Bezirkstag, der dann wiederum einen Bezirkstags-Präsidenten bestimmt.
Konkrete Pläne für Bezirksregierung, viele offene Fragen beim Bezirk
Im Bereich der Bezirksregierung hat Söder für München bereits konkrete Pläne: So soll die aktuelle Regierung von Oberbayern aufgespalten werden: Rund 600 Mitarbeiter blieben in der künftigen Bezirksregierung für München in der Landeshauptstadt, während je rund 500 Mitarbeiter der geschrumpften Regierung von Oberbayern nach Rosenheim und Ingolstadt umziehen sollen. Ingolstadts Oberbürgermeister Christian Lössl lobte die Pläne: Die neue Behörde könne viel "intensiver und bürgernäher" mit der Region zusammenarbeiten. Oberbayerns Regierungspräsidentin Maria Els wurde dagegen völlig überrascht.
Viele offene Fragen gibt es dagegen noch bei der geplanten Schaffung eines neuen Bezirks München: Kann eine einzige Kommune zugleich ein eigener Bezirk sein? Welche Rolle würde ein Münchner Bezirkstag neben dem Münchner Stadtrat spielen? Müsste dafür gar die Bayerische Verfassung geändert werden?
Solche und weitere Probleme soll laut Söder nun zunächst eine "Denkfabrik" unter Leitung von Innenminister Joachim Herrmann (CSU) und unter Beteiligung von Vertretern der Stadt, des Bezirks und der Bezirksregierung diskutieren. Als zeitliches Ziel für ein Ergebnis nannte Söder das Jahr 2025.
Kritik an Söders Plänen zur Verwaltungsreform wie zur Behörden-Verlagerung kam postwendend von den Grünen: "Ich habe den Eindruck, der Ministerpräsident will damit nur davon ablenken, dass er die wirklich wichtigen Fragen nicht anpackt", sagte Grünen-Fraktionschefin Katharina Schulze. Als Beispiele nannte Schulze die Wohnungsnot, den Klimawandel und die Mobilität im ländlichen Raum.