Bis vor kurzem galt eine harte Haltung in der Asylpolitik als ein Markenzeichen der CSU. Als Symbol für diesen Kurs steht für viele Kritiker dieser Politik bisher ein Halbsatz in der „Asyldurchführungsverordnung“, den bayerischen Regeln zum Asylvollzug: Die Unterbringung der Asylbewerber, heißt es dort in Paragraf sieben, „soll die Bereitschaft zur Rückkehr in das Heimatland fördern“.
Doch damit soll nun endgültig Schluss sein: Mit zahlreichen Stimmen auch aus der CSU stimmte der Landtag gestern in der letzten Sitzung vor den Wahlen mehrheitlich einem SPD-Antrag zu, diesen Passus ersatzlos zu streichen. In einem eigenen CSU-Antrag heißt es zudem zur Erklärung, der Passus diskreditiere durch eine „Fehlinterpretation“ die zuletzt von der schwarz-gelben Koalition erreichten Verbesserungen in der Asylsozialpolitik. Man begrüße daher „aus Gründen der Klarstellung“ die Streichung des Halbsatzes.
Die CSU habe ihre Asylpolitik „nie an diesem Halbsatz ausgerichtet“, behauptete Bayerns Sozialministerin Christine Haderthauer (CSU) in einer hitzigen Landtagsdebatte. Allerdings hatte sich Haderthauer selbst bereits 2009 mit einem Vorstoß zur Streichung der umstrittenen Vorgabe bei CSU-Chef Horst Seehofer und Innenminister Joachim Herrmann eine blutige Nase geholt.
Auch in einem über Monate zäh ausgehandelten Asylkompromiss mit der auf eine Liberalisierung drängenden FDP hatten die Verfechter einer harten Linie in der CSU weitgehend die Oberhand behalten. Und von CSU-Sozialpolitikern wie dem Würzburger Abgeordneten Oliver Jörg geforderte Erleichterungen für Asylbewerber in Bayern fanden noch vor wenigen Monaten in der CSU-Spitze keine Unterstützung.
Doch nach einem Hungerstreik von rund 40 Flüchtlingen in der Münchner Innenstadt im Juni kündigte Seehofer plötzlich Verbesserungen für Asylbewerber an. Dass die CSU nun nicht mehr per Verordnung die Rückkehrbereitschaft fördern wolle, hänge aber nicht mit diesem Hungerstreik zusammen, beteuerte der CSU-MdL Bernhard Seide-nath: „Wir dürfen uns doch nicht erpressen lassen.“ Vielmehr habe die CSU bereits seit Jahren in ihrer Asylpolitik „von der Förderung der Rückkehrbereitschaft Abstand genommen“, findet der CSU-Politiker.
Die Opposition reagierte auf diese Interpretation mit Spott und Empörung: „Jahrelang haben sie diesen Satz wie in Stein gemeißelt verteidigt“, hielt etwa die Grünen-Sozialexpertin Renate Ackermann der CSU vor: „Und jetzt, kurz vor der Wahl, fallen sie um, weil Seehofer seine Meinung ändert.“
Wegen der jüngsten Versprechen des Regierungschefs müsse nun selbst CSU-Innenminister Joachim Herrmann schweigen, stichelte der Freie Wähler Hans Jürgen Fahn. Er schweige nicht, er füge sich, brummelte Herrmann zurück.
Die FDP sieht sich dagegen in ihrer Asylpolitik bestätigt: „Es war nicht immer einfach, aber wir haben etwas erreicht“, sagte die liberale Sozialexpertin Brigitte Meyer. Die CSU habe sich in der Asylpolitik „massiv bewegt – aus welchen Gründen auch immer“, so Meyer.
„Nachhaltiges Werben zahlt sich eben aus“, freut sich auch der Würzburger Jörg, der mit seiner liberalen Haltung in der Asylpolitik in den eigenen Reihen oft keinen leichten Stand hatte: „Ich bin sehr glücklich, dass sich in den letzten fünf Jahren für die Asylbewerber in Bayern einiges verbessert hat.“