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WÜRZBURG/SCHWEINFURT
Mangel an Narkosemittel beunruhigt Mediziner
Narkose       -  Remifentanil ist laut Medizinern aus Unterfranken „das Mittel der Wahl“ bei Narkosen. Was passiert, wenn das Medikament nicht mehr lieferbar ist?
Foto: Jens Schierenbeck (dpa-tmn) | Remifentanil ist laut Medizinern aus Unterfranken „das Mittel der Wahl“ bei Narkosen. Was passiert, wenn das Medikament nicht mehr lieferbar ist?
Gisela Rauch
 |  aktualisiert: 19.10.2020 09:33 Uhr

Deutschlands Anästhesisten geht das wichtige Narkosemittel Remifentanil aus, das vorwiegend bei ambulanten Operationen eingesetzt wird. Das Fehlen des Mittels, über das zuerst die Frankfurter Allgemeine Zeitung berichtet hat, verärgert und beunruhigt die Mediziner. Auch in Unterfranken macht das Fehlen des Produkts Anästhesisten, Apothekern und Klinikverantwortlichen Kopfzerbrechen.

„Der Mangel wirkt sich bei uns aus – und zwar heftig“, bestätigt Dr. Stefan Englert, der Ärztliche Leiter der Anästhesiepraxis Würzburg, einem großen Medizinischen Versorgungszentrum mit mindestens 14 000 Anästhesien im Jahr. Englert zufolge handelt es sich bei Remifentanil um ein schmerzausschaltendes Narkosemittel, das den großen Vorteil hat, vom Körper besser und vor allem schneller abgebaut werden zu können als jedes andere handelsübliche Konkurrenzprodukt. Mit Remifentanil wird also ein Patient nach einer Narkose wieder schnell Herr seiner Sinne, ist bei sich und handlungsfähig – ein erklärtes Ziel bei ambulanten Operationen. Gerade bei Patienten mit Vorerkrankungen oder bei langdauernden Operationen sei Remifentanil eben das Mittel der Wahl, so Englert weiter.

Vorräte "reichen vielleicht zwei Monate"

Derzeit aber bekomme die Anästhesiepraxis „vom Hersteller nichts“, berichtet Englert weiter. Man habe Vorräte gebunkert, diese reichten „vielleicht zwei Monate“. Schon jetzt sparten die Anästhesisten seiner Praxis, seien gezwungen, in der Mangelsituation sich ganz genau zu überlegen, welcher Patient das Mittel bekomme und bei wem es ersetzbar sei.

Was passiert nun, wenn ein Patient Remifentanil nicht bekommt? „Es besteht die Möglichkeit, auf andere Präparate auszuweichen, die in ihrer Wirkung vergleichbar sind, bei ihrer Anwendung allerdings mehr Aufwand und Nachsorge bedürfen“, so Susanne Just, die Sprecherin des Uniklinikums Würzburg. Das Uniklinikum verfüge über Infrastrukturen zur Patientenbetreuung, die auch unter diesen Bedingungen geeignet seien, das zu erreichen, was jeder von einer Narkose erwarte – nämlich Wirksamkeit und Sicherheit, so Just weiter. „Die Patienten der Uniklinik sind von den Engpässen bisher nicht betroffen“, erklärt Professor Norbert Roewer, der Anästhesiologie-Direktor der Uniklinik.

Engpass in Mitteleuropa "inakzeptabel"

Verärgert zeigt sich Roewer darüber, dass „die Versorgung mit wichtigen Medikamenten über mittlerweile mehr als ein Jahr nicht zuverlässig geschieht“. „Für die Zukunft erwarten wir klar von Pharmaindustrie und Politik, dass uns dieses Medikament und andere uneingeschränkt zur Verfügung stehen“, fordert Roewer.

Ins gleiche Horn stößt der Leiter der Anästhesiologie des Schweinfurter Leopoldina-Krankenhauses, Professor Hauke Rensing. „Remifentanil ist das Mittel der Wahl bei Narkosen – und dass ein so wichtiges Medikament nicht lieferbar ist, dass überhaupt wichtige Medikamente zeitweise nicht lieferbar sind – das ist ein Zustand, der in Mitteleuropa inakzeptabel ist“, teilt Rensing mit.

Versorgung soll schnell sichergestellt werden

Vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) heißt es, die Nachschubprobleme seien seit Ende 2016 bekannt. Im März habe es eine erste Gesprächsrunde mit allen Akteuren gegeben, am Donnerstag stehe eine weitere Abstimmungsrunde an. „Ziel ist es, möglichst schnell die Versorgung aller Patienten sicherzustellen“, so BfArM-Sprecher Maik Pommer..

Der größte Lieferant für Remifentanil ist der Konzern GlaxoSmithKline (GSK) mit deutschem Sitz in München. Die Frankfurter Allgemeine Zeitung „FAZ“ zitiert einen GSK-Sprecher mit den Worten, 2016 seien Chargen wegen Qualitätsmängeln zurückbehalten oder vernichtet worden. Die Probleme seien aber behoben: „Wir sind wieder voll lieferfähig.“

 
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Kommentare
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  • al-holler@t-online.de
    Doch ein Kostenfaktor?
    „Es besteht die Möglichkeit, auf andere Präparate auszuweichen, die in ihrer Wirkung vergleichbar sind, bei ihrer Anwendung allerdings mehr Aufwand und Nachsorge bedürfen“ lese ich da.
    Mehr Aufwand - also alles doch (nur) ein Kostenfaktor............................

    ß
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  • Preisschraube?
    Was jetzt? Die Kliniken sagen, sie bekommen das Medikament nicht, der Hersteller behauptet voll lieferfähig zu sein. Warum liefern sie dann nicht? Sollte es eine Preisfrage sein, die da zu verhandeln ist? Und wer badet`s aus wie immer - die Patienten.
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