
Ja, sie haben es nicht leicht bei der Salvatorprobe am Nockherberg, die wenigen Damen und vielen Herren aus der großen Politik. Erst müssen Sie sich von Fastenprediger Maximilian Schafroth nach allen Regeln der Kunst derblecken lassen und dann werden sie im Singspiel auch noch auf eine einsame Insel verbannt, von der es kein Entkommen gibt.
Bei Schafroth hat sich in den Jahren ohne Präsenz am Nockherberg einiges aufgestaut. Er nimmt sich gleich zum Auftakt Hubert Aiwanger und dessen Aktivitäten in sozialen Netzwerke vor: „Der Hubert, der nutzt Twitter wie ein Landwirt den elektrischen Viehstupfer: Durch digitale Reize alle vor sich her treibend.“ Dann redet Schafrothüber Klimakleber und Markus Söder, der erst vor Kurzem verkündet hat, doch mehr als zehn Jahre Ministerpräsident bleiben zu wollen: „Der Markus hat seine Klebezeit grad verlängert, weil er gemerkt hat: Ich bin eigentlich gerade in der Aushärtphase. Und kein Lösemittel der Welt wird ihn entfernen.“ Und schließlich spannt er beide Herren zusammen: „Der Hubert ist der außer Kontrolle geratene Brennstab, der Markus das überforderte Kühlaggregat. Markus, kleiner Tipp, hör auf zu kühlen, dann kannst dem Hubert bei der Kernschmelze zuschauen.“
Die Grünen aus Berlin stimmt er auf die bayerische Tonlage ein: „Raus aus der Berliner Blase, rein in die bayerische Südstaaten-Anarchie, wo man noch sagen und essen kann, was man will. Ihr könnt Euch hier völlig inkonsequent verhalten – der Markus macht das, seit er in der Politik ist. Es hat ihm nie geschadet.“ Grünen-Chefin Ricarda Lang und ihren Parteifreunden empfiehlt Schafroth einen Gockel mit Pommes: „Eine grüne Partei, die Kohlekraftwerke ans Netz nimmt und mit saudischen Potentaten verhandelt, kann auch bedenkenlos an frittierten Wiesnhof-Gockel essen.“
SPD und Grüne kommen auf dem Nockherberg glimpflich davon
Besser weg kommen andere Grüne. Staatsministerin Claudia Roth zum Beispiel: „Die hat gegen Atomkraft gekämpft, da seid´s Ihr hier vorne noch mit´m Biber-Schlafanzug vorm Grundig-Fernseher gsess´n, habt´s mit saugenden Augen dem Dieter Thomas Heck gelauscht und g´schrien: Mama, der Kaba ist kalt!“ Auch Bundeskanzler Olaf Scholz hat bei Schafroth offenbar einen Stein im Brett. Der Fastenprediger hält Söder vor: „Der Olaf baut in 90 Tagen ein LNG Terminal, Du in vier Jahren keine einzige Wohnung.“ Und dass sich die Staatskanzlei mit Aktenvermerken zur zweiten S-Bahn-Stammstrecke selbst der Vertuschung entlarvt hat, bringt Schafroth zu dem Schluss: „Ich hab den Eindruck, seit so Leut´ wie der Scheuer weg sind, habt Ihr einen Fachkräftemangel im Bereich strategisches B´scheißn.“
Das Feuerwerk des Fastenprdigers endet mit einem nachdenklichen Bekenntnis, wie schön es ist, „dass ich hier stehen und frei reden darf.“ Dann folgt das Singspiel. Sie sind alle noch da, aber halt nicht dort, wo sie sein sollen. Sie sind gestrandet, bruchgelandet, schiffbrüchig. Auf einer Insel im Nirgendwo stehen sich „Team Bayern“ und die „Ampel“ in inniger Feindschaft gegenüber.
Ein ziemlich lädierter Markus Söder (Thomas Unger) besingt die Tatsache, dass er noch nicht weg ist „nach all den vielen Qualen, nach all den verkackten Wahlen“. In seinem Schlepptau ein devoter CSU-Generalsekretär Martin Huber (Roland Schreglmann), dessen Name sogar seinem Chef entfallen ist: Gruber? Müller? Meier? Und daneben kämpft Hubert Aiwanger (Stefan Murr) um Aufmerksamkeit. Er ist nur dabei, weil er mit aufs Foto will, und erfährt es mal wieder als Letzter, dass Söder einen Plan hat – was sich im Verlauf des Singspiels allerdings als substanzlose Ankündigung erweist.
Bayern und die große Koalition werden beim Starkbieranstich aufs Korn genommen
Dem bajuwarischen Männertrio stehen drei Herren aus Berlin gegenüber. Bundeskanzler Olaf Scholz (Nikola Norgauer) schlägt selbstkritische Töne an: „Wir sind noch nicht ganz da, wo wir sein sollten.“ Bundesfinanzminister Christian Lindner (Christian Pfeil) sieht, ohne sich vorher näher zu informieren, erst einmal einen „enormen Investitionsstau“. Und Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Thomas Limpinsel) macht seinem Ruf als empfindsamer Philosoph alle Ehre: „Ich sehe das Meer und den Strand, aber ich sehe auch einen Möglichkeitsraum...“
Die Redeweise ändert sich, als die Herren aus Berlin und München aneinander geraten. „Macht Euch locker, ihr Seppel“, giftet Habeck. „Hampelampel“, kontert Aiwanger. Die Berliner besingen ihre Fortschrittskoalition, die Münchner propagieren den „Freien Süden“, in dem „political correctness“ abgeschafft ist. Es geht hin und her, bis die Herren realisieren, dass sie nix zu Essen, keine Verbindung zur Außenwelt und auch kein Boot haben, um von der Insel wieder wegzukommen.
Die Fastenpredigt verbannt Habeck, Scholz und Lindner auf eine einsame Insel
Da hat dann so jeder seine eigene Methode. Habeck versucht Feuer zu machen, hat aber nix zum Anzünden. Scholz geht auf die Jagd, erlegt einen Hund, bringt den anderen aber nur eine blutige Hinterhaxe mit. Lindner sammelt Muscheln, um damit ein Boot zu kaufen. Aiwanger geht Fischen, verliert im Kampf mit einem Hai einen Arm und ein Bein, will aber trotzdem nicht aufgeben. Söder macht ein Selfie. Sein Generalsekretär bewundert ihn.
Das satirische Spiel wird durch weitere Akteure abgerundet. Der Münchner Oberbürgermeister Dieter Reiter (Gerhard Wittmann) taucht regelmäßig aus irgendeinem Loch auf, um festzustellen, dass er sich in seinen Tunnelprojekten „vergraben“ hat. Katharina Schulze (Sina Reiss) darf als einzige bayerische Oppositionspolitikerin zur Kenntnis nehmen, dass ihre Kollegen sie zum Fressen gerne haben – allerdings im wahren Sinn des Wortes. In der Ferne rudert Angela Merkel (Antonia von Romatowski) vorbei, zeigt aber wenig Lust, die Schiffbrüchigen zu retten. Friedrich Merz (David Zimmerschied) ist mit einer Harpune in der Hand immer noch hinter Merkel her. Und dann ist da noch Freia von Reiher (Gisela Schneeberger), die als schwer bewaffnete Reichsbürgerin erst für Angst und Schrecken sorgt, beim Schlusslied auf die Demokratie „Ein Hoch dem Durcheinander“, dann aber nicht mitsingen darf.