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München
Pro Tag ein antisemitischer Vorfall in Bayern
Die Zahl judenfeindlicher Straftaten ist zuletzt stark gestiegen, die Dunkelziffer bleibt hoch. Ministerpräsident Söder fordert "mehr Mumm" im Kampf gegen Antisemitismus.
Kämpfen gemeinsam gegen Antisemitismus in Bayern: Charlotte Knobloch (links), Ex-Präsidentin des Zentralrats der Juden in Deutschland, Ministerpräsident Markus Söder (CSU) und Josef Schuster, Präsident des Zentralrates der Juden, in der Münchner Staatskanzlei.
Foto: Peter Kneffel | Kämpfen gemeinsam gegen Antisemitismus in Bayern: Charlotte Knobloch (links), Ex-Präsidentin des Zentralrats der Juden in Deutschland, Ministerpräsident Markus Söder (CSU) und Josef Schuster, Präsident des ...
Henry Stern       -  Obermeier/ Henry Stern
Henry Stern
 |  aktualisiert: 07.04.2020 12:39 Uhr

Antisemitismus in Bayern kann ziemlich alltäglich sein: Eine jüdische Studentin wird zum Beispiel gefragt, "warum man als Israeli in Deutschland wählen darf". Dass die junge Frau Deutsche ist, kommt dem Mit-Studenten nicht in den Sinn. Ein Mann knallt die Tür zu, als er feststellt, dass der neue Nachbar Jude ist. Eine Frau fliegt aus einer Arzt-Praxis, weil sie bemängelt hatte, dass das verschriebene Medikament nicht koscher ist.

"Die Mehrheit unserer Fälle sind Alltagsgeschichten", sagt Nikolei Schreiter von der bayerischen Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus (Rias). Letzten Sommer hat Rias eine 64-seitige Studie zum Antisemitismus in Bayern veröffentlicht. Seit 1. April können Betroffene in Bayernantisemitische Vorfälle auch unter der Grenze Straffälligkeit bei Rias melden und sich beraten lassen. "Wir haben im Schnitt einen Vorfall pro Tag", berichtet Schreiter. Die Dunkelziffer nicht gemeldeter Angriffe oder gar Straftaten sei aber groß, glaubt der Experte: "Es gibt eine Menge Gründe, die Betroffene auch in Bayern davon abhalten, Anzeige zu erstatten."

"Nur was man weiß, kann man auch bekämpfen", findet auch Josef Schuster, der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland. Zumal es längst nicht nur bei antisemitischen Beleidigungen bleibt: Auch die Zahl der Straftaten mit antisemitischem Hintergrund ist laut Landeskriminalamt zuletzt stark gestiegen: Von 148 im Jahr 2017 auf 219 im Jahr 2018 - davon 31 in Unterfranken, und jeweils 17 in Oberfranken und in Mittelfranken. Die von der Polizei ermittelten Tatverdächtigen sind dabei zum Großteil Deutsche - 2017 etwa 77 von 83 Personen.

„Das Übel Antisemitismus wächst wieder“, warnt daher Ministerpräsident Markus Söder (CSU). Um dieser Entwicklung entgegenzuwirken, übernimmt Bayern als erstes Bundesland ab sofort die von 31 Staaten beschlossene Antisemitismus-Definition der internationalen Allianz für Holocaust-Gedenken. „Das ist ein starkes Bekenntnis, Teil des internationalen Kampfes gegen Antisemitismus zu sein“, erklärt Söder. Der Freistaat setze damit aber auch ein klares Signal von „Null-Toleranz gegen Antisemitismus in jeder Form“. In ganz Deutschland brauche es „den Mumm dazu, hier klare Signale zu setzen“, fordert der Ministerpräsident.

Bayern übernimmt internationale Antisemitismus-Definition

Die schwarz-orange Staatsregierung will den Worten aber auch Taten folgen lassen: Schulminister Michael Piazolo (Freie Wähler) kündigte an, den Schüleraustausch mit Israel auszubauen und Lehrer besser auf antisemitische Vorfälle an Schulen vorzubereiten. Bayerns Justiz will die Verfolgung von Hass-Kriminalität im Internet erleichtern und Opfern antisemitischer Straftaten durch einen verstärkten Zeugenschutz die Anzeige-Erstattung erleichtern. Eigene Schwerpunkt-Staatsanwälte sollen zudem für eine einheitliche Rechtsanwendungsorgen.

Schuster: Juden fühlen sich in Bayern wohl

"Bayern will das sicherste Land für Juden in Deutschland sein", beteuert Söder. "Juden fühlen sich in Bayern wohl, auch wenn es einige Wolken gibt", entgegnet der Würzburger Schuster - und erklärt den Umgang mit Antisemitismus zum Lackmus-Test einer freien Gesellschaft: "Wie ein Land mit Minderheiten umgeht, zeigt, wie gefestigt eine Demokratie ist."

 
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  • G. L.
    … bleibt final trotzdem die Frage offen, ob Frau Knobloch mit dem
    "eingeschleppten Problem" eben doch ganz richtig liegt.
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  • L. W.
    @ DFR4 / 50 Hertz

    Wer wie Sie regelmäßig Orbans Rhetorik von der jüdischen Weltverschwörung um den Sponsor der freien Europäischen Universität George Soros weiter verteilt und beschwört ist in Sachen Antisemitismus bzw. Verteidigung der Welt vor diesem ncht mehr wirklich glaubwürdig.

    Lassen Sie es also lieber, denn tiefer als Sie kann man in diesem Thema kaum noch sinken.
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    https://youtu.be/4TlPhwvKc8o

    Sehen glaub ich selbst für afd'ler ganz schön deutsch aus, diese "Muslimischen" "Fußballfans"...

    Aber redet euch nur weiter ein, schuld sind "die anderen"...
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  • D. K.
    Es ist naheliegend dass Zugewanderte aus Ländern, in denen der Hass auf Israel gepredigt wird diesen Hass mitbringen und in hier ausleben weil sie die Möglichkeit dazu haben.

    Hier dürfte man keine Toleranz zeigen.

    Dabei schafft man es aber nicht einmal die bekannten aus der Türkei bezahlten Hassprediger loszuwerden.
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  • D. K.
    Ich möchte hier nicht gegen Hetzer hetzen.

    Aber Religionsfreiheit muss klare Grenzen haben.

    Wenn jemand zur Gewalt aufruft oder auch nur predigt dass manche Menschen, aus welchen Gründen auch immer, besser sind oder mehr Rechte haben als andere, dann muss man dem Einhalt gebieten.

    Und bei Ausländern wäre eben Ausweisung, Abschiebung, und Wiedereinreiseverbot die beste Lösung, da bei diesen Predigern nicht zu erwarten ist dass sie ihre Einstellung ändern.
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    Antisemitische Vorfälle kenn ich aus dem persönlichen Umfeld nur wenige. Würden wir antimuslimische Vorfälle mit demselben Masstab messen, wären s sehr viele.
    In beiden Fällen sollten wir wachsam sein.
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  • D. K.
    Könnte auch daran liegen dass es weniger Juden als Muslims gibt.

    Aussagekräftiger wäre es die Zahl der Vorfälle auf die Zahl der Angehörigen der Zielgruppe zu beziehen.
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    Ich lehne eine Religionsgemeinschaft ab, weil es Personen in dieser gibt, die Mitglieder einer anderen Religionsgemeinschaft ablehnen...

    Lehnt man dann auch eine Volksgemeinschaft ab, weil es in dieser, Personen gibt die die ebenfalls Mitglieder einer Religionsgemeinschaft ablehnen?
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    Auf eigenen Wunsch entfernt.
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    Ja meefisch, genau Personen wie Sie wollte ich ansprechen.
    Ich erkläre meinen Post gerne ausführlicher.

    Sie lehnen die Glaubensgemeinschaft "Muslime" ab, da es in dieser Gruppe Personen gibt die eine andere Glaubensgemeinschaft "Juden" ablehnen.

    Sie sollten daher auch die Volksgemeinschaft "Deutsch" ablehnen, da es in dieser Personen gibt die andere Glaubensgemeinschaften "Muslime" und/oder "Juden" ablehnen.

    Sie müssten sich also selbst ablehnen um konsequent zu sein.
    (Nur mal so als Denkanstoß...)
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    Auf eigenen Wunsch entfernt.
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  • M. G.
    So isses. Kenne Dr. J.Schuster von früher ,auch persönlich. Angenehmer Mensch.
    Könnte aber -political correctness Gedöns beiseite - wirklich endlich mal
    den Mund aufmachen.
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  • G. L.
    Klartext:

    Naja, Frau Knobloch hat zumindest den rosa Elefanten namentlich benannt.
    Während Marcus und Josef immer noch um den heissen Brei herum reden.
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    "Die afd wirkt wie ein Brandbeschleuniger" Frau Knobloch.

    Wer sich ernsthaft gegen Judenfeindlichkeit einsetzt kann nicht gleichzeitig die braunen unterstützen.
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  • M. G.
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  • M. G.
    Welche Partei hat schon frühzeitig vor dieser Migrationspolitik gewarnt ?
    Welche Partei spricht gezielt die anti jüdischen Entwicklungen einer gewissen
    Glaubens-Religionsgesellschaft an ?
    Welche Partei wird deshalb besonders von linken, grünen Politikern angegangen ?
    Lieber Tele....überlegen Sie mal -wenn das so weitergeht- was ggf. Juden
    in D in 10-15 Jahren erwarten dürfen. Bitte.Danke.
    Wollen Sie einen kleinen Blick in die Zukunft ?
    Beobachten Sie die Entwicklungen in Frankreich, ...könnte ein Vorgeschmack sein.
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  • M. G.
    Und die Herrschaften in Berlin ahnen das. Interview mit Massen aus der NZZ
    vom 08.05.

    Auszug
    "Politiker sind gegenüber ihrer Partei oft loyaler als gegenüber dem Volk. Ich habe zum Beispiel mit SPD-Politikern über die sogenannte Flüchtlingskrise gesprochen. Sie räumten mir gegenüber ein, dass die Asylpolitik in den Jahren 2015 und 2016 ein schwerer Fehler der Regierung und eine Katastrophe für Deutschland gewesen sei. Öffentlich sagen könne man das aber nicht, denn die SPD dürfe sich nicht erneut konservativer als die Union positionieren, so wie sie es damals bei der Agenda 2010 getan habe. Das empfinde ich als falsches Verständnis von Loyalität."
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  • D. K.
    Noch loyaler sind Politikern allerdings Lobbyisten gegenüber, die mit Parteispenden, Beraterverträgen, bezahlten Reden und Jobangeboten von Konzernen locken.

    Naturgemäß sind davon eher konservative Politiker betroffen, da die Industrie Umweltschutz und Arbeitnehmerrechte seit jeher bekämpft.

    Politiker, die sich für solche Themen einsetzen können nicht auf großzügige Spenden hoffen, die müssen aus Überzeugung handeln.
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