Es wäre ein Milliarden-Projekt: Wasser vom Bodensee könnte mit dabei helfen, den trockenen Norden und Osten Bayerns langfristig zu versorgen. Politiker und Wasser-Experten diskutieren die Möglichkeit von Fernleitungen in diese Gebiete seit geraumer Zeit. Der Ausgang ist völlig offen. Auch wegen des komplizierten Wasserrechts am See.
Eine Entnahme aus dem Bodensee ist eine von vier Möglichkeiten, mit denen sich Umweltministerium, Landesamt für Umwelt und die bayerischen Fernwasserversorger im Rahmen des Projekts „SüSWasser“ beschäftigen. Ziel ist es, die örtliche Wasserversorgung im Bedarfsfall zu unterstützen. Der Bodensee könnte dabei eine Rolle spielen, wie Medien berichten. „Der Bodensee ist auch bayerisch“, hatte Ministerpräsident Markus Söder (CSU) bereits im Juni betont. „Das ist nicht nur Baden–Württemberg, deshalb ist das auch unser Gewässer.“
Projekt beschäftigt sich mit vier Möglichkeiten, die örtliche Wasserversorgung zu unterstützen
Damit bezog er sich auf den insgesamt 18 Kilometer langen bayerischen Uferanteil am „Schwäbischen Meer.“ Mit einer Größe von 536 Quadratkilometern ist der Bodensee bereits heute das größte Trinkwasserreservoir Deutschlands. Etwa vier Millionen Menschen werden in Baden-Württemberg mit dem Wasser aus dem größten Binnengewässer der Bundesrepublik versorgt. Könnten langfristig auch Millionen von Kubikmetern Wasser in den Norden und Osten Bayerns gepumpt werden?
Aufgeschlossen zeigt sich der Vorsitzende der Bodensee-Wasserversorgung, Michael Beck: „Unsere Leitungen reichen bis nach Bad Mergentheim, im fränkischen Baden-Württemberg. Bevor Bayern selbst eine Leitung baut, könnte dort ein Anschluss erfolgen“, sagte er unserer Redaktion. Der Freistaat könnte sich quasi im Gegenzug beispielsweise an Reparaturen im bestehenden Leitungsnetz beteiligen.
Gemeinsam Auftreten könnte man auch gegenüber den weiteren Bodensee-Anrainern bei der Frage, wie viel Wasser künftig überhaupt aus dem Bodensee entnommen werden darf. Aktuell dürfe die Bodensee-Wasserversorgung wegen internationaler Vereinbarungen keine weiteren Verbundsmitglieder aufnehmen – obwohl es zahlreiche Anfragen aus dem Raum Baden-Württemberg gebe. Beck sieht großes Potenzial für eine Kooperation mit Bayern: „Wichtig ist, die Dinge jetzt anzugehen“, fordert er. Wegen des komplizierten Wasserrechts am See müsste eine Vorlaufzeit von zehn Jahren eingerechnet werden.
Wasser vom Bodensee in Fernleitungen nach Bayern: Bund Naturschutz kritistiert die Pläne
Aufmerksam verfolgt werden die bayerischen Gedankenspiele bei der Internationalen Gewässerschutzkommission für den Bodensee (IGKB). Vertreten sind darin Bayern und Baden-Württemberg sowie Vorarlberg (Österreich) und mehrere Schweizer Kantone. „Wir wissen, dass eine Bodensee-Leitung eine Option für Bayern darstellt“, sagt Geschäftsführer Thomas Blank. Aber bislang gebe es keine konkreten Daten. „Wir müssten zum Beispiel wissen, wie viel Wasser entnommen werden soll.“ Erst dann könne eine internationale Abstimmung erfolgen: „Und die müsste einstimmig ausfallen“, sagte er unserer Redaktion.
Kritik kommt vom Bund Naturschutz (BN). „Der Bodensee leidet jetzt schon unter dem Klimawandel“, sagte Christine Margraf, stellvertretende Bayerische BN-Vorsitzende, mit Blick auf die zuletzt teils niedrigen Pegelstände. Sie warnt davor, „auf ein Pferd zu setzen, von dem man nicht weiß, wie es in 20 Jahren aussehen wird“. Es müsse alles getan werden, um weitere Belastungen für den Bodensee zu stoppen. „Man tut so, als könnte man mit einem gigantischen technischen Aufwand das Problem lösen“, sagte sie unserer Redaktion. Dabei gehe es um den Umgang mit der Ressource. „Wir müssen mehr Wasser sparen“, sagt Margraf.. Zudem müsse alles dafür getan werden, „Wasser, das von oben kommt, intelligent im Boden zu halten“. Die Böden würden viel zu schnell entwässert.