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Augsburg, Dillingen
Die guten Zeiten sind verdampft: Shishabars stecken in der Krise
Jahrelang waren Shishabars ein beliebter Treffpunkt. Doch seit sich die Gesetzeslage für Wasserpfeifen-Tabak geändert hat, steckt die Branche in einer Dauerkrise.
Neue Vorschrift für Shisha-Tabak.jpeg       -  Die Kunden bleiben aus, und der Umsatz sinkt: Shishabars aus der Region machen dafür die Politik verantwortlich.
Foto: Jörg Carstensen, dpa | Die Kunden bleiben aus, und der Umsatz sinkt: Shishabars aus der Region machen dafür die Politik verantwortlich.
Hannah Greiner
 |  aktualisiert: 11.03.2024 09:02 Uhr

Letztes Jahr, erzählt Abdullah Kenno, da sei seine Shishabar abends rappelvoll gewesen. Mittlerweile sind die 50 Plätze der Livana Cocktail & Shisha Lounge in Dillingen nur noch spärlich besetzt – sogar am Wochenende. Gewinn macht Kenno nur noch mit Getränken. "Das war früher anders, da konnte man noch vom Shishaverkauf leben." Jetzt bleiben die Kunden aus, und für den Barbesitzer summieren sich die Kosten. 

Die Livana Lounge ist ein Sinnbild für die Abwärtsspirale, gegen die aktuell viele Shishabars ankämpfen. Jahrelang sprießten sie wie Pilze aus dem Boden – erst in Großstädten, dann auch auf dem Land. Wasserpfeifentabak ist auch für den privaten Gebrauch ab 18 Jahren problemlos erhältlich, etwa in Tabakshops oder im Internet.

Trotz gesundheitlicher Schäden etablierte sich Shisha in der Jugendkultur

Die Shisha gilt für einige Menschen immer noch als "gesündere" Alternative zu Zigaretten. Dr. Stefan Heindl, Vorsitzender des Berufsverbandes der Pneumologen in Bayern, widerspricht: Beim Shisharauchen werde Tabak verbrannt, durch den Schadstoffe in den Körper gelangen. Dies führe zur chronischen Entzündung und Verengung der Atemwege. "Dadurch kann eine chronisch obstruktive Atemwegserkrankung (COPD) mit einem Lungenemphysem, also einer Lungenblähung, entstehen." 

Trotz der gesundheitlichen Risiken hat sich das Shisharauchen in der deutschen Jugendkultur etabliert. Doch jetzt scheinen diese Zeiten vorbei zu sein. Der Bundesverband Wasserpfeifentabak befürchtet in diesem Jahr sogar eine Pleitewelle bei Bars. Einige Ladenschließungen hat es laut Geschäftsführer Folke Rega bereits gegeben. In den Augen des Branchenverbandes liegt die Ursache für die gegenwärtige Krise im Jahr 2022, als sich die Gesetzeslage für Shishatabak drastisch änderte.

Höhere Steuern und Mengenbegrenzung schwächen Shisha-Branche

Zuerst kam die Zusatzsteuer: Wasserpfeifentabak erhielt Anfang 2022 seine eigene Steuerkategorie und wird seitdem höher besteuert. Für ein Kilo Shishatabak werden aktuell 56 Euro Steuern fällig – zuvor waren es 26 Euro. Der Staat erhoffte sich dadurch, Steuerhinterziehung vorzubeugen und den Tabakkonsum zu reduzieren. Zudem rechnete das Bundesfinanzministerium mit zusätzlichen Steuereinnahmen von 155 Millionen Euro. Doch der Plan ging nach hinten los: Ein Blick auf die Steuerstatistik von Januar 2024 zeigt, dass der Staat vergangenes Jahr 41,2 Millionen Euro durch Wasserpfeifen-Tabaksteuern einnahm

Dann folgte die nächste Gesetzesänderung, ein strengeres Verpackungsgesetz: Shishatabak darf seit Mitte 2022 nur noch in Dosen verkauft werden, die maximal 25 Gramm wiegen. Diese Mengenbegrenzung bringe Shishabars in finanzielle Schwierigkeiten, erklärt Mehmet Erdogan. Der Besitzer der Panorama Hookah Lounge in Augsburg konnte vor der Gesetzesänderung für 20 Euro eine 200-Gramm-Packung Wasserpfeifentabak kaufen und damit 20 Shishas befüllen. Jetzt zahlt er für eine 20-Gramm-Dose vier Euro. Viele Shishabars hätten deshalb ihre Preise erhöht, erzählt Erdogan.

Shishaverband: Kunden wechseln zum Schwarzmarkt

Er selbst weigert sich, mehr Geld für seine Wasserpfeifen zu verlangen. Eine Runde Shisharauchen kostet bei ihm 14 Euro. Auch Abdullah Kenno aus Dillingen zieht bei 14 Euro die Grenze. "Meine Stammkunden sind überwiegend jung und haben kein Geld im Überfluss", erklärt er. Und obwohl Erdogan und Kenno die Preise nicht erhöhen, geht die Nachfrage in ihren Bars zurück.

Rauchen die jungen Leute also einfach weniger Shisha? Nein, sagte Shisha-Verbandschef Folke Rega zuletzt unserer Redaktion: "Wir wissen, dass der Shisha-Kohleabsatz in Deutschland stabil geblieben ist." Für eine funktionierende Shisha wird neben Tabak nämlich auch Kohle benötigt. Er sieht einen anderen Grund, warum die Bars immer leerer werden: Die Shishakultur verlagere sich von den Bars und die heimischen Wohnzimmer – mit Produkten vom Schwarzmarkt. Dieser biete billigere Preise und größere Mengen. 

Barbesitzer aus Dillingen: "Ich gebe meinen Traum nicht auf"

Die Generalzolldirektion teilt auf Anfrage mit, dass es kurz nach dem Inkrafttreten der Mengenbegrenzung mehr Aufgriffe von Wasserpfeifentabak in zu großen Verpackungen gegeben habe. Bei illegalem, also nicht versteuertem Shishatabak sei seit den Gesetzesänderungen "bisher kein Zuwachs und somit keine Verstärkung der Schwarzmarktaktivität erkennbar". 

Barbesitzer Mehmet Erdogan aus Augsburg gibt die Hoffnung trotz Gesetzesänderungen nicht auf: "Vielleicht kehren die Kunden im Sommer wieder zurück." Abdullah Kenno aus Dillingen glaubt dagegen nicht, dass die Shisha-branche irgendwann wieder aufatmen kann. Aber auch er will für seine Bar kämpfen: "Ich gebe meinen Traum nicht auf." 

 
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