Zum ersten Mal ist die Forelle in Deutschland als "gefährdet" eingestuft worden. Zu diesem Ergebnis kommt das Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB). Das Institut hat die neue Rote Liste der Süßwasserfische und Neunaugen in Deutschland präsentiert. Das Ergebnis: Die Hälfte dieser Tierarten gelten nun als "gefährdet" oder "bereits ausgestorben oder verschollen".
Bei der Forelle kam es unter anderem zu der Einstufung, da in fünf Bundesländern die Bestände zurückgehen. Darunter auch Bayern. "Die Forelle ist hierzulande eines der ersten Opfer des Klimawandels", sagt Forschungsgruppenleiter Christian Wolter vom IGB. Die Forelle bevorzuge kalte Gewässer. Doch die Temperaturen, in denen sie sich wohlfühlt, werden laut Wolter immer häufiger überschritten.
19 Prozent der Fließgewässer sind in einem guten oder sehr guten Zustand
Bayern habe nach wie vor recht große Forellenbestände, die Art gilt im Freistaat laut einem Sprecher des Bayerischen Landesamtes für Umwelt (LfU) noch nicht als gefährdet. Dennoch schrumpfen die Bestände. Und das, obwohl die Gewässer in Bayern durch einige Maßnahmen bereits seit mehreren Jahren geschützt werden sollen. Für die Verbesserung der Gewässerqualität wurden laut dem Sprecher der LfU in den Jahren 2010 bis 2021 über 600 Millionen Euro eingesetzt.
Trotzdem sind laut der Länderinitiative Kernindikatoren bisher nur 19 Prozent der Fließgewässer in ökologisch guten oder sehr guten Zustand. Im bundesweiten Vergleich schneidet der Freistaat nicht schlecht ab: In Deutschland erreichen nur rund 9 Prozent der Fließgewässer diesen Status. Dabei ist das Ziel der Europäischen Union, dass alle Gewässer bis 2027 in gutem ökologischer Zustand sind. „Die Verbesserung der Gewässerqualität ist eine zentrale Zukunftsaufgabe", sagt der bayerische Umweltminister Thorsten Glauber (Freie Wähler). "Bayern wird dafür auch in Zukunft viel Geld einsetzen.“ Der Freistaat sei bei der Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinien auf einem guten Weg.
Wolter: Das größte Problem für die Forelle ist der Klimawandel
Christian Wolter hingegen wünscht sich, dass vonseiten der Politik mehr für die Gewässer getan wird. Es werde leider mehr Geld für die Zerstörung der Gewässer ausgegeben, als für ihren Schutz. Andere Funktionen der Fließgewässer seien den Menschen wichtiger als ökologische Kriterien, sagt er. Dazu zähle zum Beispiel Hochwasserschutz, Schifffahrt, Entwässerung, Stromerzeugung oder Wasserentnahme.
Dabei könne man viel tun, um den Gewässern und damit auch der Forelle zu helfen. Das größte Problem für die Forelle, der Klimawandel, kann laut Wolter mit südseitiger Bepflanzung der Ufer gelöst werden. Dadurch gebe es mehr Schatten und die Wassertemperatur sinke. Viele Anglerinnen und Angler setzten das schon an ihren eigenen Gewässern um, sagt Wolter.
Oft muss mit Landwirten verhandelt werden
Doch nicht immer ist es laut Stefan Ossyssek so einfach. Er ist Referent für Arten- und Biotopschutz beim Bund Naturschutz. Um Flüssen und Bächen mehr Raum zu geben, müsse oftmals mit Landwirtinnen und Landwirten verhandelt werden, auf deren Flächen die Gewässer liegen. In Bayern gebe es schon die Vorgabe, dass an fünf Meter breiten Gewässerrandstreifen kein Ackerbau betrieben werden darf. "Die Umsetzung läuft aber noch nicht ganz optimal", sagt Ossyssek. Die Regelung gebe es zwar schon seit 2019, doch teilweise sei immer noch unklar, was zu den Gewässern zählt. Zudem betreffe diese Verordnung nur natürliche Gewässer. Laut Ossyssek sollte sie aber auch für künstliche Gewässer gelten.
Auch die politische Situation mache den Schutz der Tiere nicht einfach, sagt er. Denn Wasserkraft werde als Energiequelle genutzt. Doch Wasserkraftwerke stellen für Fische zum Teil eine große Gefahr dar. In manchen Wasserkraftwerken sterben laut Ossyssek 35 bis 43 Prozent der Fische, die die Anlage passierten. An anderen Standorten seien es zwei bis sechs Prozent gewesen.
Für die Fische sind Wehre ein großes Problem
Ein weiteres Problem für die Fische sei, dass sich Sediment an den Wehren anstaut. "Forellen laichen auf Kies ab", sagt Ossyssek. Setzt sich auf dem Kies das Sediment ab, werde der Laich nicht mehr mit Sauerstoff versorgt und ersticke. Durch die Abtrennung eines Gewässers durch ein Wehr bleibe der Kies auf der einen Seite liegen. Er fehle dann auf der anderen Seite. So gehe der Lebensraum für die Fische verloren. Auch sei der genetische Austausch unter den Forellen stark eingeschränkt, da sie durch die Querbauwerke voneinander getrennt werden.
Ob Forellen nun weiterhin geangelt werden sollten, darüber sind sich die Experten nicht ganz einig. "Angeln ist nicht der Hauptfaktor, warum die Bestände rückläufig sind", sagt Stefan Ossyssek. Es sei aber sicher besser, eine sowieso schrumpfende Art nicht auch noch zu fangen. Christian Wolter vom IGB wiederum sagt: "Das Angeln von Forellen zu verbieten, würde auch nichts ändern."