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München
Was würde das neue Cannabis-Gesetz in Bayern ändern?
Bayern wettert gegen die Cannabis-Legalisierung. Aber hat die Staatsregierung überhaupt Mittel, um sie zu torpedieren? Eine Bestandsaufnahme.
Cannabis.jpeg       -  Auch der Augsburger Strafverteidiger Walter Rubach kann dem Gesetzentwurf wenig abgewinnen. Kein Gelegenheits- oder Partykiffer werde einem der vorgesehenen Vereine beitreten, sagt er.
Foto: Fabian Sommer, dpa | Auch der Augsburger Strafverteidiger Walter Rubach kann dem Gesetzentwurf wenig abgewinnen. Kein Gelegenheits- oder Partykiffer werde einem der vorgesehenen Vereine beitreten, sagt er.
Uli Bachmeier
 |  aktualisiert: 12.04.2024 14:51 Uhr

Das Gesetz zur Cannabis-Legalisierung sorgt für heftige Wallungen: So ganz genau weiß nämlich offenbar noch niemand, welche praktischen Folgen der von der Bundesregierung verabschiedete Gesetzentwurf haben könnte. Und Bayern ist da, obwohl es sich um ein Bundesgesetz handelt, noch einmal in besonderer Weise betroffen. Hier gehen Polizei und Justiz traditionell härter gegen Drogendelikte vor. Die spannende Frage lautet, ob es dabei bleiben kann und ob nicht plötzlich ganz neue Probleme auftauchen. 

Es war, um ein klassisches Beispiel aus der Region zu nehmen, schon immer ein Unterschied, ob jemand in Ulm oder in Neu-Ulm mit ein paar Gramm zu viel in der Tasche erwischt wird. Staatsanwälte und Gerichte in Baden-Württemberg gelten als nachsichtiger mit Konsumenten und Kleindealern, ihre Kollegen in Bayern als deutlich strenger. Dass das Strafgesetz überall in Deutschland in gleicher Weise gelten sollte, war also schon bisher reine Theorie. Und in der Praxis der Polizei ist das offenbar nicht recht viel anders. 

Cannabis-Legalisierung: Experten erwarten keine Entlastung der Polizei- und Justizbehörden

Der Besitz von kleineren Mengen Cannabis, der von einem Drogenfahnder in Berlin unter Umständen als Teil der gesellschaftlichen Realität hingenommen und als "Kleinkram" ignoriert wird, führt in Bayern in aller Regel zu einem Ermittlungsverfahren und zu einer Verurteilung. 

Was also ändert sich in Bayern, wenn der Reformentwurf der Bundesregierung Gesetz würde? Der wichtigste Punkt ist die von der Bundesregierung gewünschte Entkriminalisierung privater Konsumenten, die Cannabis nur in kleinen Mengen für den Eigengebrauch besitzen und damit keinen Handel treiben. Bisher wird in Bayern nach Angaben des Justizministeriums nur beim Besitz von Mengen unter sechs Gramm von der Strafverfolgung abgesehen. Künftig soll der Besitz von 25 Gramm straffrei bleiben.

Dass damit auch eine Entlastung der Polizei- und Justizbehörden von Bagatellfällen einhergeht, ist nach Einschätzung von Experten allerdings nicht zu erwarten. Der Gesetzentwurf nämlich enthält zahlreiche andere Bestimmungen, die insbesondere dem Schutz der Jugend dienen sollen. Der Hintergrund: Es ist unstrittig, dass regelmäßiger Konsum von Cannabis für Jugendliche und Heranwachsende schwerwiegende gesundheitliche Risiken birgt. 

Deshalb sollen der Anbau und die Abgabe in "Cannabis-Clubs" organisiert werden, die strengen Auflagen unterliegen. Sie müssen sich über Mitgliedsbeiträge finanzieren, dürfen nicht gewinnorientiert arbeiten, keine Werbung machen, kein Cannabis an unter 18-Jährige abgeben und sollen Präventions- und Jugendschutzkonzepte erarbeiten. Außerdem soll es Sonderregelungen für junge Erwachsene mit geringeren Abgabemengen und reduziertem Wirkstoffgehalt geben. Im privaten Eigenbau sollen maximal drei weibliche Pflanzen erlaubt sein. 

Die Ampelregierung werde "ein Bürokratiemonster erschaffen", sagt Bayerns Innenminister Herrmann (CSU)

Damit werde die Ampelregierung "ein Bürokratiemonster erschaffen", sagt Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU). "Selbst das Ziel, durch die Straffreiheit beim Konsum Polizei und Justiz zu entlasten, wird sie damit ins Gegenteil verkehren." Der Gesetzentwurf enthalte eine Vielzahl an Ordnungswidrigkeitstatbeständen, die zu einem erhöhten Kontrollaufwand führen würden. "Mit anderen absurden Regeln wie dem 200-Meter-Abstandsgebot zu Kindergärten oder Sportstätten für alle, die öffentlich kiffen wollen, strotzt dieses Gesetz nur so vor staatlicher Bevormundung und Regulierungswut." Ähnlich äußert sich auch Bayerns Justizminister Georg Eisenreich (CSU). Seiner Ansicht nach würde das neue Gesetz "zu einer erheblichen Zusatzbelastung der Strafverfolgungsbehörden und Gerichte führen".

Der Augsburger Strafverteidiger Walter Rubach kann dem Gesetzentwurf aus etwas anderen Gründen kaum gute Seiten abgewinnen. Er sagt: "Kiffen, vor allem Genusskiffen, ist mit einer Ideologie der Freiheit behaftet: High sein, frei sein! Und Menschen, die dieser Ideologie anhängen, sollen sich einem Höchstmaß bürokratischer Erfassung durch das Gesetz unterwerfen? Sie sollen alle wesentlichen biografischen Daten preisgeben und dokumentieren, wann sie wie viel Cannabis mit welchem Wirkstoffgehalt gekauft haben? Das werden sie niemals tun."

Wird die Polizei in Bayern auch weiterhin härter vorgehen als in anderen Ländern?

Das Gesetz produziere ein riesiges Ausmaß an überwachender Bürokratie. Kein Gelegenheits- oder Partykiffer werde einem der vorgesehenen Vereine beitreten, sagt Rubach. "Und die Polizei wird – vielleicht mit anderen Schwerpunktsetzungen – genauso viel zu tun haben wie bisher."

Dass die Staatsregierung unter den möglichen neuen gesetzlichen Rahmenbedingungen bei Cannabis mehr Nachsicht üben wird als bisher, ist tatsächlich nicht zu erwarten. Justizminister Eisenreich kritisiert den Gesetzentwurf als erheblichen Rückschlag für die Bekämpfung des illegalen Drogenhandels. Innenminister Herrmann betont: "Die bayerische Polizei wird auf jeden Fall konsequent nach Rechtslage einschreiten, kontrollieren und Straftaten wie Ordnungswidrigkeiten verfolgen." Das erwartet auch Rechtsanwalt Rubach. Die Polizei in Bayern werde auch weiterhin härter vorgehen als in anderen Ländern: "Wie hoch die Kontrolldichte sein wird, ist ja im Wesentlichen eine politische Entscheidung." 

 
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