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MILTENBERG/FRANKFURT
Protz-Manager von S & K nennen sich „dumm und gierig“
Die unterfränkischen Angeklagten in Deutschlands größtem Wirtschafts-Prozess gestehen endlich: Sie nennen sich selbst „schäbig“ und „gierig“.
Manfred Schweidler
 |  aktualisiert: 11.12.2019 18:46 Uhr

Lange trat der Prozess fast auf der Stelle. Nun ging es flott: S&K-Gründer Stephan S. (37) aus dem Raum Miltenberg ließ nach Angaben von Prozessbeteiligten am Dienstag im Prozess vor dem Landgericht Frankfurt über seinen Verteidiger erklären, dass er „die volle Verantwortung“ für die ihm zur Last gelegten Taten übernehme.

Sein Mitbegründer, der 35-jährige Jonas K. (ebenfalls aus Unterfranken) bezeichnete das S&K-Geschäftsmodell als „schäbig und einfallslos“ und sich selbst als „dumm und gierig“ und entschuldigte sich bei den Geschädigten.

Vorausgegangen war ein Deal mit Gericht und Staatsanwaltschaft, um nach vier Jahren Untersuchungshaft und 17 Monaten Prozessdauer in absehbarer Zeit zu einem Urteil zu kommen, statt vielleicht noch weitere zwei Jahre zu verhandeln: Nun geht es nur noch um Untreue-Handlungen gegenüber den 11.000 Anlegern, die laut Staatsanwaltschaft mithilfe eines Schneeballsystems um 340 Millionen Euro gebracht worden sein sollen. Einen Großteil des Geldes sollen die Manager durch ihr protziges Leben ausgegeben haben.

Deal mit den Angeklagten

Die Staatsanwaltschaft hat sich die Redebereitschaft der Angeklagten dadurch erkauft, dass sie den Vorwurf des Betruges fallen lässt, der in der Beweisaufnahme bisher noch so gut wie gar nicht beleuchtet worden war. Den Angeklagten aus dem Raum Miltenberg waren nach Angaben des Vorsitzenden Alexander el Duwaik Strafen zwischen achteinhalb und neuneinhalb Jahren zugesichert worden.

Somit kommt Bewegung in den Prozess, in dem die Angeklagten zuvor weitgehend schwiegen und ihre Verteidiger jeden nur denkbaren Widerstand leisteten. Bei einer Vernehmung in einem Zivilverfahren hatte Stephan S. 2013 einen aufsehenerregenden Fluchtversuch gewagt, indem er sich losriss und durch ein Fenster im 1. Stock des Landgerichts gesprungen war. Er landete neun Meter tiefer auf dem Asphalt, kam ins Krankenhaus und von dort zurück in die Zelle.

Jonas K. hatte im Prozess wortreiche Erklärungen abgegeben, in denen er jede strafrechtliche Verantwortung von sich gewiesen hatte.

Protz auf Kosten der Kunden

Vom Geld ihrer Anleger hatten S. und K. und ihre Freunde in Saus und Braus gelebt: Villen, schnelle Autos, teure Frauen, Pool-Partys mit Elefant oder Badenixe im überdimensionalen Sektkelch, prominente Gäste wie Mark Medlock oder Janine Kunze, Reisen nach Las Vegas oder Gambia – auf Kosten der Anleger. Allein die gemietete Loge im Stadion von Eintracht Frankfurt soll knapp 75.000 Euro gekostet haben. Und sie sollen im Geld gebadet haben wie Dagobert Duck.

Zu den Vorzeige-Immobilien, die S & K billig kaufte, gehörte die Sachs-Villa in Schweinfurt: Das Anwesen des verstorbenen Industriellenerben, Fotografen und Playboys Gunter Sachs erwarb die S&K-Gruppe Ende 2011 per Zwangsversteigerung für 1,7 Millionen Euro. In ihren Hochglanz-Prospekten tauchte das Haus des namhaften Vorbesitzers dann aber mit einem Wert von 6,7 Millionen Euro auf, was Kunden täuschte. Ihnen wurde ein völlig überzogener Eindruck vom Wert der S & K-Investitionen in Immobilien vermittelt, um sie dazu zu bringen, ihr Geld hier anzulegen.

Mit S. und K. sitzen drei mutmaßliche Mittäter auf der Anklagebank, von denen einer nach seinem Geständnis bereits auf freiem Fuß ist. Die vier anderen sitzen seit mehr als vier Jahren in Untersuchungshaft. Sie wird später auf die zu erwartenden Freiheitsstrafen angerechnet, doch laut Gericht gab es keine Absprachen zu möglichen Bewährungszeitpunkten. Theoretisch kann die Haftstrafe bereits nach der Hälfte oder zwei Dritteln zur Bewährung ausgesetzt werden.

Vor den Sommerferien Urteil?

Nach den Geständnissen haben sich die Angeklagten bereit erklärt, Fragen des Gerichts zu beantworten sowie diverse Beweisanträge zurückzunehmen, aufgrund derer der Prozess noch zusätzlich in die Länge gezogen würde. Beide Hauptangeklagte hätten diesem Prozedere zugestimmt, berichtete Oberstaatsanwalt Noah Krüger: „Optimistisch betrachtet, könnte das Verfahren bereits vor der Sommerpause Ende Juni zu Ende gehen.“

 
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