Karlheinz Schreiber und seine Anwälte lassen keinen juristischen Schachzug aus, um den Prozess weiter in die Länge zu ziehen. Nun haben die Verteidiger den Augsburger Justizbehörden vorgeworfen, den Ex-Lobbyisten im Strafverfahren mehrfach rechtsstaatswidrig behandelt zu haben.
In dem Revisionsprozess in Augsburg geht es um eine mögliche Steuerhinterziehung von rund 7,5 Millionen Euro zwischen 1988 und 1993. Schreiber soll für die Vermittlung von Rüstungsgeschäften hohe Provisionen erhalten haben. 2010 wurde er vom Landgericht Augsburg zu acht Jahren Gefängnis verurteilt. Der Bundesgerichtshof hob die Entscheidung aber auf. In der Neuauflage geht es unter anderem um die Frage, ob Schreiber in Deutschland oder Kanada steuerpflichtig war.
Ein neuer Beweisantrag hat zum Ziel, angebliche Verstöße gegen das Grundgesetz festzuhalten. Interessant ist aber die Folgerung der Verteidiger: Sie fordern nicht etwa die Einstellung des Verfahrens. Sie sagen vielmehr: Im Falle einer Verurteilung müsste dies „in jedem Fall ganz erheblich zu einer Reduzierung des Strafmaßes führen“.
Würde man diese Verhaltensweise so interpretieren, dass die Anwälte mit einer sicheren Verurteilung des Geschäftsmanns aus Kaufering rechnen, man läge wohl nicht völlig daneben. Zumal vor wenigen Wochen ihr Versuch gescheitert war, mit der Staatsanwaltschaft eine Einigung zu erzielen.
Mit dem Antrag, in dem das Verfahren als teilweise rechtsstaatswidrig bezeichnet wird, blasen Schreiber und seine Anwälte jetzt zum letzten Halali. An mehreren Punkten sehen sie Grundgesetzverstöße und Grundrechtsverletzungen: Sie üben scharfe Kritik am Auslieferungsverfahren und an der endgültigen Überführung Schreibers nach Deutschland und sie stören sich an der Anordnung der Vorsitzenden Richterin, dass Schreiber zum Beweis einer Erkrankung im Sommer einen Tag Erbrochenes aufbewahren musste. Die Anordnung wurde inzwischen bereits vom Oberlandesgericht München als rechtswidrig bezeichnet.
Neu in dem Antrag sind die Umstände, wie Schreiber, 79, nach seinem Herzinfarkt im März 2012 behandelt wurde. Nach dem Infarkt wurde Schreiber demnach im Augsburger Klinikum notoperiert.
Die Verteidiger Jens Bosbach, Frank Eckstein und Jan Olaf Leisner berichteten nun, dass ihr Mandant anschließend mit einer Eisenkette an sein Krankenbett auf der Intensivstation gefesselt worden sei. Zwei Fotos belegten dies.
Und schließlich muss nun sogar noch Schreibers liebstes Hobby, die Jagd, als Beweismittel im Prozess herhalten. Der Kaufmann hatte seit den 70er Jahren eine 1500 Hektar große Jagd bei Eresing (Landkreis Landsberg), auf der auch sein Spezl Franz Josef Strauß jagen durfte. Nach dessen Tod im Oktober 1988 habe sich Schreibers Lebensmittelpunkt nach Kanada verlagert. Das ist für die Verteidiger wichtig, weil sie nachweisen wollen, dass Schreiber in Kanada, und nicht in Deutschland, ansässig und damit steuerpflichtig war.
Die Jagd habe Schreiber im Tatzeitraum zwischen 1988 und 1993 an zwei Jagdaufseher übergeben, weil er sich nicht mehr kümmern konnte. Tatsächlich kommen nun am Donnerstag Zeugen, die das belegen sollen.
Und dann? Offiziell gibt es noch sechs Verhandlungstermine bis zum 14. November.