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München
Rekord-Schuldenstand nach Corona: Wie solide ist Bayerns Finanzpolitik?
Ende 2023 könnte Bayern über 44 Milliarden Euro Schulden haben. Die CSU hält die eigene Finanzpolitik für solide – doch nicht nur die Opposition, auch der Rechnungshof mahnen.
Ein Vierteljahr ist schon fast um, trotzdem beschließt der Landtag erst jetzt den Haushalt 2023. Wie solide der bayerische Ausgabenplan nach der Corona-Krise ist, bleibt zudem umstritten.
Foto: Sven Hoppe, dpa | Ein Vierteljahr ist schon fast um, trotzdem beschließt der Landtag erst jetzt den Haushalt 2023. Wie solide der bayerische Ausgabenplan nach der Corona-Krise ist, bleibt zudem umstritten.
Henry Stern       -  Obermeier/ Henry Stern
Henry Stern
 |  aktualisiert: 10.05.2023 09:22 Uhr

Zwar steht auch in Bayern schon der Frühling vor der Tür. Trotzdem beschließt der Bayerische Landtag erst in dieser Woche den Staatshaushalt für das laufende Jahr: Stolze 71,2 Milliarden Euro umfasst der Ausgabenplan – und soll nach drei defizitären Corona-Jahren erstmals wieder ohne neue Schulden auskommen.

Bayerns Staatsschulden könnten Ende 2023 mehr als 44 Milliarden Euro betragen

Trotzdem lasten Pandemie, Energiekrise und Inflation auch schwer auf Bayerns Finanzen: So könnte der bayerische Schuldenstand von rund 27 Milliarden Euro im Jahr 2018 auf bis zu 44,6 Milliarden Euro Ende 2023 steigen, wie der Oberste Bayerische Rechnungshof (ORH) in seinem aktuellen Jahresbericht warnt. Bisher hat die Corona-Krise den Freistaat 10,2 Milliarden gekostet. Bis zu 18 Milliarden beträgt der mögliche Kreditrahmen – zwar weniger, als die 20 Milliarden Euro Neuschulden, die der Landtag zur Abfederung der Krise 2020 genehmigt hatte. Trotzdem eine gewaltige Schuldenlast, die ab 2024 über 20 Jahre mit jährlich bis zu 900 Millionen Euro abgetragen werden muss.

Auch die Rücklagen sind geschwunden – von mehr als zehn Milliarden Euro 2018 auf noch rund 1,5 Milliarden Euro aktuell. Angewachsen ist dagegen etwa die Zahl der Staatsbediensteten – um rund 16.800 Stellen seit 2017. Gut 310.000 Menschen beschäftigt der Freistaat aktuell. Kostenpunkt für das Personal 2021: mehr als 25,5 Milliarden Euro.

Der Freistaat sei aber trotz massiver Belastungen in den letzten Jahren "finanziell absolut solide aufgestellt", beteuerte Finanzminister Albert Füracker (CSU) vor Beginn der dreitägigen Haushaltsdebatte im Landtag. Dies bestätigten auch renommierte Rating-Agenturen mit Bestnoten für den Freistaat. Bayern werde deshalb nicht nur 2023 keine neuen Schulden machen, sondern ab 2024 auch die Rückzahlung des Corona-Schuldenbergs beginnen, verspricht er.

Die Bayern-Koalition schaffe zur Umgehung der Schuldenbremse auch keine "Schattenhaushalte" wie die Ampel in Berlin, verspricht der CSU-Haushaltsexperte Josef Zellmeier. "Wir geben nur das Geld aus, das wir einnehmen", beteuert er. Dass im Freistaat noch immer rund sieben Milliarden Euro Altschulden aus der Landesbank-Rettung jenseits des Stammhaushalts in einem Etat-Sondertitel liegen, bleibt dabei jedoch unerwähnt.

Söder schwänzt die Haushaltsdebatte im Landtag – sehr zum Ärger der Opposition

Ministerpräsident Markus Söder (CSU) schwänzte derweil die Generaldebatte im Landtag zum Haushalt. Hitzig wurde es dort trotzdem: Die Söder-Regierung investiere das viele Geld der bayerischen Steuerzahler nicht in die Zukunft der Menschen, sondern verteile es vor allem mit dem Ziel des Macht-Erhalts, kritisierte etwa Grünen-Fraktionschef Ludwig Hartmann. Ob Energiepolitik, Schulen oder digitale Verwaltung – viele Versäumnisse der letzten Jahre kämen den Menschen im Land nun teuer zu stehen, schimpfte er.

Der FDP-Abgeordnete Helmut Kaltenhauser kritisierte zudem die vom ORH bemängelte Verschwendung von Steuergeld – vom bayerischen Energie-Härtefallfonds bis zu unkontrollierten Zuschüssen für Melk-Helfer: "Ausgabendisziplin muss wieder in den Vordergrund rücken", forderte der Unterfranke.

Auch Bayerns Oberster Rechnungshof mahnt zu mehr Haushaltsdisziplin im Freistaat

Aber nicht nur die Opposition im Landtag, auch die ORH-Prüfer verlangen von der Staatsregierung mehr Ausgabendisziplin: "Gerade in Zeiten steigender Zinsen und zugunsten künftiger finanzieller Spielräume geht es darum, den Schuldenstand konsequent zu reduzieren", mahnt der Rechnungshof. Auf neue Schulden dauerhaft zu verzichten, sei zudem "ein wesentlicher Beitrag" für eine Haushaltspolitik, die auch "künftigen Generationen gerecht wird".

 
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  • H. M.
    sehr geehrte Damen und Herren möchte zur Relativierung zwei Statistiken vorstellen.

    Schuldenstand der Bundesländer:
    https://de.statista.com/statistik/daten/studie/157124/umfrage/schuldenstand-der-bundeslaender-2010/

    Länderfinanzausgleich:
    https://de.statista.com/statistik/daten/studie/71763/umfrage/geber-und-empfaenger-beim-laenderfinanzausgleich/

    Herr Stern,
    ich unterstelle Ihnen einmal, dass Ihnen diese Statistiken völlig unbekannt sind. Nur so lässt sich Ihre Kolumne erklären. Von einer sachlichen, objektiven Berichterstattung kann hier nicht die Rede sein.

    Den Herren Hartmann und Kaltenhauser möchte ich Ihre Rechtsstellung näherlegen.
    „Die Abgeordneten sind Vertreter des Volkes, nicht nur einer Partei. Sie sind nur ihrem Gewissen verantwortlich und an Aufträge nicht gebunden.“

    Immer schön brav bei der Wahrheit bleiben!

    Der ORH mahnt nur das an, was Finanzminister Füracker selbst angesprochen hat.

    Im Übrigen was passiert, wenn wir 4 Jahre den Länderfinanzausgleich aussetzen?
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