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Augsburg
Wolf und Bär – Freund oder Feind?
Nach der tödlichen Attacke einer Bärin auf einen Jogger wurde hitzig über deren Abschuss debattiert. Der Fall ist tragisch, darf aber nicht dazu führen, dass das Töten wilder Tiere generell erleichtert wird.
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Foto: Jens Büttner, dpa (Symbolbild) | Ein Braunbär ist wohl in Oberbayern unterwegs.
Stephanie Sartor
 |  aktualisiert: 11.03.2024 12:22 Uhr

Dass der Vorfall ein Politikum und Sache der Justiz werden würde, war schnell klar. Im Kern kreiste die Debatte um die Frage, ob die Bärin, die einen Jogger in der norditalienischen Provinz Trentino angegriffen und getötet hatte, erschossen werden darf oder nicht. Landeshauptmann Maurizio Fugatti hatte per Verordnung verfügt, dass das Tier getötet werden soll. Dagegen legten Tierschützer vor Gericht Berufung ein – mit Erfolg. Mittlerweile wurde das Tier lebend eingefangen.

Die Diskussion, ob man die Bärin töten dürfe, schwappte auch nach Bayern. Das ist angesichts der Tragik des Falls wenig verwunderlich. Aber es kommen noch zwei Aspekte hinzu, die erklären, warum das Thema gerade im Freistaat so hohe Wellen schlägt. Zum einen: Die Bärin aus dem Trentino ist die Schwester von Bruno. Der "Problembär" streifte 2006 durch die hiesigen Wälder, riss mehrere Tiere, näherte sich Siedlungen und wurde schließlich erschossen. Zum anderen: Auch in Bayern scheint ein Bär unterwegs zu sein. In den Landkreisen Miesbach und Rosenheim wurden am Wochenende Spuren eines Braunbären entdeckt

Bayern will den Abschuss von Wölfen künftig erleichtern

Die Emotionen kochen bei der Frage, wie mit wilden Tieren umgegangen werden soll, hierzulande schon länger hoch und werden durch Vorfälle wie den im Trentino neu befeuert. Im Zentrum steht dabei aber meist ein anderes Tier: der Wolf. Erst am Dienstag gab es im bayerischen Kabinett einen Vorstoß, den Abschuss von Wölfen künftig zu erleichtern.

Das Grundproblem, das seit Jahrzehnten besteht, ist, dass der Mensch die Tierwelt in die "Guten" und die "Schlechten" einteilt - meist getrieben von wirtschaftlichen Interessen und weniger, das muss man sich eingestehen, aus Sorge, dass Menschen Opfer werden könnten. Beim Wolf etwa fordern vor allem Almbauern und Landwirte den Abschuss, weil sie um ihren Tierbestand fürchten. Dabei darf man aber nicht ausblenden, dass derlei Vorfälle sehr selten sind. In diesem Jahr etwa gab es bisher zwei bestätigte Nutztier-Risse in Bayern, wie aus dem Monitoring des bayerischen Landesamtes für Umwelt hervorgeht. Angesichts solcher Zahlen erscheint das Geheule um den Wolf ziemlich überzogen. 

Die Natur wird immer weiter zurückgedrängt

Freilich erreicht die Wildtier-Debatte eine andere Dimension, sobald Menschen in Gefahr sind. Und dann muss auch, wie im aktuellen Fall in Italien, über einen Abschuss gesprochen werden. Aber zumindest beim Wolf verhält sich die Sache so: Seit seiner Rückkehr um das Jahr 2000 herum hat es in Deutschland keinen Angriff auf Menschen gegeben, in Europa gab es von 1950 bis 2020 127 Vorfälle, bei denen neun Menschen starben. Dass Bären Menschen angreifen kommt ebenfalls selten vor. Das darf die Tragik eines jeden einzelnen Falls auf keinen Fall schmälern - aber eben auch nicht dazu führen, dass das Töten wilder Tiere reflexartig erleichtert wird. 

In einer Welt, in der die Natur immer weiter zurückgedrängt wird, ist die Frage, wie viel Wildnis es denn geben soll, keine einfache. Die Antwort wird höchst unterschiedlich ausfallen, je nachdem, mit wem man spricht. Und je nachdem, um welches Tier es geht. Kann man dem Dilemma entkommen? Wahrscheinlich nicht. Was für den Moment wichtig ist: Fundierte Daten sammeln, das Monitoring ausbauen, Schutzmöglichkeiten - etwa Zäune oder Herdenschutzhunde - bekannter machen, Managementpläne etablieren. Aber klar ist auch: All das wird nichts daran ändern, dass der Umgang mit wilden Tieren auch in Zukunft immer wieder ein Politikum sein wird. 

 
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