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Manching
Kein Alarm und keine Videobilder: Wie der Goldschatz von Manching gestohlen wurde
Nach dem Diebstahl des Keltenschatzes von Manching fehlt noch immer jede Spur von Tätern und Gold. Inzwischen wird immer klarer: Das Sicherheitsnetz hatte mehr als nur eine Schwachstelle.
Goldschatz der Kelten       -  483 Münzen aus der Keltenzeit haben Unbekannte aus einem Museum in Manching gestohlen. Hatten es die Täter besonders leicht, weil das Sicherheitsnetz einige Schwachstellen aufwies?
Foto: Archäologische Staatssammlung, dpa (Archivbild) | 483 Münzen aus der Keltenzeit haben Unbekannte aus einem Museum in Manching gestohlen. Hatten es die Täter besonders leicht, weil das Sicherheitsnetz einige Schwachstellen aufwies?
Luzia Grasser
 |  aktualisiert: 11.03.2024 13:10 Uhr

1999 haben Archäologen bei Ausgrabungen in Manching 483 Goldmünzen aus der Keltenzeit gefunden. Die Wissenschaftler jubilierten ob des einzigartigen Fundes, genauso wie die Marktgemeinde Manching. Das Keltengold war der größte Schatz im 2006 eröffneten Kelten-Römer-Museum. Bis Ende des vergangenen Jahres. In der Nacht auf den 22. November sind Unbekannte in das Gebäude eingebrochen, haben die Bodenvitrine, in der der Goldschatz lag, eingeschlagen und sind mit den Münzen verschwunden. Gerade einmal neun Minuten hat der filmreife Coup gedauert.

Als wahrscheinlich gilt, dass die Einbrecher auch für eine andere Tat verantwortlich sind. Denn nur eine Stunde vorher waren an einem Glasfaserknotenpunkt der Telekom wichtige Verbindungen durchtrennt worden mit der Folge, dass Manching und umliegende Gemeinden völlig lahmgelegt waren: Es gab kein Telefon, kein Internet, kein Handy. Aber nicht nur das, auch die Sicherheitsanlage des Museums hat wegen der Störung keinen Alarm ausgelöst. So wurde der Diebstahl erst rund acht Stunden später entdeckt, als die ersten Mitarbeiter ins Museum kamen. 

Keine Spur von den Dieben des Manchinger Goldschatzes

Drei Monate sind seitdem vergangen und noch immer fehlt nicht nur von den Tätern, sondern auch vom Gold jede Spur. Immer deutlicher wird, dass das womöglich nicht allein mit der Professionalität der Täter zu tun haben könnte. Denn die Sicherheitsvorkehrungen rund um das Museum scheinen wohl nicht nur an einer Stelle lückenhaft gewesen zu sein. Es geht um die Einbruchsicherheit des Gebäudes, darum, weshalb die Videoüberwachung keine Bilder lieferte und um die Frage, warum der Sicherheitsdienst nicht reagiert hat, als die Alarmanlage ausgefallen ist.

Das Landeskriminalamt (LKA) hat minutiös aufgelistet, wie die Tat abgelaufen ist. 1:26 Uhr: Gewaltsames Öffnen der Zugangstür. 1:30 Uhr: Gewaltsames Öffnen der Innentür. 1:31: Zerstörung des Schutzes des keltischen Goldschatzes. Wieso, fragt man sich, dauert es nicht länger als ein paar Minuten, um eine Tür zu einem Museum aufzuhebeln, in dem ein Goldschatz liegt? Die Täter sind nicht über den Haupteingang eingebrochen, sondern über eine Fluchttür. Und genau das ist die Krux bei der Sache.

Der Hauptzweck einer solchen Tür ist es, dass sie eben relativ leicht zu öffnen ist. "Die kann man nicht einfach verrammeln", sagt Herbert Nerb. Der ist nicht nur Bürgermeister von Manching, sondern gleichzeitig auch Vorsitzender des Zweckverbands, der Träger des Museums ist. Die Tür ist inzwischen repariert, eine neue hat man trotzdem bestellt. Mit dem höchsten verfügbaren Sicherheitsstandard, wie Nerb betont. Solange schaut nachts ein Wachdienst im Museum nach dem Rechten.

Die Videokameras des Museums haben keine Bilder aufgezeichnet

Den hatte es bis zum 22. November dort nicht gegeben. Stattdessen sollten Videokameras Bilder liefern, wenn es denn zu einem Einbruch kommen sollte. Doch das taten sie nicht. Vor über 15 Jahren war die Sicherheitstechnik, die man verbaut hatte, das "Nonplusultra", sagt Nerb. Doch jetzt machte die analoge Technik den Ermittlern enorme Mühe, mögliche Aufzeichnungen überhaupt auslesen zu können. Dann stellte sich auch noch heraus: Die Kameras hatten überhaupt nichts aufgezeichnet. Warum? Das kann auch Nerb nicht beantworten. Dass die Videoanlage erneuert werden muss, war aber auch dem Zweckverband schon länger klar. Spätestens, als Sicherheitsexperten des Landeskriminalamts im Jahr 2020 dazu geraten hatten. Das Thema hatte das Manchinger Bauamt bereits auf der Agenda stehen, doch die Einbrecher waren schneller.

Und sie hatten alle Zeit der Welt. Eine Stunde lag zwischen dem Kappen der Telefonleitung und dem Einbruch. Eine Stunde, in der niemand reagiert hatte, obwohl die Alarmanlage im Museum ausgefallen war. In der Regel sind derartige Sicherungssysteme redundant. Das bedeutet, dass nicht nur der Alarm selbst, sondern auch ein Ausfall der Alarmanlage gemeldet wird. Das ist in jener Nacht in Manching auch passiert, bei zahlreichen Banken zum Beispiel. Deren Sicherungssysteme sind oft direkt mit einer Polizeidienststelle verbunden. Als der sogenannte Sabotagealarm auslöste, schauten die Beamten und Beamtinnen dort nach dem Rechten. Man vermutete zunächst, dass Geldautomatensprenger hinter der Manipulation des Telefonnetzes stecken könnten. Beim Museum schaute keiner vorbei. 

Das Alarmsystem des Museums war nicht mit der Polizei verbunden

Dessen Alarmsystem war auch nicht direkt an die Polizei angeschlossen, sondern das Museum hat einen Vertrag mit einem privaten Sicherheitsdienst aus der Region. Hat dieser die technischen Probleme mitbekommen? Wenn ja: Warum hat er sie nicht gemeldet? Hat er es schlichtweg versäumt? Oder war es überhaupt nicht seine Aufgabe, in einem solchen Fall einzuschreiten? Dazu äußern sich weder das LKA noch der Bürgermeister. 

Beim LKA geht derweil die Suche nach den Tätern weiter. Auch wenn die Ermittler vermuten, dass zwei Brecheisen, die von Polizeitauchern in einem nahen See gefunden worden sind, mit der Tat in Zusammenhang stehen, fehlt noch die Bestätigung. Spurenexperten untersuchen die Fundstücke aktuell noch auf Fingerabdrücke oder mögliche DNA- oder Einbruchspuren. Zudem findet eine Funkzellenauswertung statt, außerdem werden verschiedene Festplatten des Museums und der Sicherheitsfirma ausgewertet, erklärt ein Sprecher des LKA. 

Bislang kein Zusammenhang mit Einbruch ins Grüne Gewölbe in Dresden

Nach der Tat haben die Ermittler auch mögliche Zusammenhänge mit dem Juwelendiebstahl aus dem Grünen Gewölbe in Dresden und dem Münzdiebstahl aus dem Berliner Bodemuseum geprüft worden. Für beide Taten werden Mitglieder des Remmo-Clans verantwortlich gemacht. Nach derzeitigen Ermittlungen waren in Manching aber wohl andere Täter am Werk. "Es gibt derzeit keine signifikanten Übereinstimmungen", sagte der Sprecher des LKA. 

 
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