
Es ist schon ein paar Jahre her, da hielt Markus Söder, damals noch Bayerns Umweltminister, Sonnenblumen in die Kameras. Jetzt herzte er, inzwischen Ministerpräsident, für die Fotografen demonstrativ einen Baum. Kaum ein Tag vergeht, an dem der CSU-Chef nicht mit neuen Ideen zum Klimaschutz Schlagzeilen produziert: Millionen neue Bäume pflanzen, Kohleausstieg vorziehen, Windräder im Staatswald, Bahnfahren billiger machen, Plastiktüten verbieten.
Doch auch, wenn er fast schon gebetsmühlenhaft von "moralischer Verpflichtung" spricht, scheint der grüne Söder beim Thema Klimaschutz weniger einer tiefen inneren Überzeugung zu folgen, als einem klaren politischen Kalkül: Söder hatte immer schon ein gutes Bauchgefühl für politisches Stimmungen. Und das sagt ihm offenbar derzeit, dass es sich die CSU schlicht nicht mehr leisten kann, als Klimaschutz-Bremse aufzutreten.
In der Tat sind Bewahrung der Natur und Klimaschutz längst keine Randthemen mehr, die vor allem linke Wählerschichten bewegt. Das zeigte die hitzige Nationalparkdebatte ebenso wie zuletzt das Bienen-Volksbegehren, das in allen Landesteilen und Bevölkerungskreisen breite Zustimmung fand. Vor allem aber die jüngsten Erfolge der Grünen auch bei bürgerlichen Wählergruppen können Söder nicht ruhen lassen, will er den politischen Machtanspruch der CSU in Bayern verteidigen.
Söder versucht vor allem, den Grünen ein politisches Alleinstellungsmerkmal zu entreißen
Mit seinem Ideen-Feuerwerk versucht der CSU-Chef derzeit vor allem, den Grünen ein politisches Alleinstellungsmerkmal zu entreißen. Dazu passt der Versuch, Druck abzulassen, indem er das Thema per "Jahrhundertvertrag" zur gesamtgesellschaftlichen Aufgabe erklären will, bei dem es im Grundsatz keinen Parteienstreit und kein Wahlkampfgetöse mehr, sondern nur noch eine gemeinsame "nationale Verantwortung" geben dürfe.
Ob diese Umarmungsstrategie aufgeht, wird nicht zuletzt davon abhängen, ob andere Themen wie etwa ein wirtschaftlicher Abschwung schon sehr bald auch in Bayern den Klimaschutz wieder aus den Schlagzeilen verdrängen. Immerhin hat Söder in Bayern wie im Bund bereits gezeigt, dass man die Grünen damit politisch durchaus in die Bredouille bringen kann - etwa als die Ökopartei erklären musste, warum sie im Landtag Söders Vorschlag nicht unterstützten wollte, das Klimaschutz-Ziel in die Bayerische Verfassung zu schreiben.
Wie Seehofer: Wohlfeile Söder-Versprechen in die allzu ferne Zukunft
Inhaltlich zündet Söder dagegen bislang vor allem hübsche Öko-Blendraketen: Ein vorgezogener Kohleausstieg zum Beispiel lässt sich im Nicht-Kohleland Bayern locker fordern. Die Ankündigung der bayerischen "Klima-Neutralität 2040 plus" reiht sich ein in ähnlich wohlfeile Horst-Seehofer-Versprechen der Schuldenfreiheit 2030 oder der Barrierefreiheit 2023. Weil das Ziel so weit in der Zukunft liegt, dass er sich nie persönlich daran wird messen lassen müssen. Selbst die Plastiktüten wird Söder niemals selbst verbieten, weil dafür der Bund zuständig ist.
"Wer sich keine großen Ziele setzt, kommt politisch niemals weiter", hält Söder dagegen. Ganz falsch ist das nicht. Erfolgreiche Politik macht sich aber auf Dauer nicht an schönen Schlagzeilen, sondern vor allem an effektiven Maßnahmen fest. Doch was ist nach einem Jahr geblieben vom CSU-Asyl-Streit und von Söders Kreuz-Debatte? Von "Bavaria-One" und "künstlicher Intelligenz auf Weltniveau"? Und was wird in einem Jahr übrig sein von Söders Klima-Offensive - außer vielleicht ein paar neuen Windrädern im Staatswald?
Will Markus Söder als Bayerns Ministerpräsident einen nachhaltigen politischen Fußabdruck setzen, dann wird er hart daran arbeiten müssen, nicht nur beim Klimaschutz seinen schönen Worten auch nachhaltig bleibende Inhalte folgen zu lassen.
einer schwarzgrünen Koalition hätte schon einen gewissen Charme und die Altbayern würden sich freuen den fränkischen Ministerpräsidenten wieder loszuwerden.