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MÜNCHEN
Söder kippt Seehofers Skipiste im Allgäu
Henry Stern
 und  Uli Bachmeier
 |  aktualisiert: 20.04.2018 02:38 Uhr

Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hat das seit Jahren heftig umstrittene Liftprojekt am Riedberger Horn im Allgäu gestoppt und den Gemeinden Balderschwang und Obermaiselstein im Gegenzug umfangreiche staatliche Investitionen in andere Tourismusprojekte zugesagt. Damit setzt sich Söder schon wenige Wochen nach seiner Amtsübernahme erstmals von der Politik seines Vorgängers Horst Seehofer ab. „Unser Ziel war es, wieder Ruhe und Frieden am Riedberger Horn zu schaffen“, sagte Söder am Freitag in München.

Der Bund Naturschutz und der Landesbund für Vogelschutz kündigten derweil an, ihre Klagen gegen eine Änderung der Schutzzonen im bayerischen Alpenplan dennoch aufrechtzuerhalten. Die Änderung war erst im Februar vom Kabinett Seehofer beschlossen worden, um den Bau der Liftverbindung möglich zu machen.

So schnell kann sich die Stimmung ändern: Jahrelang hatten Allgäuer CSU-Kommunalpolitiker und Landtagsabgeordnete das heftig umstrittene Liftprojekt am Riedberger Horn gefordert. Doch als sie am Freitag in München in einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Söder (CSU) das vorläufige Aus für die Liftverbindung verkündeten, zeigten sie sich überraschend glücklich und zufrieden. Der Grund ist offensichtlich: Söder hat dem Oberallgäu als Kompensation für den Verzicht auf den Lift staatliche Investitionen im Umfang von 20 Millionen Euro zugesagt – unter anderem für ein „Zentrum Naturerlebnis Alpin“, für den Ausbau der Infrastruktur sowie der Förderung des Skisports in der Region.

Söder begründete den Stopp des Projekts für zunächst zehn Jahre mit dem anhaltenden politischen Streit und den drohenden jahrelangen gerichtlichen Auseinandersetzungen. „Wir ziehen heute einen Schlussstrich unter eine aufgeregte politische Debatte“, sagte Söder. Eine Rücknahme der Änderung des bayerischen Alpenplans, die vom Kabinett unter seinem Vorgänger Horst Seehofer erst im Februar beschlossen worden war, lehnte Söder allerdings ab. „Was beschlossen wurde, das bleibt so“, sagte Söder. Die Forderung, den Alpenplan jetzt erneut zu ändern, nannte er „echt albern“.

Die bayerischen Umweltverbände wollen an ihren Normenkontrollklage gegen die Änderung des bayerischen Alpenplans trotz Söders Kehrtwende festhalten: „Wir klagen ja nicht gegen den Bau einer Skischaukel, sondern gegen einen Frontalangriff auf den Alpenplan“, erklärte Norbert Schäffer vom Landesbund für Vogelschutz (LBV).

Die von der Seehofer-Regierung beschlossene Änderung habe eine willkürliche Rücknahme bestehender Alpenschutzzonen ermöglicht, „und das halten wir für rechtlich nicht zulässig“, so Schäffer: „Schutzgebiete können nicht nach Belieben hin- und hergeschoben werden.“

Der Landesbeauftragte des Bund Naturschutz Richard Mergner verwies auf die rechtliche Unverbindlichkeit von Söders Ankündigung: „Wir werden an der Klage festhalten, weil weiter ein Damoklesschwert über dem Riedberger Horn hängt.“

Mergner warnte Söder zudem eindringlich davor, den Naturschutz am Riedberger Horn mit dem erwarteten Aus für einen dritten Nationalpark in Bayern aufzurechnen. Dies wäre auch angesichts der Erwartungshaltung einer Mehrheit in der Bevölkerung in Bayern „ein gewaltiger Fehler“, glaubt Mergner.

Skischaukel

Die Verbindung zweier benachbarter Wintersportgebiete wird als Skischaukel bezeichnet. Die Ski- und Snowboardfahrer können dann nach Belieben von einer Pistenregion in die andere wechseln. Im Allgäu wollten die Gemeinden Balderschwang und Obermaiselstein ihre Lifte in der Nähe des Gipfels des Riedberger Horns mit einer neuen Kabinenbahn verbinden. Skischaukeln sind seit Jahren in Wintersportgebieten in Mode. Damit wollen sich die Tourismusorte in dem hart umkämpften Markt behaupten. Kritiker bemängeln, dass durch Skischaukeln kleinere Skigebiete keine Überlebenschancen mehr hätten. Gegen die Projekte gehen insbesondere Umweltschützer auf die Barrikaden, da neue Seilbahnen üblicherweise in noch nicht erschlossenen Naturgebieten gebaut werden. lby
 
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