Und eins und zwei!“ – Jeder Ruderer kennt solche „Anweisungen“ von Passanten am Ufer. Für die sieht die Sportart von außen nach purer Pullerei aus. Schließlich hatten auch schon die Römer ihre Sträflinge auf Galeeren rudern lassen. Wer es dann mal selbst einmal ausprobiert, ist meist überrascht, dass beim Rudern nicht nur Kraft und Ausdauer eine Rolle spielen, sondern auch die Technik.
„Ich kann mich nicht mehr konzentrieren“, sagen Ruderneulinge oft, wenn sie eine halbe Stunde lang versucht haben daran zu denken, dass sie die Ruderblätter exakt einsetzen und die Hände rechts vor links an den Körper heranziehen. Denn die Griffe überlappen bei jedem Schlag. Und wer sich von Anfang an eine saubere Handführung angewöhnt, profitiert später davon.
Einige Tausend Euro wert
Die Rede ist hier nicht von Kähnen, wie man sie beim Bootsverleih bekommt, sondern von Sportruderbooten. Gelegentlich kommt es vor, dass jemand bei einem Verein nachfragt, ob er ein Boot ausleihen kann. Dagegen spricht neben der nötigen Rudertechnik auch der Preis. Für einen modernen, wettkampftauglicher Renneiner beispielsweise kann man schon bis zu 9000 Euro hinblättern. Der wiegt dann mit seinen acht Metern Länge auch nur 14 Kilo und ist ein Präzisionsgerät aus Kohlefaser.
Bei einer Breite von 28 Zentimetern wird klar, dass man nicht „in“, sondern nur „auf“ so einem Boot sitzen kann. Das Balancieren gelingt nur kurz – bis zum nächsten Ruderschlag. Der ist somit nicht nur für den Vortrieb nötig, sondern während des Durchzugs stützt sich der Ruderer sozusagen auf beiden Seiten mit den Ruderblättern im Wasser ab, um dann beim Vorrollen auf dem Rollsitz wieder einen Moment lang zu balancieren.
Vom Unterschneiden und Herumkrebsen
Bei diesem Abstützen ist wichtig, dass die Ruderblätter exakt im richtigen Winkel eintauchen. Sonst „unterschneidet“ das Blatt zu tief im Wasser oder „wischt aus“ – und schon ist das mit dem Abstützen dahin. Ruderer sprechen dann davon, dass einer einen „Krebs“ gefangen hat. Damit ist auch klar, woher der Begriff „herumkrebsen“ kommt.
Ruderer fahren rückwärts und müssen sich gelegentlich umschauen.
Auch das ist gewöhnungsbedürftig. Es gibt eine Merkregel, den Kanufahrer erfunden haben müssen: „Kanufahrer sehen die Gastwirtschaft schon vorher, Ruderer erst, wenn sie vorbei sind.“ Das heißt nicht, dass Rudern nicht auch gesellig sein könnte. Breitere Wanderboote – genannt Gig – machen's möglich. Ein solcher Gig-Vierer kann sogar das Gepäck der kompletten Mannschaft aufnehmen – vorausgesetzt, man packt sparsam. Ein Wanderboot ist dann auch kippstabil. Außerdem erübrigt sich hier das Umdrehen der Ruderer. Der Steuermann sorgt dafür, dass es nicht zur Kollision mit Schiffen der Tonnen kommt.
Vereine mit langer Tradition
Doch auch für ein solches Wanderboot braucht es zunächst eine Einweisung, die in einem der zahlreichen Rudervereine entlang des Mains möglich ist. In Schweinfurt, Kitzingen, Ochsenfurt, Würzburg, Zellingen, Karlstadt, Marktheidenfeld und Wertheim gibt es Vereine mit großen Bootsparks und langer Tradition. Dort lernen die Neulinge auch die zunächst verwirrend vielen Bootsarten kennen. Auch gibt es zwei verschiedene Arten von Rudern: Skulls und Riemen. Beim Skullen hat jeder Ruderer stets zwei Ruder, beim Riemen nur eines.
Logisch, dass der Einer nur mit Skulls gerudert werden kann; sonst würde er im Kreis fahren. Beim Zweier mit Skulls sprechen die Ruderer vom Doppelzweier, beim Vierer mit Skulls vom Doppelvierer.
Steuermann mal im Heck, mal im Bug
Bei den Riemenbooten ist der Zweier ohne Steuermann die kleinste Bootsklasse. Den Zweier mit Steuermann – unter Ruderern abfällig als „Wassertaxi“ bezeichnet – hat man von Regatten verbannt. Da nur zwei Ruderer einen „untätigen“ Steuermann mitschleppen mussten, machte diese Bootsgattung einen zu trägen Eindruck. Den Vierer gibt es mit oder ohne Steuermann, den Achter nur mit Steuermann. Die Weltbestzeit über die klassische Regattadistanz von 2000 Metern liegt im Achter 5:54,16 Minuten. Das ist im Schnitt schneller als 20 km/h. Bei manchen Booten sitzt der Steuermann im Heck, bei anderen liegt er vorne im Bug wie ein Rennfahrer im Cockpit. Damit die Mannschaft bei einer Regatta seine Anweisungen verstehen kann, sind größere Mannschaftsboote mit Lautsprechern ausgerüstet.
Mit dem Rudern beginnen kann man etwa ab dem zwölften Lebensjahr. Denn für Jüngere ist des Equipment doch arg groß. Ein Jugendskull misst 2,90 Meter.
In der kalten Jahreszeit rudert man an der Maschine
Und im Winter? Da gibt es inzwischen Rudermaschinen – Ergometer, die der Belastung des Ruderns erstaunlich gut entsprechen. Mancher kennt sie aus Fitnessstudios. In Rudervereinen wird auch hier in die grundlegende Technik eingeführt.
Falls jemand einen Anhaltspunkt für eine Spitzenleistung sucht: Der Weltrekordhalter bei den Männern zieht über 2000 Meter eine 500-Meter-Durchschnittszeit von 1:24 Minuten. Die schnellste Frau schafft im Schnitt 1:36 Minuten auf 500 Meter. Normalsportler allerdings kommen kaum auf Zeiten unter zwei Minuten. Die Belastung kann hier jeder selbst individuell bestimmen. Wer eine Sportart sucht, die den ganzen Körper – Beine, Rumpf, Arme – sowie Herz und Kreislauf ohne Verletzungsgefahr trainiert, ist hier richtig – lebenslänglich.