Politische Skandale haben in den letzten Jahren in Bayern das Vertrauen in die Politik angekratzt. Unter anderem mit einem bayerischen Lobbyregister wollen Landtag und Staatsregierung deshalb seit Anfang 2022 mehr Transparenz schaffen. Darin sind Organisationen verzeichnet, die Einfluss auf die Politik nehmen. 644 Interessenvertreter haben sich bereits eingetragen. Hier die wichtigsten Antworten zum Register.
Warum gibt es Lobbyisten in der bayerischen Landespolitik?
Lobbyismus hat einen schlechten Ruf – und das nicht erst seit den Provisionszahlungen für Maskengeschäfte des CSU-Landtagsabgeordneten Alfred Sauter. Doch eine organisierte Interessenvertretung kann auch ein wichtiger Baustein der politischen Willensbildung sein. So ist es etwa bei einer Mietrechtsreform für die Politik sicherlich hilfreich, Argumente von Mieterverbänden wie vom Haus- und Grundbesitzerverein zu hören. Interessen und Meinungen politisch abzuwägen, „kann politische Entscheidungen verbessern“, heißt es deshalb in der Begründung des Bayerischen Lobbyregistergesetzes. Um einseitige Einflussnahme zu verhindern, müsse jedoch von Anfang an transparent sein, wer wessen Interessen vertritt.
Wie soll das Lobbyregister für mehr Transparenz sorgen?
Wer auf Gesetze oder politische Vorhaben in Landtag oder Staatsregierung Einfluss nehmen will, muss sich im vom Landtagsamt geführten Lobbyregister eintragen. Der Eintrag umfasst das Ziel der Lobbytätigkeit, die Namen der verantwortlichen Personen, die dafür aufgewendeten finanziellen Mittel und Anzahl der dafür beschäftigten Mitarbeiter sowie mögliche Zuschüsse oder Spenden. Schriftliche Stellungnahmen etwa zu neuen Gesetzen werden veröffentlicht. 2022 waren das insgesamt 91, vor allem zum neuen Klimagesetz und zur Änderung der Bauordnung in Bayern. Lobbyarbeit ohne Registrierung kann mit bis zu 50.000 Euro Strafe geahndet werden.
Welche Regeln gelten im Landtag für die Lobbyisten?
Mit dem Register ist auch ein verpflichtender „Verhaltenskodex“ in Kraft getreten. So müssen sich die Lobbyisten gegenüber Abgeordneten stets als Interessenvertreter zu erkennen geben. Verboten ist zudem eine Lobbytätigkeit, bei der „eine Vergütung oder ihre Höhe vom Erfolg der Interessenvertretung abhängig gemacht wird“ – ob also etwa eine bestimmte gesetzliche Regelung erreicht oder verhindert wird. Ebenfalls verboten ist „das Gewähren oder In-Aussicht-Stellen direkter oder indirekter finanzieller Anreize“ – etwa für eine bestimmte politische Einflussnahme durch einzelne Abgeordnete.
Wer hat sich in Bayern als Lobbyist registriert?
Im bayerischen Lobbyregister waren zum Jahreswechsel 644 Verbände, Unternehmen und sonstige Interessenvertreter registriert. Vor allem die Liste der Verbände ist lang – vom Obstbauernverband über Lehrer- oder Umweltverbände bis hin zum Bayerischen Gerichtsvollzieherbund. Die Liste der Unternehmen umfasst neben bayerischen Großkonzernen wie Siemens, BMW oder Adidas viele internationale Firmen wie Amazon, Uber oder Netflix.
Sind auch Prominente darunter?
Ja, einige ehemalige Spitzenpolitiker haben sich als Lobbyisten in Bayern registriert. So vertritt die Joschka Fischer&Company GmbH des früheren Grünen-Außenministers den Autobauer Audi bei energie- und wirtschaftspolitischen Themen. Der aus dem oberfränkischen Kronach stammende frühere bayerische CSU-Umweltminister Werner Schnappauf ist laut Lobbyregister als Berater für die Bank of America tätig. Nach eigenen Angaben informiert er die US-Großbank „über allgemeine wirtschaftliche wie auch politische Entwicklungen, die für die Geschäftstätigkeit der Auftraggeberin relevant sind“.