
Für manche Menschen in Franken ist Nürnberg weit weg. Doch Nürnberg ist auch sehr nah: Das jedenfalls gilt für die NürnbergMesse. Sie strahlt in mehrfacher Hinsicht deutlich nach Unter- und Oberfranken hinein.
So fahren zum Beispiel 35 000 Besucher aus Unterfranken pro Jahr zu einer der Messen in Nürnberg, 350 unterfränkische Unternehmen stellen in diesem Zeitraum dort aus. Ähnliche Zahlen gelten für Oberfranken. Das hat Sprecher Thomas Koch aus einer Studie ermittelt, die seine Messegesellschaft bei den Wirtschaftsforschern des renommierten ifo-Instituts (München) in Auftrag gegeben hat.
Die Untersuchung hat ergeben, dass sich die NürnbergMesse als Wirtschaftsmotor sehen kann. So sichere sie mit ihren Schauen und Kongressen allein in der Metropolregion Nürnberg 9500 Arbeitsplätze. Die Metropolregion reicht im Westen bis an die Tore Würzburgs, im Norden über Bamberg und Coburg nach Thüringen hinein, im Osten bis an die tschechische Grenze und im Süden bis kurz vor Ingolstadt.
Auch was den Kaufkrafteffekt angeht, werfen die Veranstaltungen der NürnbergMesse Wellen: Der ifo-Studie zufolge gehen allein in der Metropolregion pro Jahr 934 Millionen Euro in den Wirtschaftskreislauf, auf ganz Bayern bezogen sind es 1,21 Milliarden Euro.
Knapp mehr als 11 Millionen Euro pro Jahr geben Koch zufolge allein jene 350 unterfränkischen Aussteller im Zuge der Messen aus – Standaufbau, Standmiete, Personal und Werbung sowie Kosten für Übernachtung und Verpflegung inklusive. Die Messebesucher aus Unterfranken lassen demnach zusammen ebenfalls etwa 11 Millionen Euro liegen – freilich hauptsächlich in Nürnberg selbst. Hauptanteile sind hier Übernachtung und Reisekosten.
Nürnberg ist unter den Großen
Mit all diesen Zahlen im Hintergrund verwundert es nicht, dass sich die NürnbergMesse zu den 15 größten Messegesellschaften weltweit und zu den sechs größten in Deutschland zählt. „Der Fokus auf die Nische ist unser Erfolgsrezept“, sagt Sprecher Koch. Die Messegesellschaft verstehe sich als Sprungbrett für die fränkische Wirtschaft.
Mit „Nische“ meint Koch die Tatsache, dass Nürnberg neben den Kassenschlagern wie Spielwarenmesse und Consumenta auch Adresse für ausgewähltes Fachpublikum ist. So versammeln sich zum Beispiel bei der „Chillventa“ Experten für Energiewende und Nachhaltigkeit, bei der „Sensor+Test“ kommt die Branche der Mess- und Prüftechnik zusammen.
Eine jener unterfränkischen Firmen, die dem Messestandort Nürnberg seit Jahren treu sind, ist die Göpfert Maschinen GmbH in Wiesentheid (Lkr. Kitzingen). Bei jeder „FachPack“ sei sein Unternehmen dabei, betont Göpfert-Vertriebsmanager Michael Donnert.
„Die Frage stellt sich nicht“, ob der auf Maschinen für die Verarbeitung von Wellpappe spezialisierte Betrieb alle Jahre an der Fachmesse teilnimmt. Die Teilnahme an der „FachPack“ sei bei Göpfert mittlerweile ein Selbstläufer.
Obwohl das Standpersonal jeden Tag zwischen Wiesentheid und Nürnberg pendle, nimmt das Unternehmen nach Donnerts Worten immer noch etwa 25 000 Euro pro Messeauftritt in die Hand. Dieser Aufwand muss sich natürlich rechnen – aber das laufe nicht allein über das Nach-Messe-Geschäft. Viel wichtiger sei die „FachPack“ für Göpfert, um das Ohr an den Bestandskunden zu haben. Die Messe sei gut geeignet, um die Stimmung auf dem Markt zu erfahren, die Gewinnung von Neukunden ist laut Donnert in Nürnberg „verschwindend gering“.
Neue Messe in Aussicht
Wie jedes Unternehmen versucht auch die NürnbergMesse, mit ihrem Angebot am Puls der Zeit zu sein. Das zeigt sich im Messekalender: Für 2017 sei eine neue Schau rund um Medizintechnologie geplant, sagte Unternehmenssprecher Koch im Gespräch mit unserer Redaktion. Der Name der Messe sei noch in Planung.
Mit einer weiteren Neuheit wollen die Nürnberger ebenfalls ein aktuelles Thema aufgreifen – wozu sie Hilfe aus Unterfranken bekommen haben: Koch zufolge wird es im Februar 2017 einen Kongress rund um „Industrie 4.0“ geben. Dieser Kongress sei mit der Universität Würzburg entwickelt worden.
Im Mittelpunkt des Treffens stehen nach Darstellung des Sprechers ethische und rechtliche Fragen rund um diese sogenannte vierte industrielle Revolution, bei der Unternehmen unter anderem ihre Produktionsdaten vernetzen.
Neue Halle in Bau
Teilweise finden verschiedene Messen und Kongresse auf dem Gelände im Nürnberger Südosten gleichzeitig statt. Platz ist genug: 15 Hallen plus ein mehrstöckiges Konferenzzentrum für fast 13 000 Gäste befinden sich auf dem Areal unweit von Großer Straße, Dutzendteich und dem Fußballstadion des 1. FC Nürnberg.
Derzeit wird eine weitere Halle auf dem Gelände gebaut. Sie kostet nach Firmenangaben 70 Millionen Euro und sei die größte Investition in der Geschichte der NürnbergMesse, teilte das Unternehmen mit.
NürnbergMesse
120 Messen pro Jahr im In- und Ausland richtet die NürnbergMesse aus – inklusive diverser Kongresse sowie Messen anderer Veranstalter, für die die Gesellschaft die Hallen stellt. Am bekanntesten ist die Spielwarenmesse in Nürnberg, die von einer externen Genossenschaft ausgerichtet wird. Auch die aufs breite Publikum ausgerichtete Consumenta ist eine solche „Fremdmesse“ auf dem Nürnberger Gelände: Veranstalter ist die Messegesellschaft AFAG, bekannt auch von der Mainfranken-Messe in Würzburg. Zu den bekannteren Messen in Nürnberg zählen auch die Biofach, die Freizeitmesse, die Fensterbau Frontale, die Interzoo, die FachPack und die BrauBeviale.
Über Tochterfirmen richtet der Konzern Messen im Ausland aus, zum Beispiel in Brasilien, Indien, Japan und den USA. Gesamtumsatz des Konzerns 2014: 229 Millionen Euro (2013: 193 Millionen).
Gesellschafter der NürnbergMesse sind im Wesentlichen je zur Hälfte die Stadt Nürnberg und der Freistaat Bayern. Im Aufsichtsrat sitzen unter anderem Oberbürgermeister Ulrich Maly und Finanzminister Markus Söder. aug