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München
So könnte die neue Regierung in Bayern aussehen
Der Ministerpräsident hat nie so viel Macht wie zu Beginn einer neuen Amtszeit. Aber die Vergabe der Posten gleicht einem komplizierten Schachspiel.
Peter Kneffel, dpa.jpg       -  Das neue bayerische Kabinett wird wieder zur Puzzle-Aufgabe, über die Markus Söder grübeln muss.
Foto: Peter Kneffel, dpa | Das neue bayerische Kabinett wird wieder zur Puzzle-Aufgabe, über die Markus Söder grübeln muss.
Uli Bachmeier
 |  aktualisiert: 11.03.2024 10:09 Uhr

Offiziell wird nicht darüber geredet, aber intern gibt es, seit man sich auf die Fortführung der Koalition verständigt hat, bei CSU und Freien Wählern kein spannenderes Thema mehr: Wer wird was in der neuen bayerischen Staatsregierung? Wer kommt neu ins Kabinett? Wer darf bleiben? Wer fliegt raus? Fest steht: Längst nicht jeder, der sich berufen fühlt, wird berufen. Und das ist nicht das einzige Problem, das die beiden Parteichefs – Markus Söder (CSU) und Hubert Aiwanger (Freie Wähler) – vor der Nase haben.

In keiner Phase einer Amtsperiode hat der Ministerpräsident so viel Macht wie zu Beginn. Die Verfassung ist da eindeutig. Er „beruft und entlässt mit Zustimmung des Landtags die Staatsminister und die Staatssekretäre“ (Artikel 45). Und er „bestimmt mit Zustimmung des Landtags seinen Stellvertreter aus der Zahl der Staatsminister“ (Artikel 46). Völlig frei in seiner Entscheidung ist er allerdings nicht. Im Landtag braucht Söder eine Mehrheit und dafür braucht er die Freien Wähler. Es muss also vorher ausgehandelt werden, welche Partei, welche Ministerien besetzen darf.

Die Freien Wähler wollen ein Ministerium mehr

Schon hier gibt es eine erste Einschränkung. Die Zahl der Regierungsmitglieder ist laut Verfassung begrenzt. Neben dem Ministerpräsidenten darf es maximal 17 weitere Regierungsmitglieder geben. Diese Höchstzahl wird seit langem ausgeschöpft. Zuletzt stellte die CSU elf Ministerinnen und Minister sowie einen Staatssekretär. Die Freien stellten drei Minister, eine Staatssekretärin und einen Staatssekretär.

Damit wollen sich die Freien, wie sie bereits unmittelbar nach der Wahl selbstbewusst verlauten ließen, aber nicht mehr zufrieden geben. Weil sie im Gegensatz zur CSU bei der Wahl deutlich zulegen konnten, forderten sie ein viertes Ministerium. Die CSU wiederum erklärte, dass die Freien mit fünf Regierungsmitgliedern schon zuletzt überproportional viele Kabinettsposten hätten besetzen dürfen. Mehr sei nicht drin. Ein möglicher Kompromiss wäre es, so hieß es zuletzt aus beiden Lagern, den Freien ein Ministerium zusätzlich zu geben, ihnen aber im Gegenzug nur einen Staatssekretärsposten zu überlassen.

In Stein gemeißelt ist bei den Freien Wähler nur eine Personalie: Parteichef Hubert Aiwanger soll Vize-Ministerpräsident und – weil die CSU das heiß begehrte Landwirtschaftsressort nicht abgeben will – Wirtschaftsminister bleiben. Gute Aussichten, weiterhin dem Kabinett anzugehören, haben Kultusminister Michael Piazolo und Umweltminister Thorsten Glauber. Dem gelernten Architekten Glauber allerdings wird nachgesagt, dass er noch viel lieber Bauminister wäre. Kultusstaatssekretärin Anna Stolz kann als einzige Freie-Wähler-Frau mit Regierungserfahrung zumindest hoffen, weitere fünf Jahre dabei zu sein. Wirtschaftsstaatssekretär Roland Weigert hat dagegen schon klar gemacht, dass er für dieses Amt mit Aiwanger als unmittelbarem Chef nicht mehr zur Verfügung steht.

Was passiert mit Alexander Hold und Roland Weigert?

Also Weigert raus und jemand anderes rein? Ganz so einfach ist es nicht. Der frühere Landrat des Kreises Neuburg-Schrobenhausen ist neben Aiwanger der einzige Freie Wähler, der in seinem Stimmkreis ein Direktmandat geholt hat. Und dann gibt es da ja noch andere Kandidaten mit Drang zu Höherem: Aus Schwaben die bisherige Europaabgeordnete Ulrike Müller und den Parlamentarischen Geschäftsführer der Landtagsfraktion Fabian Mehring sowie aus Oberbayern FW-Generalsekretärin Susann Enders, die offenbar auf das Gesundheitsministerium spekuliert, das durch die Wahl des Schwaben Klaus Holetschek zum CSU-Fraktionschef frei geworden ist. Relativ hartnäckig hält sich zudem das Gerücht, dass Florian Streibl das Amt des FW-Fraktionschefs zugunsten des Justizministeriums abgeben würde. Der Allgäuer Alexander Hold hat bereits abgewunken. Er wurde von seiner Fraktion erneut für das Amt eines Landtagsvizepräsidenten nominiert.

Noch etwas komplizierter ist es bei der CSU. Parteichef Söder hat keinen allzu großen Spielraum, weil er dem größten Teil der CSU-Regierungsmitglieder im Wahlkampf bereits Jobgarantien gegeben hat. In alphabetischer Reihenfolge sind das: Bauminister Christian Bernreiter (Niederbayern), Wissenschaftsminister Markus Blume (München), Finanzminister Albert Füracker (Oberpfalz), Staatskanzleichef Florian Herrmann (Oberbayern), Innenminister Joachim Herrmann (Mittelfranken), Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber (Oberbayern) und Sozialministerin Ulrike Scharf (Oberbayern).

Einigermaßen brenzlig also könnte es für die vier werden, die nach dieser Logik übrig bleiben: Justizminister Georg Eisenreich (München), Digitalministerin Judith Gerlach (Unterfranken), Europaministerin Melanie Huml (Oberfranken) und Innenstaatssekretär Sandro Kirchner (Unterfranken), wobei sowohl Gerlach als auch Huml Vorteile haben. Erstens gibt es nicht viele Frauen in der CSU, die für ein Ministeramt infrage kommen. Zweitens haben beide respektable Wahlergebnisse eingefahren. Und drittens gilt es, den in der CSU unantastbaren Regionalproporz zu beachten: Jeder CSU-Bezirk muss im Kabinett repräsentiert sein. Der Münchner CSU-Bezirkschef Eisenreich hingegen kann nur für sich in Anspruch nehmen, als Minister ordentlich gearbeitet zu haben. Aber er ist nicht der einzige Münchner im Kabinett.

Der Gesundheitsminister könnte wieder aus Schwaben kommen

Ein Spezialproblem für Söder ist Schwaben. Er muss aus den Reihen der schwäbischen Abgeordneten einen Ersatz für Holetschek finden, der dem Kabinett nicht mehr angehören wird. Im Gespräch sind hier, wie bereits berichtet, Eric Beißwenger (Lindau, Sonthofen) und Wolfgang Fackler (Donau-Ries).

Wie das Gesamtkonstrukt am Ende aussehen wird, hängt obendrein ab von einem möglichen neuen Zuschnitt der einzelnen Ressorts. Im Gespräch ist unter anderem, ob Bau und Verkehr getrennt und Verkehr und Digitales – so wie im Bund – zusammengelegt werden. Möglich wäre auch eine erneute Zusammenlegung von Sozial- und Gesundheitsministerium, was an anderer Stelle Spielraum schaffen würde.

Ganz ohne Schmerzen aber würde es nicht einmal dann ablaufen, wenn Söder den Weg des geringsten Widerstands ginge. Damit würde er sich außerdem erneut der Kritik aussetzen, ohne große Ideen einfach so weiter zu machen wie bisher. Mit Überraschungen ist somit jederzeit zu rechnen.

 
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