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Kommentar
Verfolgung von Missbrauchsverdacht in der Kirche: Warum erst jetzt?
Endlich zeigt die bayerische Justiz, dass sie Verdachtsfällen sexuellen Missbrauchs in der katholischen Kirche intensiv nachgeht. Doch in vielen Fällen ist es zu spät.
Münchner Missbrauchsgutachten wird vorgestellt.jpeg       -  Das Gutachten der Münchner Anwaltskanzlei Westpfahl Spilker Wastl (WSW) wurde im Januar 2022 vorgestellt.
Foto: Sven Hoppe, dpa | Das Gutachten der Münchner Anwaltskanzlei Westpfahl Spilker Wastl (WSW) wurde im Januar 2022 vorgestellt.
Daniel Wirsching
 |  aktualisiert: 11.03.2024 12:45 Uhr

Warum erst jetzt? Warum scheint die Justiz erst jetzt in Verdachtsfällen sexuellen Missbrauchs in Reihen der katholischen Kirche konsequent zu handeln und so den Druck auf Verantwortungsträger zu erhöhen? Die Beantwortung dieser Frage bedarf zweier wichtiger Hinweise: Längst nicht alles Schreckliche, das Kleriker Kindern – aber auch Erwachsenen – angetan haben, ist strafrechtlich relevant. Sowie: Das Meiste ist verjährt, Täter gestorben, Beweise nicht (mehr) vorhanden.

Und doch war es ein großer Fehler angesichts des offenkundigen Ausmaßes des Missbrauchsskandals, dass nicht früher viel mehr Verdachtsfälle von Amts wegen zumindest geprüft wurden. Erst im Mai 2019, fast neun Jahre nach Vorstellung einer knappen Zusammenfassung des ersten Münchner Missbrauchsgutachtens, lag der Staatsanwaltschaft dieses vor. 

Bestand eine zu enge Verbindung zwischen Kirche und Vertretern von Justiz oder Politik?

Warum wurde es nicht umgehend angefordert? Vertraute man den kirchlichen Aufklärungsbeteuerungen? Bestand zuvor schon eine zu enge Verbindung zwischen Kirche und Vertretern von Justiz oder Politik? Darauf gibt es Hinweise, sie finden sich im zweiten Münchner Missbrauchsgutachten von 2022. Alle Versuche, sie zu entkräften, wirken unbeholfen.

Gleichwohl zeigt sich heute ein anderes Bild: durch eine bemerkenswerte Razzia in Bischofspalais und Ordinariat, durch die Vernehmung eines Kardinals als Beschuldigter, durch die Ansage des bayerischen Justizministers, dass niemand über dem Gesetz stehe. Das sind klare Signale, auch wenn das der Leitende Oberstaatsanwalt anders sieht. Diese Signale hätten seit Jahren gesendet werden können – und müssen.

 
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