Der Bayerische Verfassungsgerichtshof hat ein Volksbegehren zur Legalisierung von Cannabis in Bayern abgelehnt. „Der dem Volksbegehren zugrunde liegende Gesetzentwurf ist mit Bundesrecht unvereinbar, da dem Landesgesetzgeber die Gesetzgebungskompetenz fehlt“, erklärte Verfassungsgerichtspräsident Peter Küspert.
Der „Cannabis Verband Bayern“ um den Münchner Wenzel Cerveny hatte von Sommer 2014 bis zum Herbst 2015 rund 27 000 Unterschriften gesammelt und damit die erste formale Hürde für ein Volksbegehren genommen. Das Bayerische Innenministerium hatte aber sowohl rechtliche wie auch formelle Bedenken – und schaltete deshalb letzten Herbst das Gericht zur Prüfung ein.
Die Initiatoren des Legalisierungsvolksbegehrens wollten mit der gesetzlichen Neuregelung in Bayern erreichen, dass Anbau, Verkauf und Besitz von Cannabis-Produkten mit dem berauschenden Wirkstoff THC künftig straffrei sind. Bislang ist dies nur unter strengen Auflagen möglich.
Umgang mit Cannabis ist geregelt
So sollten Haschisch oder Marihuana nach der Freigabe über Apotheken oder lizenzierte Geschäfte verkauft werden können. Die Aufsicht sollte bei einer staatlichen „Hanfagentur“ liegen. Mit der Neuregelung könnten Produktion, Vertrieb und Konsum von Cannabis aus der Illegalität geholt werden, argumentierten die Initiatoren. Die bislang damit verbundene Kriminalität würde sinken, durch den kontrollierten Verkauf würden nur noch saubere Produkte an die Kunden gehen.
Argumente, die das Verfassungsgericht nicht bewerten wollte: Man habe „nicht darüber zu befinden, ob die im Gesetzentwurf vorgesehenen Regelungen sachgerecht, zweckmäßig, angemessen und praktikabel sind“, heißt es in der Urteilsbegründung. „Für die Entscheidung ist daher nicht maßgeblich, wie die Legalisierung von Cannabis rechtspolitisch zu bewerten wäre.“ Entscheidend sei vielmehr, dass der Gesetzesvorschlag nicht mit Bundesrecht, vor allem dem Betäubungsmittelgesetz, vereinbar sei: Der Gesetzgeber habe den Umgang mit Cannabis „umfassend und lückenlos geregelt“, argumentieren die Richter: Landesrechtliche Regelungen „zur selben Materie sind daher generell ausgeschlossen“.
Volksbegehren, die dem Bundesrecht widersprächen, seien zu vermeiden, belehrte Gerichtspräsident Küspert die Antragsteller: Weil bei diesen davon zweifelsfrei auszugehen sei, „dass das Gesetz nach einem erfolgreichen Volksentscheid wegen Verstoßes gegen Bundesrecht vom Bundesverfassungsgericht oder vom bayerischen Verfassungsgerichtshof für nichtig erklärt werden müsste“.
Der Vertreter des Innenministeriums zeigte sich mit dem Urteil zufrieden: „Die Richter haben die Gründe bestätigt, die uns zur Vorlage beim Verfassungsgericht bewogen haben“, sagte der Ministerialbeamte Volkhard Spilarewicz vor Journalisten. Die fehlende Gesetzgebungskompetenz sei die relevante Frage.
Geringe Mengen umstritten
Anders als der Verfassungsrichter Klaus Hahnzog, der in einem Sondervotum eine Vorlage der Sache beim Bundesverfassungsgericht gefordert hatte, sieht das Innenministerium auch keinen Grund für weitere rechtliche Überprüfungen: An der Rechtmäßigkeit des Bundesrechts bestehe kein Zweifel, so Spilarewicz.
Politisch umstritten ist vor allem der Umgang mit geringen Mengen Cannabis: Anders als Bayern sehen etwa Hessen oder Berlin bei wenigen Gramm in der Regel von Strafverfolgung ab. „Ungerecht“ finden dies etwa die Landtags-Grünen und fordern „einen neuen Umgang mit Cannabis in Bayern“. Gesundheitsministerin Melanie Huml (CSU) lehnt dagegen jegliche Lockerung ab: Gerade bei jungen Menschen dürfe „nicht der Eindruck entstehen, dass der Konsum von Cannabis völlig harmlos ist“, findet sie.
Wenzel Cerveny und sein „Cannabis-Verband“ wollen weiter für die Legalisierung kämpfen. Ein neues Volksbegehren für die Straffreiheit bei geringen Mengen sei bereits geplant. Auch für die leichtere Verfügbarkeit von Cannabis als Medizin wolle man kämpfen. Trotz der Niederlage vor Gericht habe man zudem in der Sache bereits gewonnen, findet Cerveny – weil die Legalisierung durch das Volksbegehren zum politischen Thema geworden sei.