Der Mangel an Lehrkräften und pädagogischem Personal ist aus Sicht der deutschen Schulleiterinnen und Schulleiter das größte Problem im schulischen Alltag. Mehr als drei Viertel der Schul-Chefs haben als Folge daraus das Gefühl, nicht allen Kindern und Jugendlichen die für sie notwendige Unterstützung geben zu können. In Bayern sind sogar 81 Prozent der Schulleitungen dieser Meinung, wie das neue deutsche Schulbarometer der Robert-Bosch-Stiftung zeigt.
Laut der repräsentativen Umfrage, die am Mittwoch in Stuttgart vorgestellt wurde, haben durchschnittlich 35 Prozent der deutschen Schülerinnen und Schüler aktuell Lernrückstände, in Bayern sind es geschätzt etwas weniger. Die Coronahilfen waren beim Auffüllen von Wissenslücken offenbar keine große Unterstützung: 72 Prozent der bayerischen Schulleitungen haben nicht das Gefühl, dass die Aufholprogramme die Defizite der Kinder deutlich verringert haben. Noch so eine große Herausforderung ist die Aufnahme von geflüchteten Schülerinnen und Schülern: Gut die Hälfte der Schulen gibt an, bereits über der Kapazitätsgrenze zu arbeiten oder gar keine zugewanderten Kinder mehr aufnehmen zu können.
CSU kündigt 8000 neue Stellen für Schulen an
Fragt man die Direktorinnen und Direktoren nach ihrem eigenen Arbeitsalltag, so ist in Bayern rund ein Drittel überzeugt davon, dass mehr Personal im Tagesgeschäft eine Entlastung bedeuten würde; seien es Lehrkräfte, Verwaltungspersonal oder mehr Sozialarbeiter und Schulpsychologen. Diese Forderung will die CSU in den kommenden Jahren auch umsetzen. Denn just an diesem Mittwoch, kurz nach der Präsentation der Bosch-Studie, hat Bayerns Ministerpräsident Markus Söder ein großes Bildungspaket für die nächste Legislaturperiode angekündigt – heißt konkret: Bis 2028 soll es 8000 neue Stellen für Lehrkräfte, Sozialpädagogen, Schulpsychologen und die Verwaltung geben. Darunter seien 6000 Lehrerstellen, sagte Söder in seiner Grundsatzrede im fränkischen Kloster Banz. Was sich jetzt jeder fragen wird, der um das Problem eines leer gefegten Bewerbermarktes im Bildungsbereich weiß: Wo sollen all diese Lehrkräfte herkommen?
Dafür kündigte Söder eine bundesweite Anwerbungskampagne an. Wer als Lehrer aus einem anderen Bundesland nach Bayern kommt, soll unter anderem beim Umzug unterstützt werden. Eine Gehaltserhöhung für Grund- und Mittelschullehrkräfte steht schon länger fest. Offenbar denkt die CSU auch darüber nach, Lehrkräfte, die bereits im Freistaat leben, möglichst nah an ihrem Wohnort einzusetzen. Im Studium soll es für angehende Lehrerinnen und Lehrer ein verpflichtendes Praxissemester geben.
Söders Ankündigungen riefen gemischte Reaktionen hervor: Die Grünen sprechen von „Augenwischerei statt echter Lösungen“, die FDP von „heißer Söder-Luft“. Michael Schwägerl, Präsident des Philologenverbands, nannte es eine „Notlösung“, Lehrkräfte aus anderen Bundesländern abzuwerben. Für eine grundlegende Lösung des Lehrermangels durch mehr qualifizierte bayerische Lehrkräfte muss die Attraktivität des Lehrberufs gesteigert werden.“ Simone Fleischmann, Präsidentin des Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverbands, zollt Söder „Respekt“ dafür, den Lehrermangel nicht zu leugnen, sondern lösen zu wollen. „Jetzt geht es aber auch darum, wie wir diese 8000 an den Start kriegen.“