Wegen des Verdachts des Abrechnungsbetrugs von intensiv-medizinischen Leistungen wurde am vergangenen Dienstag das Klinikum Aschaffenburg-Alzenau durchsucht. Dies teilten das Polizeipräsidium Unterfranken sowie die Staatsanwaltschaft Hof in einer gemeinsamen Presseerklärung mit, beide Behörden ermitteln in enger Abstimmung. Der Verdacht richtet sich nach derzeitigem Ermittlungsstand gegen eine Person. Sie soll medizinische Leistungen aus dem intensiv-medizinischen Bereich, die am Klinikum erbracht worden sind, im Zeitraum von 2013 bis 2017 zu hoch abgerechnet haben. Ein ehemaliger Beschäftigter der Klinik hatte den Verdacht einer Krankenkasse mitgeteilt, die die Staatsanwaltschaft Hof informierte. Sie ist als Schwerpunktstaatsanwaltschaft für Abrechnungsbetrug im Gesundheitswesen für Ober- und Unterfranken zuständig.
Staatsanwalt: „Patientenwohl war nicht gefährdet“
Über den finanziellen Schaden wollte sich Reiner Laib, Sprecher der Staatsanwaltschaft Hof, nicht konkret äußern. „Der liegt im größeren Bereich“, so Laib. Nach Informationen dieser Redaktion soll es sich um siebenstellige Summe handeln, die illegal abgerechnet worden sein soll.
„Das Patientenwohl war nicht gefährdet“, sagte Laib weiter. „Es gibt keine Anzeichen für medizinische Fehlleistungen.“ Details zum Arbeitsplatz oder zur Position der beschuldigten Person wollte Laib aus ermittlungstechnischen Gründen nicht nennen.
Daten bei Durchsuchung sichergestellt
Die Durchsuchung am Dienstagmorgen um 9 Uhr führten Wirtschafts- und IT-Spezialisten der Kriminalpolizeiinspektionen Würzburg und Aschaffenburg durch, anwesend waren auch zwei Staatsanwälte. Das Klinikpersonal, wie auch die Krankenhausleitung habe sich kooperativ gezeigt und sei bereit, bei der Aufklärung mitzuhelfen, so die Polizei in ihrer Mitteilung. Es wurden umfangreiche Daten sichergestellt, sagte Staatsanwalt Reiner Laib. Die Auswertung des Materials und die damit verbundenen Folgeermittlungen werden nun einige Zeit in Anspruch nehmen.
Beschuldigte Person nicht in U-Haft
Das kommunale Klinikum Aschaffenburg-Alzenau hat an zwei Standorten insgesamt rund 2500 Mitarbeiter und rund 880 Betten. Vorsitzender des Krankenhauszweckverbandes und Vorsitzender der Gesellschafterversammlung ist Aschaffenburgs Oberbürgermeister Klaus Herzog. Aufsichtsratsvorsitzender des Klinikums ist Landrat Ulrich Reuter. Beide saßen am Donnerstagmittag in einer Verwaltungsratssitzung der Sparkasse.
Herzog ließ mitteilen, dass er sich über eine Pressemitteilung hinaus derzeit nicht äußern wolle. In der dünnen Erklärung heißt es, dass die Verantwortlichen der Klinikleitung und der Aufsichtsgremien „ein maximales Interesse daran haben, den Sachverhalt aufzuklären“. Ebenso wie die Krankenkassen „sind alle Beteiligten im Klinikum höchst interessiert an einer ordnungsgemäßen, fehlerfreien Abrechnung der erbrachten Leistungen“, so Landrat Reuter.
Die beschuldigte Person wurde nicht in Untersuchungshaft genommen, so die Staatsanwaltschaft. Ob sie von ihrem Job freigestellt ist oder noch im Klinikum arbeitet, dazu wollte sich Kliniksprecherin Annika Hollmann auf Anfrage nicht äußern.
Den Stein ins Rollen gebracht hat die AOK Bayern Ende Oktober 2017, als sie die Schwerpunktstaatsanwaltschaft in Hof über den Verdacht informierte, wie ein Sprecher auf Anfrage dieser Redaktion bestätigte. Die Anzeige sei im Auftrag für 17 weitere Krankenkassen erfolgt.