Für den Eichstätter Bischof Gregor Maria Hanke ist es ein schwerer, ein wichtiger Termin: die Veröffentlichung der Bistumsbilanzen. Als eines der letzten legte das Bistum Eichstätt, das von einem Finanzskandal erschüttert wird, am Mittwoch seine Zahlen offen. Und will dem Skandal um dubiose US-Immobiliengeschäfte größtmögliche Transparenz entgegensetzen.
Hanke weiß, dass es nicht nur um seine eigene Glaubwürdigkeit geht, sondern auch um die der gesamten katholischen Kirche in Deutschland. Er begrüßt jeden Journalisten mit Handschlag, wirkt demütig. Dann fallen große Worte. Hanke spricht von einem „Meilenstein der Transparenzoffensive“, sein Generalvikar von einem „historischen Tag in der Geschichte des Bistums“. „Transparenz ist die Grundlage dafür, wieder Vertrauen zu gewinnen“, erklärt Bischof Hanke.
122 Millionen Kirchensteuer
Der neue Finanzdirektor Florian Bohn stellt das Zahlenwerk vor. Demnach beträgt allein die Bilanzsumme für den Rechtsträger Diözese Eichstätt rund 609 Millionen Euro. Wegen der guten Konjunktur kann die Diözese für 2017 insgesamt Einnahmen in Höhe von rund 183 Millionen Euro verbuchen. Mit rund 122 Millionen Euro sei – neben Zuschüssen und Spenden – die Kirchensteuer die wichtigste Einnahmequelle gewesen. Bohn resümiert: „Wir sind solide aufgestellt, haben aber auch Verpflichtungen.“ So rechnet das Bistum damit, dass ihm in den kommenden acht bis zehn Jahren wegen demografischer Entwicklungen 15 bis 20 Prozent seiner Kirchensteuereinnahmen wegbrechen könnten.
Die Präsentation der Zahlen steht ganz im Zeichen des im Februar vom Bistum selbst öffentlich gemachten Finanzskandals. Die Staatsanwaltschaft München II ermittelt gegen den früheren stellvertretenden Finanzdirektor des Bistums und einen seiner Geschäftspartner, einen „Projektentwickler im Immobilienbereich“, wegen des Verdachts auf Untreue, Bestechung und Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr. Beide wurden im Mai aus der U-Haft entlassen. Sie sollen durch fragwürdige Immobiliengeschäfte in den USA dem Bistum einen Schaden in zweistelliger Millionenhöhe zugefügt haben. Während das Bistum mit dem Schlimmsten rechnet, gehen die Ermittler nach wie vor von einem strafrechtlich relevanten Schaden in Höhe von mindestens einer Million US-Dollar aus, den mutmaßlichen Bestechungszahlungen. Bei Bekanntwerden des Skandals war zunächst noch von einem mutmaßlichen Schaden in Höhe von 60 Millionen US-Dollar die Rede gewesen. Die Ermittlungen laufen.
Wie Finanzdirektor Bohn am Mittwoch erläutert, belaufen sich die Finanzanlagen auf rund 344 Millionen Euro. Für diese regelten verschiedene Diözesangesetze eine „risikoarme, ethisch-nachhaltige Anlagestrategie, die im Einklang mit der katholischen Soziallehre steht“.
Doch wie war es früher? Der Anwalt des ehemaligen stellvertretenden Finanzdirektors, Ulrich Ziegert, kritisierte das Bistum am Mittwoch zum wiederholten Male vehement. So habe der Vermögensverwaltungsrat des Bistums im Mai 2009 – trotz anderslautender Angaben des Bistums – sehr wohl ein inflationsbereinigtes Renditeziel von jährlich acht bis zehn Prozent definiert. „Die Erzählung von der konservativen Anlagestrategie ist eine Legendenbildung. Wer eine Renditeerwartung von acht bis zehn Prozent nach Inflation protokolliert, dokumentiert seine Gier, nicht aber seine konservative Anlageorientierung“, sagt Ziegert im Gespräch mit dieser Redaktion.
Zwar seien diese Renditeziele noch im gleichen Jahr „der Realität“ angepasst worden und man habe eine Rendite von zwei bis drei Prozent über den drei- bis fünfjährigen deutschen Staatsanleihen beschlossen. Aber auch diese Anlagestrategie sei, so Ziegert, höchst risikoreich gewesen. Derartige Renditen könnten nur, „wie geschehen, über eine Beimischung riskanter Anlageformen erwirtschaftet werden“. Als weiteres Beispiel für die „extreme Risikobereitschaft“ des Bistums nennt Ziegert einen Verlust bei Schiffsbeteiligungen in Höhe mehrerer Millionen Euro. Das Bistum wollte sich am Mittwoch dazu nicht äußern.