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Augsburg
Geht es dem Wald in Bayern tatsächlich besser?
Die heißen, trockenen Sommer haben Fichten, Buchen und Eichen zugesetzt. Bundesweit ist nur noch jeder fünfte Baum gesund. In Bayern allerdings gingen die Waldschäden zurück.
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Foto: Matthias Bein, dpa | Der Wald soll ein Ort der Erholung sein. Doch der Klimawandel setzt den Bäumen immer mehr zu.
Sonja Dürr
 |  aktualisiert: 11.03.2024 12:43 Uhr

Als Cem Özdemir am Dienstag in Berlin eine Elsbeere pflanzt, hat er jede Menge ernst zu nehmender Nachrichten im Gepäck: Der Zustand der deutschen Wälder ist angespannt, die Baumschäden seien "weiterhin auf einem sehr hohen Niveau", heißt es. Die Waldzustandserhebung 2022, die Özdemir passend zum "Tag des Waldes" vorstellt, besagt, dass nur noch jeder fünfte Baum hierzulande als gesund gilt. 

So hoch wie in Bayern war der Rückgang lichter Baumkronen nirgends

Forst-Fachleute schauen vor allem auf die Baumkronen, um zu bestimmen, wie schlecht es um den Wald steht. Ist mehr als ein Viertel der Kronen licht, fällt er unter die Kategorie schadhaft. Über alle Arten hinweg war das im vergangenen Jahr bei 35 Prozent der Bäume der Fall. Einen kleinen Lichtblick bieten da nur die Zahlen aus Bayern: Im Freistaat sank dieser Wert dagegen von 40 auf 26 Prozent. Das ist mit Abstand der höchste Rückgang unter allen Bundesländern.

Geht es dem Wald in Bayern also tatsächlich so viel besser als im Rest des Landes? Sind die Bäume hierzulande wieder gesünder geworden?

Peter Pröbstle leitet die Landesanstalt für Wald- und Forstwirtschaft (LWF) mit Sitz in Freising. Dass sich die Bäume in Bayern im Schnitt stärker erholt haben, habe vor allem mit der Witterung zu tun. "Wir hatten ein relativ kühl-feuchtes Frühjahr, vor allem im April hat es stark geregnet. Damit konnten sich die Bäume gut entwickeln." Mehr Regen als in anderen Bundesländern bedeutet eben auch bessere Bedingungen für den Wald. Und: Weil die Erhebung jedes Jahr im Juli stattfindet, fallen der heiße August und der trockene Herbst 2022 noch gar nicht ins Gewicht, sondern tauchen erst mit einem Jahr Verzögerung auf. "Das werden wir erst deutlich an den Nadel- und Blattverlusten in diesem Jahr sehen", sagt Pröbstle. 

Der Fachmann sagt: "Es geht dem Wald nicht gut."

Aussagekräftiger ist für den Forstfachmann ohnehin eine andere Zahl aus dem Bericht: die der mittleren Nadel- und Blattverluste. Die sind innerhalb eines Jahres nur um zwei Prozentpunkte zurückgegangen, auf nun 24 Prozent. Das heißt: Die Waldbäume im Freistaat tragen im Schnitt rund ein Viertel weniger Nadeln oder Laub als gesunde Bäume. Das ist das fünftschlechteste Ergebnis innerhalb der letzten 40 Jahre.

Grund zur Entwarnung kann Pröbstle also nicht geben. Im Gegenteil. "Es geht dem Wald nicht gut. Und die Prognose ist auch nicht besonders."

Hubertus Wörner, Leiter der Bayerischen Forstverwaltung, hat es zuletzt noch deutlicher ausgedrückt. "Prognosen zeigen, dass es 2050 in Bayern so ähnlich aussehen wird wie in Italien", sagte Wörner bei einer Tagung in Würzburg. "Wir können nicht darauf warten, dass sich der Wald allein rettet, er wird es nicht tun."

Viele Bäume haben ihr Laub schon im August abgeworfen

Vor allem die extrem trockenen und heißen Sommer der Jahre 2015 sowie 2018 bis 2020 haben den Wäldern stark zugesetzt – und eben der Hitzesommer im vergangenen Jahr. Wie gravierend die Folgen sind, ließ sich vor allem im Norden Bayerns beobachten: Dort haben viele Bäume ihr Laub schon im August oder Anfang September abgeworfen, wohl um weniger Wasser zu verlieren. In Schwaben dagegen waren die Schäden geringer, vor allem rund um Augsburg, erklärt Ralf Gang, der am Landwirtschaftsamt Augsburg den Bereich Forst leitet. Es habe einfach mehr geregnet, zudem seien die Böden besser in der Lage, Wasser zu speichern. "Wir haben noch Glück gehabt."

Von der Hitze profitiert vor allem der Borkenkäfer, der sich in geschwächten Fichten einnistet. Sind die Fichten gut mit Wasser versorgt, können sie viel Harz produzieren und so den Borkenkäfer ertränken. Kämpfen die Bäume bereits mit der Hitze, hat der Schädling leichtes Spiel.

Buche, Tanne und Bergahorn gelten als Alternative

In Schwaben und Oberbayern, wo es nach wie vor große Fichtenbestände gibt, richtet der Borkenkäfer seit Jahren Schäden an. "Zu einer großen Katastrophe ist es bisher nicht gekommen. Aber das kann sich schnell ändern", sagt Pröbstle. Befallene Bäume müssen schnell gefällt und aus dem Wald gebracht werden. Darüber hinaus braucht es Baumarten, die besser mit Trockenheit und Hitze klarkommen. "Wir müssen weg von der Fichte hin zu einem klimatoleranten Mischwald", erklärt Forstbereichsleiter Gang. Privaten Waldbesitzern rät man, etwa Buchen, Tannen und Bergahorn zu pflanzen.

Für Ralf Straußberger, Wald- und Jagdreferent beim Bund NaturschutzBayern, braucht es noch viel mehr Beratung für die Privatwaldbesitzer, denen die Hälfte der Waldfläche Bayerns gehört. Denn es sei absehbar, dass auch Schwaben ein Problem bekommen werde. "Auch hier wird der Käfer zuschlagen. Es wird ein großes Wehklagen geben", sagt Straußberger. 

Aus Sicht des Bund NaturschutzBayernunternimmt die Staatsregierung zu wenig, um die Wälder zu retten. Straußberger sagt: "Das Gleichgewicht im Wald ist seit vielen Jahren außer Kraft." Der Wald müsse dringend verjüngt werden, doch viele der jungen Baumpflanzen würden von Hirschen und Rehen aufgefressen, weil deren Bestände zu groß seien und zu wenig bejagt würden. "Wir laufen sehenden Auges in eine vehemente Waldkrise", sagt Straußberger. "Oben stirbt der Wald und unten wächst nichts nach."

Der Klimawandel macht dem Wald zu schaffen. Deswegen muss er sich verändern. Im Podcast "Augsburg, meine Stadt" sagt Försterin Eva Ritter, wie unser Wald deswegen in hundert Jahren aussehen wird.

 
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