30 Kilogramm Reis, 20 Kilogramm Nudeln, 20 Kilogramm Mehl, knapp zehn Kilogramm Ravioli, Hygiene-Artikel, Konserven, Früchte und mehr liegen bei Patrick Steidle aus Obergünzburg in Schränke einsortiert zuhause. "Genug zu Essen für zwei Erwachsene und zwei Kinder für etwa einen Monat", sagt er.
Der Vorrat wird feinsäuberlich per Inventur-Liste mit Ablaufdatum gepflegt und regelmäßig erneuert. "Ich nehme beim Einkaufen manchmal einfach etwas mehr mit nach Hause und tausche es dann im Vorrat aus", sagt Steidle. Mehr als zwei Din-A4-Seiten umfasst die Liste an Vorräten, die er in mehreren Schränken in seinem Haus lagert. Der 33-Jährige ist ein Prepper.
Ein Prepper aus dem Allgäu erzählt: "Dadurch wusste ich, was Waffen anrichten können"
Das Wort stammt vom englischen "prepared", das übersetzt "vorbereitet" bedeutet, und bezeichnet Menschen, die sich mit individuellen Maßnahmen - wie dem Anlegen eines Nahrungsvorrats - auf etwaige Katastrophen und Krisensituationen vorbereiten. Das kann vom kleinen Stromausfall bis zum gesellschaftlichen Zusammenbruch alles sein.
An eine kurz bevorstehende Apokalypse glaubt Steidle aber nicht. Sein Motiv für das Preppen stammt aus seiner Zeit bei der Bundeswehr. Von 2009 bis 2011 leistet der Ostallgäuer über 24 Monate einen freiwilligen Wehrdienst und absolviert in seiner Ausbildung dort Überlebenstrainings und muss oft mehrere Tage im Freien biwakieren. "Durch die Zeit beim Bund wusste ich auch, was Waffen anrichten können", sagt der 33-Jährige. "Da dachte ich mir, ich habe lieber ein bisschen Nahrung zuhause, falls irgendwas passiert". Um das Jahr 2015 beginnt er dann damit, sich einen Vorrat anzulegen. (Lesen Sie auch: Apotheken im Oberallgäu beklagen Lieferschwierigkeiten)
Survival-Fertigkeiten sind für den Prepper essenziel
Neben dem Vorrat gibt es für Steidle noch einen zweiten wichtigen Teil der Vorbereitung, der für ihn seit Kindesbeinen an ein Hobby ist: Survival-Fertigkeiten. Schon mit vier Jahren nimmt ihn sein Vater oft mit in die Natur. Sie besuchen zusammen alte Ruinen und Burgen im ganzen Allgäu. "Ich habe mir viele Survival-Filme angeschaut und später Bücher gelesen über das Überleben in freier Natur, Pflanzenkunde und alte Handwerkskunst." Bei den Überlebens-Trainings in seinem Wehrdienst als Soldat sammelt Steidle weitere Erfahrung.
Wenn er also in der Natur auf sich allein gestellt wäre, könne er Wasser finden, erkenne ob es trinkbar sei und wenn nicht, könne er einen Filter bauen, um es trinkbar zu machen. Er könne auch auf verschiedene Arten Feuer machen. Wie stellt man einen natürlichen Kleber her? "Zermahlene Holzkohle und Harz", weiß Steidle. "Das Gemisch ist wasserfest, klebt gut und eignet sich super zum Reparieren von Dingen." Praktische Informationen also, die das Überleben allein in der Natur sichern sollen.
Drohender Blackout im Winter - Steidle reagiert, aber bleibt entspannt
Früher hat er auch öfter Wochenenden im Wald verbracht und sein Wissen ausgetestet oder an Survival-Kursen teilgenommen. "Seit wir die Kinder haben, mache ich das nicht mehr", sagt der zweifache Papa. Wie seine Frau mit seinem Hobby umgeht? "Am Anfang war das eher mein Ding", sagt Steidle. Mittlerweile fühlen sich beide einfach wohler mit dem Vorrat im Haus.
Den haben sie seit Anfang des Winters auch nochmal aufgestockt, als ein Blackout immer präsenter wurde und nicht klar war, ob die deutschen Gasvorräte für den Winter ausreichen. Wirklich beunruhigt sind die Steidles aber nicht: "Wir sind relativ entspannt, so wie vor der Pandemie."
Prepper und die Verschwörungen: Warum so viele aus der Szene abdriften
Preppern wird oft Verschwörungsglauben und Gewaltbereitschaft unterstellt. Warum Menschen aus der Szene leicht abdriften können, erklärt sich Steidle so: "Wer sich so häufig damit auseinandersetzt, wie man überlebt, wenn die Gesellschaft so nicht mehr funktioniert - dann denkt man natürlich auch darüber nach, wie es dazu kommen könnte. Und wenn man sich damit viel beschäftigt, hält man es schnell für wahrscheinlicher, als es ist."
Er selbst will daran nicht zu viele Gedanken verschwenden und Waffen hat er auch keine zuhause. "Letzten Endes weiß auch ich nicht, wie ich mich dann verhalten würde, weil das ja eine absolute Extremsituation ist", so Steidle. Außerdem fasziniere ihn eher das Überleben in der Natur und das Wissen das man dafür braucht - ganz unabhängig davon, ob die Welt außenrum nun aus den Fugen gerät oder nicht. (Lesen Sie auch: "Es ist klug, sich einen Vorrat anzulegen": Allgäuer Krisenmanagerin erklärt, warum jeder Lebensmittel für zehn Tage zuhause haben sollte)