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MÜNCHEN
Olympiapark droht der Dornröschenschlaf
In die Jahre gekommen: Das Münchener Olympiastadion, die Olympia- und die Schwimmhalle werden bis 2031 aufwendig saniert.
Foto: Dpa | In die Jahre gekommen: Das Münchener Olympiastadion, die Olympia- und die Schwimmhalle werden bis 2031 aufwendig saniert.

Von dpa-Korrespondent

ULF VOGLER

 |  aktualisiert: 31.05.2012 12:03 Uhr

Die in der Sonne schimmernden Tausenden Acrylplatten faszinieren die Menschen auch nach 40 Jahren. Die großflächige Anlage im Münchner Norden mit ihrem berühmten Zeltdach ist nicht nur eine der herausragenden Sehenswürdigkeiten der Landeshauptstadt. Das Münchner Olympiagelände zählt zu den Architekturwerken von Weltrang im Nachkriegsdeutschland. Längst ist vergessen, dass vor vier Jahrzehnten die explodierenden Kosten für das letztlich mehr als 200 Millionen Mark teure Plexiglasdach für reichlich Ärger sorgten. Heute sind die Münchner stolz auf ihr Wahrzeichen.

Doch 40 Jahre nach den Olympischen Spielen nagt der Zahn der Zeit an den Bauten im Olympiapark. In den nächsten beiden Jahrzehnten werden deshalb weitere dreistellige Millionensummen in die Sanierung von Zeltdach und Co. investiert werden müssen. Der Gesamtetat beläuft sich auf 400 Millionen Euro.

Fast auf dem gesamten Olympia-Areal wird in den nächsten Jahren gearbeitet. So müssen Außenleitungen modernisiert werden, ebenso die Technik im 291 Meter hohen Olympiaturm. Bei der rege genutzten Olympiahalle, die bis zu 15 500 Menschen fasst, werden die Stühle erneuert und der Brandschutz verbessert. „Bis auf geringe Ausnahmen ist die Halle auf dem Stand von '72“, sagt Rainer Borger, der die technische Leitung für die Olympiapark-Immobilien innehat. „Da ist die Technik am Ende ihrer Lebensdauer.“

Bereits seit 2007 wird der Olympiapark modernisiert. So wurde in der großen Halle ein Restaurant neu gebaut und in der Nachbarschaft eine unterirdische kleine Olympiahalle. Bis Ende 2011 wurden 105 Millionen Euro ausgegeben, während die geschätzten Kosten für die verbleibenden Arbeiten in die Höhe schossen. Nach jetzigem Stand sind bis zum Jahr 2031 weitere rund 300 Millionen Euro fällig.

Dabei wird das vom Architekten Frei Otto konstruierte Zeltdach allein knapp 80 Millionen Euro verschlingen. Denn obwohl bereits in den 90ern die Plexiglasscheiben komplett ausgetauscht wurden, ist dies im kommenden Jahrzehnt wieder nötig. Das Plexiglas überstehe nur etwa ein Vierteljahrhundert, so Borger.

Als die Olympiaanlage gebaut wurde, hat man sich darüber keine Gedanken gemacht. Damals war geplant, was heute undenkbar erscheint: 25 Jahre sollte es das Zeltdach gar nicht geben, es sollte vorher längst komplett abgerissen werden: „Die Lebensdauer war damals mit 15 Jahren kalkuliert“, sagt Borger. Welche Bedeutung das fast 75 000 Quadratmeter große Dach für die Architektur hat, machten Wissenschaftler aus England im Jahr 1982 klar: Das Institut für Urbanistik der Universität Birmingham erklärte das Zeltdach zur „repräsentativsten Anlage der Neuzeit“.

Heute will niemand mehr das Riesenzelt missen. Zudem verkamen die Olympiaanlagen nach dem Sportspektakel von 1972 nicht wie andernorts zu Ruinen, sondern wurde intensiv genutzt – sei es als Fußballstadion für die Nationalkicker und den FC Bayern, als Konzertarena für Elton John, Bon Jovi und andere Weltstars oder als Naherholungsgebiet für Jogger und Spaziergänger. Der Park sei „das weltweit beste Beispiel für eine Nachnutzung olympischer Anlagen“, betont dementsprechend Oberbürgermeister Christian Ude (SPD).

Ob dies bei dem imposanten Olympiastadion auf Dauer so bleibt, ist allerdings noch unklar – es könnte künftig in einen Dornröschenschlaf fallen. Denn im Rahmen eines Gesamtkonzepts soll geprüft werden, ob das Stadion weiter für Events instand gehalten werden soll oder in Zukunft nur noch ein reines Denkmal ohne Funktion ist, um weitere Renovierungskosten zu sparen. Denn seitdem die Bayern-Kicker in ihre Arena nach Fröttmaning umgezogen sind, haben die Verantwortlichen ein Problem mit dem Kernstück des Parks. Inzwischen gibt es nur noch eine Handvoll Veranstaltungen im großen Oval.

Die Olympiapark-Gesellschaft ist jedoch dagegen, auf die nötige Sanierung des Stadions und somit künftige Großveranstaltungen zu verzichten. „Das wollen wir auf gar keinen Fall“, sagt der Sprecher der Betreibergesellschaft, Arno Hartung. Die Verwalter gehen davon aus, dass es auch künftig ausreichend Stadionveranstaltungen geben wird. Hartung räumt aber ein: „Wie beim Fußball wird es nicht mehr.“

Trotz der Probleme mit dem Stadion ist der Olympiapark bis heute meist rund um die Uhr bevölkert. Während fast rund um die Uhr Touristen aus aller Welt mit ihren Kameras auf den nahen Fußgängerbrücken stehen, um die berühmte Silhouette mit dem Zeltdach und dem Fernsehturm abzulichten, pilgern Leistungs- und Freizeitsportler in die Schwimmhalle oder machen Familien Ausflüge an den Olympiasee. Auch am 26. August wird es im Park wieder hoch hergehen. Dann soll das 40-jährige Bestehen groß gefeiert werden. Das Datum ist geschichtsträchtig, denn am 26. August 1972 wurden die Olympischen Sommerspiele eröffnet.

Der Olympiapark

Das 300 Hektar große Olympiapark-Gelände liegt auf dem Oberwiesenfeld im Norden von München. Einst exerzierten dort die Soldaten der königlich-bayerischen Armee. Dann wurde das vier Kilometer von der Stadtmitte entfernte Feld als Münchens erster Verkehrs- und Sportflugplatz genutzt. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde mit dem Schutt aus den zerbombten Stadtteilen am Rande des Oberwiesenfelds ein 60 Meter hoher Berg aufgetürmt – der heutige Olympiaberg. Vor den Olympischen Spielen im Jahr 1972 lag das Gelände großteils brach. Den Planern ging es deshalb auch darum, das Areal an die Innenstadt anzubinden. Als 1966 die Sommerspiele in die bayerische Landeshauptstadt vergeben wurden, gab es in der Stadt keine großen Sportarenen.

Die Gesamtkosten der Spiele betrugen rund zwei Milliarden Mark. Etwa zwei Drittel davon wurden in München verbaut, großteils auf dem Oberwiesenfeld. Bei einem Planungswettbewerb wurde das Konzept der Architekten Günter Behnisch und Partner aus Stuttgart ausgewählt. Nach Olympia wurden die neuen Anlagen für Kultur- und Sportveranstaltungen mit mehr als 150 Millionen Besuchern rege genutzt. Text: DPA

 
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