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Donauwörth
Ausstellung zu Käthe Kruse: Kindgerechte Spielegefährtinnen statt Modepüppchen
Käthe Kruses Puppen waren hochwertige Spielgefährten – und stets Spiegelbilder ihrer Zeit, wie eine liebevolle Ausstellung in Donauwörth zeigt.
Daniela Hungbaur
 |  aktualisiert: 11.03.2024 11:20 Uhr

Das Rot des Schottenrocks passt exakt zum Rot des Pullunders und zum Rot der feinen Lederschühchen. Selbst die geflochtenen Zöpfe werden mit roten Schleifen zusammengehalten. Charlotte lacht nicht, sie weint auch nicht. Sie blickt einen einfach an mit ihren blauen Augen, ihren leicht roten Wangen. Ein hübsches Puppenkind aus dem Jahr 1978. Die wesentlich kleineren "Däumlinchen" neben ihr sind farblich krachiger angezogen: Sie tragen – passend zu den 70er Jahren – Latzhosen aus Lackimitat in kräftigem Gelb und Rot.

Auch die Unterwäsche sitzt und ist fein ausgearbeitet

Zu sehen ist das anmutige Puppenensemble im Käthe-Kruse-Museum in Donauwörth, das sein 30-jähriges Bestehen feiert. Unter dem Titel "Puppenmode und Modepuppen" findet zurzeit eine kleine Sonderausstellung statt, die das thematisiert, was die insgesamt ausgesprochen hochwertigen Puppen, die längst auch gefragte Sammelobjekte sind, schon immer auszeichnete: ihre besonders detailverliebte und sorgfältige Kleidung.

Selbst auf die feine Ausarbeitung und gute Passform der Unterwäsche und Socken wurde bei Käthe Kruse von jeher großen Wert gelegt. Und da Mode auch in Miniaturformat teuer sein kann, das immer wieder neue Aus- und Ankleiden aus einer gut bestückten Garderobe aber in der Regel eine besondere Freude für junge Puppenbesitzerinnen und Puppenbesitzer ist, wundert es nicht, dass es in einigen Modejournalen auch immer wieder Anleitungen samt Schnittmusterbögen für Kleidung für Käthe-Kruse-Puppen gab. Eine kleine Auswahl an Eigenkreationen ist zu sehen.

Dennoch waren die Puppen aus der international bekannten Manufaktur von Käthe Kruse nie Modepüppchen, die Mädchen schon früh in eine Rolle vor allem als repräsentative Hausdame drängen wollten. Ganz im Gegenteil: Was die erfolgreiche Puppenmacherin früh auszeichnete, sind kindgerechte Puppenmädchen und Puppenbuben. Es sind Spielgefährtinnen und Spielgefährten. 

Das war Käthe Kruse wichtig. Und wer nicht nur die einzelnen Puppenin ihrer zeitlichen Entwicklung von Beginn um das Jahr 1905 bis in die Gegenwartverfolgt, erfährt in der Ausstellung auch viel über die Künstlerin und Unternehmerin. Vor allem auch über die Einflüsse aus Kunst und Pädagogik, die auf sie einwirkten. Gerade ihre Zeit mit den beiden jüngsten Töchtern auf dem Monte Verita bei Ascona, einem Treffpunkt für Kunstschaffende, an dem Reformen der Zeit entwickelt wurden, beeinflusste sie sicher stark, berichtet Thomas Heitele, der Leiter des Käthe-Kruse-Museums, bei einem Rundgang. Auch durch Ellen Key, die um die Jahrhundertwende mit dem Buch "Das Jahrhundert des Kindes" eine völlig neue Sichtweise auf die Kindheit angestoßen habe, sei Käthe Kruse mit reformpädagogischen Ideen in Kontakt gekommen. 

Annehmen dürfe man weiter, dass Käthe Kruse auch Marion Kaulitz und ihre Künstlerpuppen gekannt hat – schließlich war ihr Mann, der Bildhauer Max Kruse, zu Beginn des 20. Jahrhunderts in den Münchner Kunstkreisen gut vernetzt. Aber auch vor dem Hintergrund der aufkommenden industriellen Massenproduktion setzte die 1883 bei Breslau geborene Käthe Kruse bewusst auf hochwertige und kindgerechte Puppen.

Vielen unbekannt dürfte es sein, dass Käthe Kruse auch Schaufensterfiguren gestaltete. Und zwar nicht nur in Kinder-, sondern auch in Erwachsenengröße. In der Weltausstellung in Paris 1937 bekam sie für ihre Figurengruppe "Mutter mit Kinder" einen Grands Prix. Nicht verschwiegen wird in der Ausstellung, dass Käthe Kruse, Mutter von sieben Kindern, zu Beginn des nationalsozialistischen Regimes auch Puppen in der Uniform eines SA-Mannes, als Hitlerjunge und ein Mädchen in BDM-Uniform angeboten hat. Sie suchte wohl auch Kontakte zu Edda Göring und Magda Goebbels. Museumsleiter Heitele sagt: "Sie hat sich angedient so weit wie nötig und zurückgezogen so weit wie möglich." 

Schaufensterfiguren sind ein Hingucker

Mehr über die Unternehmerin und Künstlerin Käthe Kruse, deren Puppen bis heute in einer Manufaktur in Donauwörth gefertigt werden, die aber nicht mehr in Familienhand ist, sondern zur Schweizer Hape Group gehört, erfährt man in der sehr sehenswerten Dauerausstellung des Museums. Die lebensechten Schaufensterfiguren, die von 1928 bis 1958 entstanden, gehören auch dort zu einem der Blickfänge. Aber natürlich vor allem die vielen Spielpuppen, deren Stoffkörper maßgeschneiderte Kleidung präsentieren und dennoch zum kindlichen Spiel einladen.

Information: Das Käthe-Kruse-Puppen-Museum hat von Mai bis September, jeweils von Dienstag bis Sonntag, von 11 bis 18 Uhr geöffnet; von Oktober bis April ist es von Donnerstag bis Sonntag, jeweils von 14 bis 17 Uhr geöffnet. Die Sonderausstellung "Puppenmode & Modepuppen" läuft noch bis 24. September. Das Museum hat auch einen sehr guten Online-Auftritt unter www.kaethe-kruse-puppenmuseum.de; Führungsanmeldung unter Telefon 0906/789-170.

 
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