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Prozess um Betrugsskandal
Betrugs-Prozess gegen Bürgermeister von Seeg: Markus Berktold macht Aussage vor Gericht
Im Prozess um den mutmaßlichen Pflege-Betrug in Seeg hat jetzt der angeklagte Bürgermeister erstmals ausgesagt. Markus Berktold räumte dabei Fehler ein.
Felix Futschik
 |  aktualisiert: 11.03.2024 09:30 Uhr

Es ist der neunte Verhandlungstag rund um den mutmaßlichen Betrugsskandal in Seeg (Kreis Ostallgäu): Der angeklagte Bürgermeister Markus Berktold (CSU) hat vor dem Landgericht Nürnberg-Fürth am Montagvormittag teilweise Fehler eingeräumt.

Dabei ging es um die bei der Hausdurchsuchung gefundenen Waffen und den Vorwurf der Staatsanwaltschaft, Berktold habe in der Justizvollzugsanstalt nachträglich Dokumente herstellen wollen. Außerdem wurden die persönlichen Hintergründe des mitangeklagten ehemaligen Leiters einer Pflegeeinrichtung beleuchtet - dieser ist bereits vorbestraft.

Seit Anfang Dezember läuft die Verhandlung am Landgericht Nürnberg-Fürth. Wie mehrfach berichtet, müssen sich der Bürgermeister und der weitere Angeklagte wegen gewerbsmäßigen Betruges in Höhe von 2,1 Millionen Euro verantworten. Sie sollen mit Scheinrechnungen Geld aus dem Corona-Pflegerettungsschirm erschlichen haben. Außerdem steht noch der Vorwurf der Untreue im Raum. Die beiden Angeklagten sitzen seit fast einem Jahr in Untersuchungshaft.

Landgericht Nürnberg-Fürth: Richter zeigt Bilder von Keller und Büro des Bürgermeisters von Seeg

Der Vorsitzende Richter Dr. Mark Leppich zeigte Bilder im Gerichtssaal. Darauf zu sehen: Das Büro von Berktold in seinem Haus und Einblicke in den Keller. Denn während der Verhandlung war auch immer wieder Thema, ob der Bürgermeister, der mehrere Firmen rund um eine Pflegeeinrichtung in Seeg führte, noch den Überblick über Dokumente und Rechnungen hatte. Die Bilder zeigen, was Berktold vor Gericht selbst als "chaotisch" bezeichnete: Papierstapel und Aktenordner sind überall verteilt.

Der 49-Jährige sagte aus, dass er versucht habe, Ordnung hineinzubringen, nachdem der Mitangeklagte nicht mehr für die Pflegeeinrichtung tätig war: "Ich habe den verzweifelten Versuch unternommen, alles vorzubereiten, um es dem Nachfolger übergeben zu können." Berktolds Anwalt, Robert Chasklowicz, wollte wissen, ob es auch an den anderen Arbeitsplätzen, also etwa im Büro der Gemeinde, so ausgesehen habe: Mit dem Weggang der Leitung seien die Papierberge angewachsen, sagte Berktold. "Ich würde sagen, es war aufgeräumter als Zuhause, aber ähnlich schwierig. Es war einfach zu viel."

Bürgermeister von Seeg vor Gericht: "Ich bin kein Waffennarr"

Weitere Bilder zeigen die Waffen (ein Gewehr und eine Pistole) sowie die Munition, die die Ermittler bei der Hausdurchsuchung im Keller des Bürgermeisters gefunden hatten. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm vor, dass er sie unerlaubt besessen habe. Ein Teil der Munition sei in einer Plastikdose ohne Sicherheitsvorkehrungen gelagert worden. "Das hätte man auch anders machen können, oder?" stellte der Richter fest.

Berktold: "Das Gewehr kommt aus einem Nachlass eines Verstorbenen." Bereits seit 2008 habe er die Waffe, er habe sie schlicht vergessen. "Bei dem Gewehr bin ich davon ausgegangen, das ist kaputt. Ich habe das nicht überprüft, weil ich kein Waffennarr bin." Und die Pistole? Beruflich habe es "eine Bedrohungssituation" gegeben, berichtete Berktold. Weiter ins Detail ging der 49-Jährige nicht - nur so viel: Die Waffe sei angemeldet gewesen.

Warum hat Berktold in der JVA noch Dokumente nachträglich erstellt?

Wie unsere Redaktion berichtete, hatte die Staatsanwaltschaft im Dezember noch weiter Beweismittel eingebracht. Der Vorwurf: Berktold soll während der Untersuchungshaft in der Zelle nachträglich Dokumente, zum Beispiel Darlehensverträge, erstellt haben, die ihn in Teilen entlasten könnten. Ein Mithäftling sollte diese Schriftstücke nach außen bringen. Das Thema griff nun der Anwalt Berktolds auf.

Chasklowicz sprach von einer „unerfreulichen Situation in der JVA“ und fragte seinen Mandanten, was er sich dabei gedacht habe. „Das war ein Akt der Verzweiflung“, sagte Berktold. Er sei davon ausgegangen, dass er alles ordnungsgemäß gemacht habe. Ihm sei erst später klar geworden, dass es Versäumnisse gab und er manche Dinge hätte schriftlich darlegen müssen. „Mein Gedanke war, dass ich das noch legitimieren kann“, sagte Berktold und fügte hinzu: „Das war ein Fehler.“ Chasklowicz wies auf die besten Absichten hin, die sein Mandant gehabt haben soll, dass er aber intransparent vorgegangen sei.

Betrugsfall in Seeg: Wann fällt das Urteil?

Außerdem ging es vor Gericht um das Leben des 42-jährigen Mitangeklagten, der bereits für mehrere Einrichtungen im Allgäu gearbeitet hat. Dieser habe bereits eine Vorstrafe wegen Untreue und Urkundenfälschung. Ein Jahr und drei Monate Freiheitsstrafe wurden damals zur Bewährung ausgesetzt, berichtete Richter Leppich. Der Angeklagte habe in seiner Tätigkeit in einer Pflegeeinrichtung Dokumente gefälscht und sich ein zusätzliches Einkommen verschafft.

Zum Beispiel soll er eine Einkaufskarte für einen Großmarkt für private Zwecke genutzt haben. Außerdem steht in den Akten, dass der 42-Jährige Fahrerflucht begangen haben soll, als er ein Auto angefahren hatte. Der Angeklagte berichtete von einer schwierigen Lebenslage: Sein Vater sei Alkoholiker gewesen, seine Mutter krank. Er habe die Eltern unterstützen müssen, auch finanziell.

Am Dienstag sollen Staats- und Rechtsanwalt ihre Plädoyers halten. Das Urteil wird am Donnerstag erwartet. Bis dahin gilt die Unschuldsvermutung.

 
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