Die SPD hält viel von Tradition. Und so waren die Genossen auch zum „virtuellen“ Aschermittwoch nach Niederbayern gekommen – auch wenn der altehrwürdige Wolferstetter Keller in Vilshofen dank der SPD-Dekoration mit wild aufgestapelten Euro-Paletten eher nach Rumpelkeller aussah.
Am Ambiente dürfte es aber nicht gelegen haben, dass SPD-Vizekanzler Olaf Scholz mit der niederbayerischen Aschermittwochstradition fremdelte: Der Kanzlerkandidat schien nach einem nordisch-reservierten „Grüß Euch“ eher die Bausteine seiner Reden für den kommenden Wahlkampfsommer testen zu wollen. Auf deftige Attacken etwa auf CSU-Chef Markus Söder verzichtete er. Einzig, dass Söder die von ihm einst als „Bazooka“ bezeichneten Corona-Hilfen kürzlich zur „Steinschleuder ohne Stein“ degradiert hatte, bewegten ihn zur eher müden Replik, niemand hätte gedacht, dass Steinschleudern in Bayern „ein solches Ausmaß haben“.
Am Rande konnte man noch erfahren, dass Scholz auch mal in Freizeitkleidung an Video-Konferenzen teilnimmt, und sich trotz seiner Haarpracht auf die Öffnung der Friseurläden freut. Und dass er öfter lacht, „als die Menschen denken“.
Grünen-Chefin Annalena Baerbock verzichtete derweil auf die Fahrt in den Süden und meldete sich zum Politischen Aschermittwoch ihrer Partei per Videobotschaft aus Berlin.
Statt die politischen Gegner mit deftigen Sprüchen zu attackieren, kritisierte Baerbock in ernstem Tonfall: Dass man nur gemeinsam durch die Krise kommen müsse, gelte auch für die Bundesregierung. Stattdessen erlebe man, wie etwa der Wirtschaftsminister gegen den Finanzminister arbeite.
Die anderen Grünen-Redner zogen deutlich mehr vom Leder: Landtagsfraktionsvorsitzende Katharina Schulze verglich die Pandemie mit einer „sehr, sehr langen Autofahrt in Richtung normales Leben“. Markus Söder sei dabei der nervige Fahrer, der über alles bestimme und selbst dem Navis sage, wo es lang gehe – aber eigentlich für diese lange Fahrt nicht vorbereitet sei. Hubert Aiwanger sei der Beifahrer, der ständig bei der nächsten Ausfahrt rauswolle, um „Skilifte zu besuchen oder Schuhläden zu eröffnen“.
Wenig zimperlich mit der politischen Konkurrenz zeigte sich auch FDP-Chef Christian Lindner: Die Corona-Politik der Groko in Berlin sei ein „Offenbarungseid“ und erinnere an „Stubenarrest“. Und die Grünen übten auch noch „falsche Nachsicht“, weil sie auf einer „Schleimspur“ in die Regierung wollten. Dass Markus Söder in seinem Aschermittwochsbierkrug diesmal Cola-Light hatte, fand Lindner nur konsequent: „Das kommt dabei heraus, wenn ein evangelischer Franke Bayern erklären will“, stichelte er.
Die AfD fuhr schwere Geschütze gegen die Corona-Maßnahmen auf: „Wir wollen keine neuen Freiheiten, schon gar nicht noch von einer Ex-Kommunistin“, schimpfte der AfD-Landtagsabgeordnete Gerd Mannes offenbar in Anspielung auf Kanzlerin Angela Merkel (CDU).
Der Linke Bodo Ramelow lud Markus Söder nach Thüringen ein: Nach einem Ausflug durchs Höllental könne man in Jena vom Bahnhof „Paradies“ mit der Straßenbahn ins „Himmelreich“ fahren, lockte er: „Mehr kann ich als Linker der CSU nicht anbieten.“