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Kommentar
Außen vor – Merz muss Deutschland erst wieder ins Spiel bringen
Deutschland ist in der Außenpolitik bedeutungslos geworden. Dass Donald Trump jetzt noch zeigt, dass ihm die Anliegen anderer egal sind, macht das noch schwieriger. Friedrich Merz sollte aber nicht den starken Mann markieren.
Friedrich Merz       -  In der Außenpolitik wartet jede Menge Arbeit auf Friedrich Merz.
Foto: Stefanie Loos, AFP POOL/dpa | In der Außenpolitik wartet jede Menge Arbeit auf Friedrich Merz.
Stefan Lange
 |  aktualisiert: 04.03.2025 11:04 Uhr

Demütigungen gab es in der Außenpolitik schon viele. Saudis, die dem damaligen Außenminister Guido Westerwelle (FDP) den Handschlag verweigerten, weil er schwul war. Oder der russische Präsident Wladimir Putin, der einen Labrador zum Treffen mit der an einer Hundephobie leidenden Kanzlerin Angela Merkel mitbrachte. Die Zurechtweisung des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj durch US-Präsident Donald Trump aber hat eine neue Qualität. Der Vorfall zeigt, was den mutmaßlich neuen deutschen Kanzler Friedrich Merz in der Außenpolitik erwartet.

Die Welt wartet nicht auf Deutschland“, sagte Merz kürzlich. Er wollte damit auf die Notwendigkeit einer zügigen Regierungsbildung hinweisen. Der Satz enthält aber mehr bittere Wahrheit, als den Deutschen lieb sein kann. Denn auf europäischer und internationaler Bühne wartet seit gut drei Jahren kaum jemand auf Berlin. Den Kontrahenten im Nahost-Konflikt waren die deutschen Beiträge keines Blickes wert. Selbst vermeintlich einfache Heimspiele wie die weitere Anbindung der Westbalkanstaaten an die EU gingen verloren. Als Kanzler Olaf Scholz bei seinem letzten USA-Besuch im Weißen Haus auf Trumps Vorgänger Joe Biden traf, interessierten sich die US-Medien – anders als bei seiner Vorgängerin Merkel - nicht für den SPD-Politiker.

Olaf Scholz will Merz nicht übergehen

Scholz will zum Ende seiner Amtszeit keine außenpolitischen Beschlüsse über den Kopf von Merz hinweg fassen. Der SPD-Politiker kann seinen wahrscheinlichen Nachfolger aber nicht einfach so zu hochrangigen Treffen mitnehmen, denn der CDU-Chef hat kein Regierungsamt inne. Als die politische Karriere von Ex-Kanzlerin Angela Merkel (CDU) auslief, war Scholz als damaliger Finanzminister bei internationalen Formaten dabei. Merz ist dieser Weg verstellt.  

So wird der Noch-Kanzler am Donnerstag zum EU-Sondergipfel ohne Merz anreisen, obwohl er dort – wie am Sonntag bei Ukraine-Krisentreffen in London – nur eine Randfigur sein kann. Äußerungen aus Regierungskreisen legen indes nahe, dass der CDU-Chef aus dem Kanzleramt mit den notwendigen Informationen versorgt wird. Es gibt weitere Kanäle, etwa die gemeinsame Parteizugehörigkeit von Merz und EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen.

Friedrich Merz muss geschickt taktieren

Es ist also keineswegs so, dass Merz nach einem Einzug ins Kanzleramt außenpolitisch bei null anfangen müsste. Wenn er allerdings davon ausgeht, dass Deutschland wieder bei den Großen mitspielen darf, sobald die neue Regierung steht, wäre das ein Fehler. Verlorengegangenes Vertrauen in die deutsche Zuverlässigkeit muss erst wieder aufgebaut werden. Das ist ein mühsamer, anstrengender Prozess mit vielen Reisen und langen Sitzungen, bei dem diplomatisches Geschick gefragt ist.

Der Demütigung des ukrainischen Präsidenten etwa kann Deutschland nur mit Demut begegnen. Es wird nicht helfen, wenn der Sauerländer den starken Mann markiert. In den Vereinigten Staaten ist die Brutalität des Ukraine-Krieges und die Fragilität der europäischen Sicherheitsarchitektur allenfalls für Politiker ein Thema. Die Debatte dort ist sehr auf das eigene Land konzentriert. Soll heißen: Themen, die den Europäern zu Recht wichtig sind, sind es den USA nicht.  Was so für andere Länder ebenfalls gilt. Viele afrikanische Staaten beispielsweise haben über die Jahre ein gesundes Selbstbewusstsein entwickelt. Deutschland kann sich nicht mehr so wichtig nehmen, wie früher. Auch daran muss Merz arbeiten.

Einer neuen Regierung werden üblicherweise 100 Tage zugebilligt, um sich zu sortieren. Diese Zeit wird Merz nicht haben. Man kann dem 69-Jährigen nur viel Kraft und die notwendige Ausdauer für die anstehenden Herkules-Aufgaben wünschen.

 
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