
Es war während einer der vielen Gespräche bei der CSU-Klausur in Kloster Banz: Klaus Holetschek reagierte ungehalten. Warum denn in diesen Tagen so wenig von der Handschrift des neuen CSU-Fraktionschefs zu spüren sei, wollte ein Fragesteller wissen – und wurde postwendend ungnädig belehrt. Er habe wohl nicht richtig aufgepasst, raunzte Holetschek. Sehr wohl sei die eigene Duftmarke der Landtagsfraktion und ihres Chefs zu erkennen, Beispiel Entbürokratisierung. Sie werde Bürger und Staat von lästigen Fesseln befreien.
Dabei hatte Holetschek in diesen Tagen von Banz eigentlich wenig Grund zum Grant. Denn bei seiner Premieren-Klausur als Chef der Landtagsfraktion liefen die Dinge gut, obwohl die Umstände widrig waren. Am Mittwoch zum Beispiel verwandelte Eisregen die prächtig gepflasterte Auffahrt zum Kloster in eine eisige Rutschbahn, tags darauf kam der große Schnee. Inhaltlich blieben die Beschlüsse und Ankündigungen von Banz auf dem in den vergangenen Monaten vorgezeichneten Weg. Motto: keine Experimente, aber Anpassungen, weil die Zeiten härter werden – nicht zuletzt finanziell. Allerdings ist noch längst nicht gesagt, ob die Beschlüsse von Banz auch alle so kommen. Der Koalitionspartner Freie Wähler hat in Person seines Fraktionschefs Florian Streibl bereits Beratungsbedarf angemeldet.
Eine Währung ist wichtig: die Zustimmung der Wählerinnen und Wähler
Für CSU-Chef und Ministerpräsident Markus Söder aber ist vorwiegend eine Währung wichtig: die Zustimmung der Wähler. Und da sehen die aktuellen Umfragen die CSU wieder bei 40 Prozent, während es für die Freien Wähler leicht nach unten ging. FW-Chef Hubert Aiwanger hatte etwas ungläubig reagiert, was Söder am Donnerstag zu einer kleinen Spitze nutze. Seine Partei nehme Umfragen ernst und verlasse sich nicht darauf, was einem ein paar Freunde auf Veranstaltungen sagten, sagte Söder in Anspielung auf Aiwangers häufige und umjubelte Anwesenheit auf Bauern-Demonstrationen. In der Vergangenheit hat Söder Umfragen, die nicht so günstig für seine Partei ausfielen, auch schon anders eingeordnet. Jetzt wertet er sie als Bestätigung: "Wir glauben, dass wir auf dem richtigen Weg sind."
Dieser Weg führt zunächst zu den Europawahlen am 9. Juni, weshalb am letzten Tag von Banz, am Donnerstag, Europa-Spitzenkandidat Manfred Weber und Albaniens Regierungschef Edi Rama ihre Auftritte hatten. Rama hat einen umstrittenen Flüchtlings-Deal mit Italien geschlossen, wonach sein kleines Land bis zu 40.000 Migranten interniert – bis entschieden wird, ob sie nach Italien einreisen dürfen. Die CSU hat für dieses Modell Sympathien. Man müsse jedoch abwarten, wie die Praxis aussehe, sagte Söder. Weber, Chef der EVP-Fraktion im Europaparlament, betonte, dass die Migration das Top-Thema der europäischen Politik sei. "Die Zahlen sind zu hoch und müssen zurückgehen."
Holetschek: "Wir müssen die Probleme der Menschen lösen"
Schließlich hatte der 59-jährige Holetschek, seit Donnerstag als Nachfolger von Thomas Kreuzer 100 Tage im Amt, die Bühne dann noch einmal für sich allein – Gelegenheit für die eigene Duftmarke. So möchte er gerne ein "Gesellschaftsjahr" für junge Menschen verankern und hält an diesem Fernziel fest. Söder dagegen hält eine Wiedereinführung der Wehrpflicht und damit auch eines Zivildienstes für leichter und schneller durchsetzbar.
Die CSU-Fraktion habe sich in ihrer Klausur mit den Themen beschäftigt, die für die Menschen wichtig seien, sagte Holetschek. Sie sei auch hinausgegangen und habe sich unangenehmen Diskussionen gestellt, etwa mit den demonstrierenden Bauern. Holetschek: "Wir müssen die Probleme der Menschen lösen. Daran werden wir am Ende des Jahres gemessen." Und danach wird ihn bestimmt auch wieder jemand fragen.