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MÜNCHEN
Landtag: SPD will Sperrstunde für Bewirtung unter freiem Himmel verlegen
Die SPD im Münchner Landtag will die Sperrstunde für eine Bewirtung unter freiem Himmel verlegen. Von 22 auf 23 Uhr. Auch die CSU sagt nicht mehr kategorisch Nein.
Sperrstunde: Nur wenn einer klagt, ist Schluss       -  So gemütlich ist‘s am Abend bei Bier oder Wein. Dass nur „echte“ Biergärten bis 23 Uhr geöffnet haben dürfen, stößt vor allem in Franken auf Kritik, weil es dort kaum welche gibt. Nach dem Willen der SPD soll 23 Uhr für alle Freischankflächen gelten. Der Gaststättenverband fordert sogar 24 Uhr für jegliche Außengastronomie.
Foto: Marcus Merk | So gemütlich ist‘s am Abend bei Bier oder Wein. Dass nur „echte“ Biergärten bis 23 Uhr geöffnet haben dürfen, stößt vor allem in Franken auf Kritik, weil es dort kaum welche gibt.
Uli Bachmeier
Uli Bachmeier
 |  aktualisiert: 24.02.2016 03:31 Uhr

In Kahl in Unterfranken musste vergangenes Jahr die traditionelle Kirchweih abgesagt werden, weil das Volksfest einem einzelnen Anwohner zu laut war. In Fürth können sich Gäste und Gastronomen in der beliebten Gustavstraße nicht gegen einen lärmempfindlichen Nachbarn durchsetzen. Und landauf, landab ärgern sich Wirte und ihr Publikum darüber, dass an den wenigen warmen Abenden im Jahr im Freien schon um 22 Uhr Schluss sein soll mit lustig. Doch die Forderungen nach einer gesetzlichen Lockerung der Sperrzeiten für die Außengastronomie in Bayern verhallen bisher ungehört.

Nun hat der Präsident des Bayerischen Hotel- und Gaststättenverbandes, Ulrich Brandl, einen neuen Vorstoß unternommen. Um Bayern für Einheimische wie für Touristen attraktiver zu machen, fordert er, die Sperrstunde auf 24 Uhr hinaufzusetzen. Im Landtag stößt er auf offene Ohren – zumindest bei SPD, Grünen und Freien Wählern. Aber auch die CSU sagt nicht mehr kategorisch Nein. Die Rechtslage aber ist kompliziert. Und nebenbei geht es auch um die heikle Gemütslage zwischen Franken und Oberbayern.

Wer im Süden Bayerns wohnt und einen Biergarten in seiner Nähe hat, der hats gut. Hier gilt die Biergartenverordnung. Will heißen: Musik bis 22 Uhr, Ausschank bis 22.30 Uhr. Um 23 Uhr ist Schluss. Für Freischankflächen vor Restaurants, Wirtshäusern, Cafes oder Kneipen gilt das nicht. Das ist ungerecht, sagen die Franken, in deren Heimat es aus historischen Gründen kaum Biergärten gibt, die der strengen Definition der Biergartenverordnung entsprechen.

Doch wie der erbittert geführte Streit um die Gustavstraße in Fürth zeigte, konnten sich die Freunde der Nacht nicht durchsetzen – weder vor Gericht noch im Landtag. Erfolgreicher verlief der Kampf um die Kirchweih in Kahl. Eine Reform der „Technischen Anleitung Lärm“ auf Bundesebene macht es möglich, dass die „Kerb“ dieses Jahr wieder stattfinden kann. Veranstalter eines Volksfests können sich nach Auskunft des Wirtschaftsministeriums neuerdings auf diese Rechtsgrundlage stützen. Sie erlaubt die Überschreitung eines bestimmten Lärmpegels für ein zeitlich begrenztes Ereignis.

Alle anderen Wirte und deren Gäste aber sind auf die Toleranz der Nachbarschaft angewiesen. „Ein einziger Nachbar kann zunichtemachen, was hundert andere gerne hätten“, schimpft Brandl. Dass der Tag auch an warmen Sommerabenden (rein rechtlich) um 22 Uhr enden soll, entspreche nicht mehr der Lebenswirklichkeit. Er fordert eine Ausdehnung der Bewirtschaftung auf 24 Uhr, und zwar für jede Form der Außengastronomie. „Das soll“, so betont er, „kein Halligalli sein. Aber mit Maß und Ziel und Rücksichtnahme sollte es möglich sein.“ Unterstützung findet er im Landtag. Die SPD-Abgeordneten Martina Fehlner (Aschaffenburg) und Horst Arnold (Fürth) wollen erneut aktiv werden, allerdings „aus Gründen der Machbarkeit“ nur mit der Zielmarke 23 Uhr. Auch Freie Wähler und Grüne wollen mit anschieben. „Ich unterstütze die 24-Uhr-Regelung nachdrücklich, aber wir werden 23 Uhr beantragen, damit das mehrheitsfähig wird“, sagt der Freie-Wähler-Abgeordnete Johann Häusler (Biberbach, Kreis Augsburg).

Ohne die CSU mit ihrer absoluten Mehrheit freilich ist nix zu erreichen. Doch auch da gibt es offenbar Bewegung. Schon im Jahr 2014 hatte in der Debatte um die Gustavstraße die Fürther CSU-Abgeordnete Petra Guttenberger mit der Opposition gestimmt. Mittlerweile zeigt sich auch der tourismuspolitische Sprecher der CSU-Fraktion, Klaus Stöttner (Rosenheim), gesprächsbereit. Er glaubt zwar nicht an eine „generelle Lösung“, aber Wirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU) hält das auch „nicht für erforderlich“.

 
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  • H. H.
    gehört jeder, der der Meinung ist, Kneipen müssten ohne Lärmbeschränkung unbegrenzt geöffnet haben können in ein Haus ohne Schallschutzfenster und ohne Klimaanlage genau gegenüber einer solchen einquartiert und jeden (Werktags-)Morgen pünktlich (spätestens) um 5:30 Uhr aus dem Bett gehauen/ zur Vollzeitarbeit gejagt. Mal sehen, wie lang er das durchhält.

    Oder wer möchte sich z. B. von einem Busfahrer durch die Stadt fahren lassen, der genau wegen sowas schon seit Wochen nicht mehr richtig schlafen hat können?

    Wer unbedingt ein solches Etablissement aufmachen bzw. besuchen will, sollte das in einem Gewerbegebiet tun dürfen, wo im Umkreis von einem km niemand wohnt, dem man mit dem Krach auf die Nerven gehen könnte. Für Kneipen etc. in Wohngebieten sollte sogar eine allgemeine Sperrstunde um 22 oder allerspätestens 23 Uhr eingeführt werden - wie gesagt: im Gewerbegebiet kann dafür wer will und Geld genug hat rund um die Uhr durchmachen....
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