Es war der 22. November 2022 morgens um kurz nach halb zehn, genau vor einem Jahr, da klingelte bei Tobias Esch das Telefon. Ein Kollege war dran: "Was ich dir jetzt sage, ist kein Witz: Der Goldschatz ist weg." Esch ist Leiter des Manchinger Kelten-Römer-Museums und er wusste sofort: An diesem diesigen Novembertag war sein Museum zum Schauplatz eines Krimis geworden.
Chef des Kelten-Römer-Museum Manching: Beim Anblick der Goldklumpen blutete das Herz
Heute weiß man, dass zumindest vier Männer in den filmreifen Coup in jener Novembernacht verwickelt waren. Ein Supermarkt-Leiter, ein Buchhalter, ein Angestellter einer Abbruchfirma, ein Fernmeldetechniker. Zwei aus Schwerin, einer aus dem Umland, einer aus Berlin. Vier Deutsche im Alter zwischen 42 und 50 Jahren. Vor einem Jahr wusste man das nicht. Die ersten Spekulationen gingen davon aus, dass Berliner Clans den Einbruch begangen haben könnten. Erinnerungen wurden wach an den Diebstahl aus dem Grünen Gewölbe in Dresden oder dem Bode-Museum in Berlin.
Die Täter haben beim Goldraub in Manching die Telefonleitungen durchtrennt
Als die Polizei die Störung bemerkte, schaute sie bei den örtlichen Banken nach dem Rechten. Immerhin waren sämtliche Alarmanlagen ausgefallen. Doch dort war es ruhig. Dass um 1.26 Uhr im nahen Museum mehrere Männer in schwarzen Overalls und mit Sturmhauben zwei Eingangstüren aufgebrochen haben, bemerkte niemand. Nicht die Polizei, nicht der private Sicherheitsdienst. Videoaufzeichnungen gibt es nicht, die Technik war laut Landeskriminalamt (LKA) "total veraltet". Beim fürs Museum zuständigen Zweckverband wusste man davon und beim Bauamt in Manching liefen auch schon die Planungen für eine neue Überwachungsanlage, doch die Täter kamen ihnen zuvor. Neun Minuten brauchten sie, um die Bodenvitrine mit dem Schatz und noch eine weitere Vitrine aufzubrechen, die 483 Keltenmünzen, drei weitere Münzen sowie einen Goldklumpen einzupacken und zu verschwinden.
Nach dem Einbruch in Manching fand die Polizei DNA-Spuren
Doch die Männer haben Spuren hinterlassen. In einem nahen Weiher und der Paar fanden die Ermittler zwei blaue Brecheisen, eine Astschere und einen Seitenschneider. Neben dem Museum lag eine Funkantenne. Die Polizei überprüfte die Gegenstände auf DNA-Spuren – und tatsächlich: Dieselbe Spur fand sich bei acht anderen Einbrüchen in Deutschland und Österreich. Jetzt hatte die Polizei zwar keinen Namen, aber eine ziemlich heiße Spur. Ein paar Wochen später klickten die Handschellen bei den Verdächtigen. Ein 43-Jähriger hatte beim Zugriff eine Plastiktüte mit Goldklumpen dabei, aller Wahrscheinlichkeit nach ein Teil des Schatzes.
Doch wo ist der Rest? Wo sind die anderen über 400 Münzen? Die vier Männer, die alle in Untersuchungshaft sitzen, "sagen kein Sterbenswörtchen", erklärt ein Sprecher des LKA. Noch immer arbeitet die 25-köpfige Soko Oppidium beim LKA an dem Fall, in der Hoffnung, genau diese Fragen klären zu können.
Das Museum in Manching hat seit Anfang Mai wieder komplett geöffnet. Die Besucherzahlen sind in etwa gleich geblieben, sagt Tobias Esch. Im Sommer haben Kinder aus Regensburg aus Knete an die 500 Münzen gebastelt und diese vergoldet; es sollte ein kleines Trostpflaster für das Museum sein. Dort, wo einst der echte Schatz lag, ist jetzt nur noch ein Foto von den Münzen zu sehen. Eine keltische Münze jedoch ist Tobias Esch und dem Museum geblieben. Sie war etwas weiter weg ausgestellt und ist beim Einbruch heruntergefallen. Die Diebe haben sie einfach liegen lassen.